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Management
Mittragen statt auf den Tisch hauen
Über den Umgang mit Entscheidungen, die gegen die eigene Überzeugung sind
Wenn das Entscheiden schon schwerfällt, kann man es den Mitarbeitern verdenken, wenn sie beim Mittragen solcher Entscheidungen eher verhalten sind? Manchmal ist Mitarbeitern noch nicht einmal klar, was wohl die richtige Reaktion auf eine verkündete „Neuerung“ ist. Auf der einen Seite erwarten Führungskräfte, dass Mitarbeiter eine gewisse „Compliance“ an den Tag legen, wenn bestimmte Maßnahmen umgesetzt werden sollen oder es Änderungen gibt. Auf der anderen Seite sollen sie agil arbeiten und offen ihre Einwände äußern, die wichtige Aspekte beinhalten können, damit ein Projekt glückt.
Dieses „mal so, mal so“ ist als Führungskraft nicht in jedem Kontext deutlich zu vermitteln und als Mitarbeiter schwer zu händeln. Im Trubel des Alltags kann die Klarheit, was gebraucht wird, auf der Strecke bleiben, und dieses „Sowohl-als-auch“ zu sonderbaren Äußerungen führen wie: „Ich arbeite nur noch auf Anweisung“, „Ich bin hier nur der Depp vom Dienst“ oder „Dann sagen wir halt zu allem: JA“. Solche Statements erschweren das Erreichen eines Ziels durch die destruktive Haltung und zeigen trotz der gewählten Worte deutlich die Ablehnung.
Also was denn nun?
Die Agilität, die wir im Arbeitsalltag im Moment brauchen, weitet sich auf den Umgang mit Entscheidungen aus. Betrachten wir Entscheidungen, bei denen das Ergebnis nicht berechenbar ist. Es gibt die Fälle, wo ganz klassisch die Führungskraft die Entscheidung trifft und die Mitarbeiter folgen. Eine weitere Option ist, dass die Meinung eines Mitarbeiters mit der größten Expertise am schwersten ins Gewicht fällt und quasi ihm die Entscheidung überlassen wird. In anderen Fällen wird im Team abgewogen und ein gemeinsamer Konsens gefunden. Es kommt zu einem Fließgleichgewicht von Führen und Folgen, was im Optimalfall gut austariert ist.
Wenn jedoch eine Entscheidung getroffen wurde, muss dieser Weg von allen Beteiligten unterstützt werden. Es braucht erst einen validen Praxistest, bevor das Ergebnis überprüft, ein aussagekräftiges Urteil gefällt und korrigierende Schritte eingeleitet werden können.
Ohne das Commitment aller ist das nicht möglich. Commitment bezeichnet die Fähigkeit einer Person, sich einer getroffenen Entscheidung zu verpflichten, auch wenn sie selbst anderer Meinung ist. Sie stellt damit ihre Bedürfnisse oder Ansätze zum Lösungsweg hintenan, um gemeinsam mit dem Team ein übergeordnetes Ziel zu erreichen.
Jeder im Team kommt in die Situation, etwas zu unterstützen, was nicht der eigenen Überzeugung entspricht. Wird das von der Führung erklärt und vom Team verinnerlicht, ist für den Zuspruch trotz vorhandener Einwände ein wichtiger Schritt geschafft. Ganz gleich, welche Unternehmenskultur in der einzelnen Apotheke vorliegt: Die Führungskraft befindet sich genauso in Situationen, in denen sie Entscheidungen mitträgt und nicht selbst trifft. Das gilt es, sich bewusst zu machen.
