Arzneimittel und Therapie

Obacht bei der Neuroleptika-Auswahl!

Prolaktin-steigernde Antipsychotika könnten das Mammakarzinomrisiko erhöhen

Einer finnischen Registerstudie zufolge ist das Brustkrebsrisiko bei Schizophrenie-Patientinnen, die langfristig Prolaktin-steigernde Antipsychotika einnehmen, deutlich erhöht. Um diese Frauen besser schützen zu können, sollten nach Möglichkeit zur langfristigen Behandlung Prolaktin-neutrale Wirkstoffe eingesetzt werden.

Frauen, die an Schizophrenie erkrankt sind, haben ein deutlich erhöhtes Brustkrebsrisiko. Man schätzt dieses um rund 25% höher ein als bei Frauen aus der Allgemeinbevölkerung. Mögliche Ursachen sind das vermehrte Auftreten von Risikofaktoren wie Übergewicht, Diabetes mellitus, Zigarettenkonsum sowie Geburtslosigkeit (Nulliparität) und demzufolge ausbleibendes Stillen. Dazu kommt möglicherweise noch ein weiterer Risikofaktor, und zwar erhöhte Prolaktin-Werte. Prolaktin kann die Proliferation von duktalen (aus den Milchgängen hervorgegangene) und lobulären (aus den Epithelzellen der Drüsenläppchen [Lobuli] hervorgegangene) Tumorzellen erhöhen. Da zur Schizophrenie-Therapie eingesetzte Antipsychotika, die Dopamin-D2-Rezeptoren blockieren, zu einer Hyperprolaktinämie führen, könnten auch diese zu dem erhöhten Brustkrebsrisiko beitragen. Diese Hypothese wurde in einer finnischen Registerstudie näher verfolgt.

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Schizophrenie-Patientinnen sollten besonders auf eine gute Brustkrebs-Vorsorge achten.

Antipsychotika unter Verdacht

In der Fall-Kontroll-Studie wurde für den Zeitraum zwischen 1972 und 2014 auf die Daten von über 30.000 an Schizophrenie erkrankten Frauen zurückgegriffen. Bei 1069 Frauen dieser Kohorte wurde zwischen 2000 und 2017 ein Mammakarzinom festgestellt (Fall-Gruppe). Dieser stand eine in Alter und Erkrankungsdauer entsprechende Kontrollgruppe mit 5339 Schizophrenie-Patientinnen ohne Brustkrebs gegenüber. Im Vergleich dieser beiden Gruppen wurde die Assoziation zwischen der kumulativen Einnahme von Prolaktin-erhöhenden und Prolaktin-neutralen Antipsychotika und dem Auftreten eines Mammakarzinoms ermittelt. Dabei konnten folgende Aussagen getroffen werden: Die Dauer der Einnahme Prolaktin-neutraler Antipsychotika (z. B. Clozapin, Quetiapin, Aripiprazol) hatte keinen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko, und es wurde kein erhöhtes Risiko festgestellt.

Schizophrenie und Krebs

Einer schwedischen Studie mit einem Follow-up von knapp 1,5 Millionen Personenjahren zufolge ist Schizophrenie nicht generell mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert. Allerdings besteht eine Assoziation zwischen Schizophrenie und dem vermehrten Auftreten bestimmter Tumorentitäten. Darunter fallen Brustkrebs (IRR [Incidence rate ratio] 1,19), Lungen­karzinome (IRR 1,42), Karzinome des Ösophagus (IRR 1,25) und Pankreastumore (IRR 1,10). Das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, ist hingegen bei schizophrenen Patienten erniedrigt (IRR 0,66).

Risiko steigt mit der Anwendungsdauer

Nahmen die Frauen jedoch ein Prolaktin-erhöhendes Antipsychotikum (alle anderen Antipsychotika wie etwa Haloperidol, Risperidon, Olanzapin) ein, so hing das damit assoziierte Brustkrebsrisiko von der Dauer der Einnahme ab. Bis zu einer vierjährigen Einnahme war kein erhöhtes Risiko feststellbar. Dauerte die Therapie aber mehr als fünf Jahre an, stieg das Risiko um mehr als 50% an (Odds Ratio 1,56; 95%-Konfidenzintervall 1,27 bis 1,92; p < 0,001). Bezüglich der Art des Tumors konnten die Wissenschaftler feststellen, dass die langfristige Einnahme Prolaktin-erhöhender Antipsychotika mehr lobuläre Adenokarzinome als duktale Karzinome zur Folge hatte.

Die Studienautoren empfehlen daher, bei einer langfristigen Antipsychotika-Therapie bevorzugt Prolaktin-neutrale Wirkstoffe einzusetzen. Ist dies nicht möglich, muss der Prolaktin-Wert regelmäßig bestimmt werden. Bei einer diagnostizierten Hyperprolaktinämie kann dann erneut ein Switch auf ein Prolaktin-neutrales Neuroleptikum erwogen werden. Hier bietet sich zum Beispiel der partielle D2-Agonist (z. B. Aripiprazol) an. Ergänzend empfehlen die Autoren eine gute Zusammenarbeit zwischen den Psychiatern und anderen Fachärzten, damit Schizophrenie-Patientinnen stets eine angemessene Krebsvorsorge erhalten. |

Literatur

Taipale H et al. Antipsychotic use and risk of breast cancer in women with schizophrenia: a nationwide nested case-control study in Finland. The lancet. Psychiatry 2021;8(10):883-891. doi: 10.1016/s2215-0366(21)00241-8

Pettersson D. et al. The overall and sex- and age-group specific incidence rates of cancer in people with schizophrenia: a population-based cohort study. Epidemiol Psychiatr Sci. 2020;29:e132. doi: 10.1017/S204579602000044X

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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