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Beratung
Akne kann auch Erwachsene plagen
Testosteron-Substitution mit Folgen
Akne tritt meist bei Jugendlichen auf, beginnend zwischen dem 10. und dem 14. Lebensjahr, und klingt nach dem 20. bis 25. Lebensjahr wieder ab. Jedoch sind auch Erwachsene von Akne betroffen, Frauen häufiger als Männer. Besteht eine Akne nach dem 25. Lebensjahr, bezeichnet man diese als Acne tarda oder Acne adultorum. Dabei kann die Akne entweder persistieren, das heißt die Akne besteht bereits in der Jugendzeit und heilt nicht ab, oder sie tritt erst nach dem 25. Lebensjahr zum ersten Mal auf (Spätbeginn-Akne). Letztere Form ist jedoch eher selten [1]. Bei Akne vulgaris handelt es sich um eine pathologische Dysfunktion des Talgfollikels mit multifaktorieller Ätiologie. Diese ist nicht eindeutig geklärt, unumstritten ist jedoch, dass abnormale Follikeldifferenzierung, erhöhte Verhornung, abnormale Aktivität der Talgdrüse und bakterielle Hyperkolonisation ebenso eine Rolle spielen wie Entzündungen und immunologische Reaktionen. Eine der Hauptursachen scheint sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen hormonellen Ursprungs zu sein. Die wichtigsten an der Ätiologie der Akne beteiligten Hormone sind Androgene [2]. Das bedeutendste Androgen ist Testosteron. Es wird bei beiden Geschlechtern gebildet, allerdings in unterschiedlichen Mengen. Beim Mann erfolgt die Bildung in den Hoden, bei Frauen in den Ovarien. Geringe Mengen werden bei beiden Geschlechtern in der Nebennierenrinde gebildet. Neben den Auswirkungen auf die Ausbildung des männlichen Phänotyps hat Testosteron auch Einfluss auf Muskelmasse, Knochendichte sowie Fett- und Zuckerstoffwechsel und eben auch auf die Haut und Haare. Androgene stimulieren die Produktion von Talg. Kann dieser aufgrund von Verhornung nicht abfließen, sammelt er sich in der Haut an. Es entstehen Unreinheiten wie Komedonen, in welchen sich Bakterien und Pilze aufgrund des guten Nahrungsangebotes vermehren können. Bei der Verstoffwechselung von Talg durch Mikroorganismen entstehen freie Fettsäuren, die zu Irritationen führen. Letztlich kommt es zu einer Entzündungsreaktion und als Folge entstehen Pusteln und Papeln [3].
Bei Erwachsenen überwiegen milde bis mittelschwere Verlaufsformen, schwere Akne hingegen tritt nur selten auf. Bei Frauen sind fast ausschließlich Gesicht und Hals betroffen, vor allem die sogenannte U-Zone: untere Wangenpartien, seitlicher Unterkieferrand, Perioralregion, Kinn. Bei Männern zeigt sich hingegen bevorzugt ein Befall von Brust und Rücken [1]. Frauen mit Akne weisen nicht zwingend einen erhöhten Gesamttestosteron-Spiegel auf. Jedoch liegt bei ihnen in den Talgdrüsen eine erhöhte Aktivität des Enzyms 5α-Reduktase Typ 1 vor, das für die Umwandlung von Testosteron in das stärker wirksame Dihydrotestosteron (DHT) verantwortlich ist. Auch weisen bei Frauen die Zielorgane eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Androgenen auf infolge einer erhöhten Rezeptordichte. Teilweise geht die Akne bei erwachsenen Frauen auch mit endokrinen Störungen wie einem polyzystischen Ovarialsyndrom einher [1, 2].
Testosteron-Ersatztherapie bei Osteoporose
Nicht nur endogenes Testosteron, sondern auch exogen zugeführtes Testosteron hat einen Einfluss auf die Haut. Normale Testosteron-Spiegel beim Mann liegen bei > 12,1 nmol/l Gesamttestosteron (fT) bzw. 243 pmol/l freies Testosteron (fT). Im Gegensatz zu Frauen, bei denen die Hormonproduktion während der Wechseljahre recht abrupt stoppt, sinkt bei Männern ab dem 45. Lebensjahr der Testosteron-Spiegel kontinuierlich um ca. 0,4 bis 1% pro Jahr. Die „Wechseljahre des Mannes“ gibt es somit eigentlich gar nicht. Leicht erniedrigte Testosteron-Werte führen insbesondere zu sexuellen Symptomen wie einer Störung der Erektionsfähigkeit. Ein langfristiger Altershypogonadismus (Testosteron-Spiegel unter 11 nmol/l und/oder ein freier T-Wert unter 220 pmol/l und sexuelle Symptome) kann jedoch unbehandelt zu Anämie, herabgesetzter Kognition, Depressionen und Osteoporose führen. Hier besteht eine Indikation für eine Testosteron-Ersatztherapie [4]. Auch wenn von einer Osteoporose vorwiegend Frauen betroffen sind, ist die Osteoporose des Mannes mit einer Prävalenz einer erniedrigten Knochendichte von 17% bei den über 70-Jährigen nicht zu vernachlässigen. So ist eine Serumtestosteron-Konzentration < 200 ng/ml mit einem ca. 1,5- bis 2-fach erhöhten Frakturrisiko verbunden. Durch eine Testosteron-Substitution kann hier eine Erhöhung der Knochendichte erreicht werden [5]. Wenn der Testosteronmangel klinisch und labormedizinisch bestätigt wurde, stehen langwirkende Depot-Präparate (je nach Präparat und Indikation Intervall alle zwei bis drei Wochen bis hin zu mehreren Monaten) z. B. Testosteron depot (verschiedene Hersteller), Nebido® Injektionslösung oder kurzwirksame, transdermale Zubereitungen (1- bis 2%ige Gele oder Lösungen z. B. Testavan®, Tostran®, Testogel®, Testotop®) zur täglichen Anwendung zur Verfügung. Bei diesen Präparaten werden erwartungsgemäß Akne und Seborrhoe als häufige Nebenwirkung genannt [6, 7].