Commitment braucht ein Ziel
So banal es klingt: Eine Notwendigkeit dafür, sich auf unbequeme Art für das große Ganze zu engagieren, ist, dass es überhaupt ein klar ersichtliches übergeordnetes Ziel gibt. Ohne Ziel arbeiten alle fleißig, aber an unterschiedlichen Baustellen ohne eine Zukunftsaussicht. Wer in der Apotheke die Mitarbeiter fragt, was das Ziel dieser Apotheke ist, wird in vielen Unternehmen eklatante Abweichungen zur Aussage des Inhabers wahrnehmen. Es sollte ein Ziel sein, was für alle gleichermaßen ansprechend ist und das es wert ist, es zu erreichen.
Darüber hinaus vereinfacht eine Atmosphäre von Respekt, Toleranz und Offenheit das Commitment im Team. Wer sich nicht gehört fühlt und immer zurückstecken muss, verpflichtet sich nicht der gemeinsamen Sache, weil es für ihn kein „gemeinsam“ mehr gibt. Er wird schweigen oder seine Haltung „dagegen“ deutlich machen.
Eine Frage der Haltung
Commitment ist eine Frage der Haltung. Es beinhaltet die eigene aktive Entscheidung, den besprochenen Lösungsweg mitzugehen. Hilfreich ist dabei, sich die Situation der anderen bewusst zu machen. Vielleicht ist das Vorgehen im Moment einfach nötig und bedeutet für alle Einschränkungen. Besonders unternehmerisches Denken kann für den nötigen Perspektivwechsel sorgen.
Welcher positive Effekt wird erhofft? Darüber nachzudenken, wie das Ergebnis aussehen kann, wenn die Strapazen erst vorbei sind, kann für Schwung sorgen.
Zudem wird das neue Vorgehen nach einer Zeit auf den Prüfstand gestellt. Wenn es sich nicht als sinnvoll erweist, wird nach der Probezeit neu entschieden. Das Commitment lässt sich somit zeitlich begrenzen.
Gönnen Sie sich Pausen. Bei Ihrem Ehepartner können Sie sich hemmungslos über den „neuen Quatsch“ auslassen, falls es diesen überhaupt interessiert. Aber begrenzen Sie es zeitlich auf fünf bis zehn Minuten, der Rest des Abends gehört Ihnen und nicht der Apotheke.
Wer die Sorge hat, dass durch eine einmalige Zusage die Ausnahme zur Regel wird, kann direkt vereinbaren, dass bei einem erneut auftretenden Fall wieder eine neue Zusage nötig ist. Ein Beispiel wäre, wenn ein Mitarbeiter ausnahmsweise eine Aufgabe eines Kollegen übernimmt oder an einem Arbeitstag einspringt. Das ist kein pauschales „Ja“, immer diese Aufgabe zu übernehmen oder jedes Mal einzuspringen.
Und was ist mit den Konsequenzen?
Es gibt immer Entscheidungen, auf die Sie keinen eigenen Einfluss haben, die allerdings die eigene Sorgfaltspflicht tangieren oder sogar mit unangenehmen Konsequenzen für die Berufsberechtigung einhergehen können.
In solchen Fällen ist es möglich, seine Bedenken dem Inhaber schriftlich mitzuteilen, um sich selbst vor rechtlichen Konsequenzen so gut es geht zu schützen. Ein Beispiel wäre, bei permanenter personeller Unterbesetzung in einer Filiale mit einer Überlastungsanzeige darauf hinzuweisen. Dauerhafte Überforderung kann zu Fehlern, gesundheitsbedingten Ausfällen beim Personal, Kündigungen und weiteren unangenehmen Folgen führen. Viele Gründe, um sich abzusichern.
In der Apotheke ist es ungewöhnlich, schriftlich zu kommunizieren. In den allermeisten Fällen wird zunächst über Sachverhalte gesprochen und vieles lässt sich auf diesem Weg regeln. Wenn es allerdings darauf ankommt, dass eine Kommunikation im Nachhinein nachvollziehbar ist, darf es eine E-Mail sein, und das gilt für alle Berufsgruppen.
Commitment und sogar ein klares „Jain“ sollten verdient sein und gibt es nicht um jeden Preis. |
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