Arzneimittel und Therapie

Länger leben mit Antidiabetika

Sulfonylharnstoffe und SGLT-2-Inhibitoren im Vergleich

Mit der Einführung von Natrium-Glucose-Cotransporter(SGLT)-2-Inhibitoren vor fast zehn Jahren steht eine neue Klasse von oralen Anti­diabetika zur Verfügung. Doch bis heute fehlen randomisierte klinische Studien, welche die antihyperglykämische Wirkung von SGLT-2 Hemmern nicht nur gegen Placebo, sondern auch gegenüber der Wirksamkeit von Sulfonylharnstoffen untersuchen. Vor allem hinsichtlich der Gesamtmortalität stellt sich die Frage: Sind SGLT-2-­Inhibitoren den Sulfonylharnstoffen überlegen?

In Deutschland leben derzeit etwa acht Millionen Diabetiker, bei 95% der Betroffenen liegt ein Diabetes mellitus Typ 2 vor. Circa 40 bis 50% dieser Patienten benötigen eine Therapie mit blutzuckersenkenden Tabletten [1]. Mittel der ersten Wahl ist Metformin, als Zweitlinientherapie werden häufig Sulfonylharnstoffe und SGLT-2-Hemmer eingesetzt. Sulfonylharnstoffe hemmen ATP-gesteuerte Kaliumkanäle in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, was letztlich zur Insulin-Ausschüttung führt. SGLT-2-Hemmer hingegen wirken unabhängig vom Insulin-Stoffwechsel. Über eine Inhibition des renalen, natriumabhängigen Glucosetransporters SGLT-2 verhindern sie die Glucoserückresorption in der Niere und fördern somit deren Ausscheidung über den Harn. Neben der blutzuckersenkenden Wirkung wird SGLT-2-Inhibitoren eine kardio- und nephroprotektive Wirkung zugeschrieben.

Foto: Ljupco/Smokovski/AdobeStock

Verringern SGLT-2-Hemmer das Sterberisiko?

Forscher aus St. Louis wollten wissen, ob diese protektiven Effekte zu einem positiven Einfluss auf die Gesamtmortalität führen [2]. Dazu werteten sie in einer Kohortenstudie die Daten des US-amerikanischen Department of ­Veterans Affairs aus. Eingeschlossen wurden mehr als 128.000 Typ-2-Diabetiker, die innerhalb von 90 Tagen nach Metformin-Einnahme entweder neu eine Verordnung über einen Sulfonylharnstoff (n = 104.423) oder über einen SGLT-2-Inhibitor (n = 23.870) ­erhalten hatten. Bei rund 95% der Pa­tienten handelte es sich um Männer; das mittlere Alter lag bei knapp 65 Jahren. Ausgeschlossen wurden Patienten mit Typ-1-Diabetes, einer Nierentransplantation im Jahr vor Behandlungsbeginn oder einer glomerulären Filtrationsrate unter 30 ml/min/1,73m2.

Vor allem die Kombinations­therapie punktet

Im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen war die Gesamtmortalität bei Patienten unter einer Therapie mit SGLT-2-Inhibitoren geringer (Hazard Ration [HR] = 0,81; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,75 bis 0,87). Rechnerisch traten bei den mit SGLT-2-Inhibitoren behandelten Personen somit 5,15 weniger Todesfälle pro 1000 Personenjahre (95%-KI: − 7,16 bis − 3,02) auf als in der Vergleichsgruppe. Dieser Effekt zeigte sich unabhängig von einer möglichen kardiovaskulären Vorerkrankung, sowie dem eGFR(geschätzte Glomeruläre Filtrationsrate)- und Albuminurie-­Status. Bei Patienten, die während des Beobachtungszeitraums durchgängig SGLT-2-Inhibitoren bzw. Sulfonylharnstoffe eingenommen hatten, war der Effekt noch ausgeprägter (HR = 0,66; 95%-KI: 0,60 bis 0,74; Differenz der Ereignisrate − 10,10 Todesfälle pro 1000 Personenjahre, 95%-KI: − 12,97 bis − 7,24). Auch zeigte sich, dass die Kombinationstherapie aus Metformin und SGLT-2-Hemmer die Sterblichkeit effektiver herabsetzte als eine alleinige Therapie mit SGLT-2-Inhibitoren.

Der Mechanismus, der für die verminderte Mortalität unter SGLT-2-Hemmern verantwortlich ist, ist nicht komplett verstanden. Neben hämodynamischen Effekten (z. B. Natriurese­osmotische Diurese, Blutdrucksenkung) wird auch ein Einfluss auf den Stoffwechsel (z. B. Gewichtsabnahme), geringerer oxidativer Stress sowie eine verbesserte Endothelfunktion der Gefäße diskutiert. |

Literatur

[1] Deutsche Diabetes Gesellschaft, Diabetes mellitus in Deutschland – Zahlen und Fakten, Factsheet der DDG Stand 02/2021

[2] Xie Y et al. Comparative Effectiveness of Sodium-Glucose Cotransporter 2 Inhibitors vs Sulfonylureas in Patients With Type 2 Diabetes. JAMA Intern Med. 2021;e212488. doi:10.1001/jamainternmed.2021.2488

Apothekerin Dr. Sabine Fischer

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