Hormontherapie zur Maskulinisierung
Eine Personengruppe, die größere Mengen an Testosteron erhält, sind Transgendermänner, also Menschen, denen bei ihrer Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde, die sich jedoch als Mann identifizieren. Häufig erhalten sie im Rahmen einer Geschlechtsänderung zum Mann eine Hormontherapie zur Maskulinisierung. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Akne dadurch ist und welche Risikofaktoren es gibt, wurde in einer kürzlich veröffentlichten Studie untersucht [9]. Dafür wurden in einer retrospektiven Kohortenstudie die Daten von 988 Patienten ausgewertet, die in den Jahren 2014 bis 2017 mit einer Hormontherapie zur Maskulinisierung begonnen hatten. Bei 307 der 988 durchschnittlich ca. 26 Jahre alten Patienten wurde Akne (Gesamtprävalenz 31%) diagnostiziert, wobei ein jüngeres Alter (18 bis 21 Jahre) zu Beginn der Hormontherapie zur Maskulinisierung mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Akne einherging. Das Alter der Patienten war der einzige Risikofaktor, für den ein signifikanter Einfluss auf die Prävalenz der Akne nachgewiesen werden konnte. Auch wenn man die Zahl der Patienten abzieht, die schon vor Beginn der Hormontherapie zur Maskulinisierung eine Akne hatten (62 Patienten), belegt diese Studie, dass Akne – wie erwartet – eine häufige Erkrankung bei Transgendermännern ist. Die Studienautoren verweisen darauf, dass in anderen Studien die Prävalenz mit bis zu 94% sogar noch deutlich höher war.
Eine Sonderform der Androgen-induzierten Akne ist die sogenannte Body-Building-Akne oder Doping-Akne. Der Missbrauch anaboler Steroide erfolgt zur Leistungssteigerung sowie zum Aufbau von Muskelmasse. Als eine der Nebenwirkungen kommt es besonders beim Missbrauch von kurz- bis mittelkettigen anabolen Steroiden zu Akne. Betroffene haben vorher meist eine glatte Haut, durch die gesteigerte Talgsekretion kommt es zur Seborrhoe im Gesicht, an Kopfhaut, Brust und Rücken. Dabei kann eine unterschiedlich starke Ausprägung vorliegen, bis hin zur sehr schweren, seltenen Form der Acne fulminans (hierbei kommt es nicht nur zu Ulzerationen an der Haut, sondern auch zu Knochen-, Gelenk- und Muskelbeteiligung sowie Allgemeinsymptomen) [8].
Auf einen Blick
- Bei Akne liegt eine pathologische Dysfunktion des Talgfollikels mit multifaktorieller Ätiologie vor.
- Androgene wie Testosteron stimulieren die Talgproduktion.
- Auch exogen zugeführtes Testosteron, z. B. zur Osteoporosetherapie des Mannes, kann zum Auftreten von Akne führen.
- Transgendermänner, die Testosteron erhalten, sind häufig von Akne betroffen. Bei ihnen muss bei einer medikamentösen Aknetherapie mit Wechselwirkungen mit Testosteron gerechnet werden.
- Die Behandlung der Akne bei Erwachsenen muss oft über einen sehr langen Zeitraum erfolgen.
Therapie
Für die Behandlung der Akne bei Erwachsenen ist im Allgemeinen eine Langzeittherapie (Jahre bis hin zu Jahrzehnten) nötig. Bei leichter bis mittelschwerer Akne kann zunächst eine antibakterielle, antiinflammatorische und komedolytische Therapie mit einer Kombination aus topischem Clindamycin und Benzoylperoxid erfolgen. Eine Behandlung erfolgt mit topischen Retinoiden, vor allem Adapalen führt zu einer signifikanten Reduktion von Aknesymptomen. Eine Kombination mit Benzoylperoxid ist dabei sinnvoll, da es über oxidative Abbauvorgänge und die Entwicklung von freien Radikalen zu einer Verminderung von Propionibakterien führt. Zur Erhaltungstherapie eignet sich Azelainsäure, welche entzündungshemmend, antibakteriell und antikeratinisierend ist. Topische Therapien sind bei einer Androgen-induzierten Akne jedoch häufig genauso wenig ausreichend wie systemische Antibiotika. Systemisches Isotretinoin bietet hier eine Alternative. Es beeinflusst alle pathophysiologischen Hauptfaktoren der Akneentstehung. Darüber hinaus besteht hier nicht das Risiko einer bakteriellen Resistenzentwicklung. Aufgrund der Teratogenität von systemischem Isotretinoin sollte dies bei Frauen vorwiegend bei schweren Formen der Akne eingesetzt werden, in niedrigen Dosen ist jedoch auch eine Langzeitbehandlung bei therapieresistenten leichteren Akneformen möglich. Bei Frauen im gebärfähigen Alter muss in jedem Fall eine Schwangerschaft während der Einnahme verhindert werden. Bei Frauen, die eine Kontrazeption wünschen, stehen als weitere Therapieoption Kontrazeptiva mit einem antiandrogenen Gestagen (z. B. Chlormadinonacetat, Dienogest oder Drospirenon) zur Verfügung [1, 11]. Die Behandlung der Akne fulminans erfolgt durch eine Kombination aus systemischem Isotretinoin mit systemischen Corticosteroiden [10]. Die Tabelle zeigt einen Überblick über die verschiedenen Wirkungen der einzelnen Wirkstoffgruppen.
physiopathologischer Faktor | Wirkstoffe |
---|---|
Hyperkeratinisierung | Tretinoin, Adapalen, Azelainsäure, Salicylsäure, orales Isotretinoin |
Hyperseborrhoe | Antiandrogene (Frauen), topische, systemische Retinoide |
bakterielle Proliferation | Benzoylperoxid, Antibiotika, Tretinoin, Adapalen, Azelainsäure, orales Isotretinoin |
Entzündung | Antibiotika, Azelainsäure, Benzoylperoxid |
hormonale Dysregulation | orale Kontrazeptiva, Antiandrogene (Cyproteronacetat) |
Bei Transgendermännern ist zu beachten, dass es zu Wechselwirkungen zwischen den Aknetherapeutika und der Testosteron-Therapie kommen kann. Die Gabe von Hormonpräparaten sollte nur dann erfolgen, wenn das Testosteron schon einen maximalen Effekt zeigt, was durchaus mehrere Jahre dauern kann. Ansonsten kann eine Hormonbehandlung den gewünschten Effekt des Testosterons nachteilig beeinflussen. Unbedingt beachtet werden muss auch, dass die potenzielle Lebertoxizität von Isotretinoin oder Tetracyclinen durch die Testosteron-Gabe verstärkt werden kann. Nicht abschließend geklärt ist, ob die Testosteron-Gabe den Transgendermann vor einer Schwangerschaft schützt. Demzufolge muss bei Behandlung mit Isotretinoin eine Aufklärung des Patienten bezüglich der Teratogenität des Präparates erfolgen [11]. |
Literatur
[1] Jansen T et al. Acne tarda Akne im Erwachsenenalter. Hautarzt 2013;64:241-251
[2] Ascenso A et al. Acne in the adult. Mini-Reviews in Medicinal Chemistry 2009;9:1-10
[3] Kopera D. Wirkung von Testosteron auf Haut und Haare. Austrian Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism 2015;8(1):16-19
[4] Kliesch S. Testosteronmangel im Alter: Normal oder pathologisch? Dtsch Arztebl 2015;112(37):20
[5] Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und Männern. Dachverband der deutschsprachigen wissenschaftlichen osteologischen Gesellschaften, AWMF Register Nummer 183/001, Stand: 2017
[6] Lauer Taxe abgerufen am 10. Februar 2021
[7] Fachinformationen von Nebido, Tostran, Testogel, Testosteron Depot-Rotexmedica
[8] Jansen T. Body-Building-Akne. Deutsches Ärzteblatt 1998:95(7):A-354
[9] Thorenson N et al. Incidence and Factors Associated With Acne Among Transgender Patients Receiving Masculinizing Hormone Therapy, JAMA Dermatol. 2021 Jan 20. doi: 10.1001/jamadermatol.2020.5347. Online ahead of print
[10] Plewig G et al. Acne fulminans: Schwere Akne mit ungewöhnlichem klinischen Verlauf. Dtsch Arztebl 2000;97(22):A-1533/B-1289/C-1205
[11] Sonnet M. Aknetherapie bei Transgender-Männern. Springer Medizin 2019;1, www.springermedizin.de/acne-vulgaris/systemische-medikamentoese-therapie/aknetherapie-bei-transgender-maennern/16408154
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