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Gewürze mit Potenzial

Was in Curry alles steckt

Eine der weltweit bekanntesten Gewürzmischungen ist Currypulver, das es in unterschiedlichen Varianten gibt. Im Ursprungsland Indien wird jedoch keine Köchin und kein Koch eine fertige Mischung verwenden. Für die als „kari“, im Englischen als „Curry“ bezeichneten Eintopfgerichte, die aus sämiger Sauce mit unzähligen Kombinationen von Fleisch, Fisch und Gemüse bestehen, werden je nach Ausgangsprodukten spezielle Gewürzkombinationen zusammengestellt. Erst die Engländer begannen damit, fertige Gewürzmischungen, die sie ebenfalls Curry nannten, herzustellen, als sie die indische Küche ab dem Ende des 18. Jahrhunderts mit in ihre Heimat brachten. | Von Karin Krämer

Currypulver enthält meist zehn bis fünfzehn verschiedene Gewürze, es können aber auch deutlich mehr sein. Hauptbestandteil aller Curry-Mischungen ist Curcuma, das dem Pulver die charakteristische orangegelbe Farbe verleiht. Zudem sind meist Kreuzkümmel, Cayennepfeffer, schwarzer Pfeffer, Koriander, Bockshornklee und Ingwer enthalten. Oft kommen Gewürznelken, Zimt, Senf, Macis und Fenchel hinzu. Viele dieser Gewürze werden auch als pflanzliche Heilmittel verwendet. Einige werden im Folgenden vorgestellt.

Curcuma

Als Gewürz wird der getrocknete oder frische Wurzelstock von Curcuma longa (Gelbwurz) oder Curcuma xanthorrhiza (Javanische Gelbwurz) aus der Familie der Ingwergewächse (Zingiberaceae) verwendet (Abb. 1). Die Droge enthält ­Curcuminoide, hauptsächlich Curcumin, und ätherisches Öl. Curcuma wird in Indien und Südostasien seit Jahrtausenden als Arzneimittel und zum Färben von Textilien eingesetzt. Über arabische Händler gelangten die Pflanzen in den ­Mittelmeerraum.

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Abb. 1: Von Curcuma longa (Gelbwurz) oder Curcuma xanthorrhiza (Javanische Gelbwurz) wird aus dem Rhizom das intensiv leuchtende Curcuma gewonnen. Die Rhizome werden von den Wurzeln befreit und gewaschen und als frische Ware verwendet (links). Für weitere Zubereitungen werden die fingerförmigen Nebenknollen von den dickeren Hauptknollen getrennt, in leicht alkalischem Wasser gekocht und anschließend die Korkschicht weitgehend abgeschält (rechts). Danach wird das Rhizom getrocknet und im Ganzen eingesetzt oder pulverisiert. Auch das ätherische Curcumaöl und das durch Extraktion mit 75%igem Ethanol gewonnene Curvuma-­Oleoresin sind gebräuchlich [23].

Curcuma wirkt durch den aromatischen Geruch und durch das leicht scharfe Mundgefühl reflektorisch, regt durch leichte Magenreizung auch direkt die Magensaftsekretion und die Ausschüttung von Gallensaft an und fördert damit den Appetit und die Verdauung. Beide Drogen werden gemäß der HPMC-Monographien der European Medicines Agency traditionell bei unspezifischen Verdauungsstörungen wie Völlegefühl, verlangsamter Verdauung und Blähungen und zur Förderung des Gallenflusses eingesetzt [3, 8]. Ein Fertigarzneimittel mit dieser Indikation ist Curcu-Truw®, das Curcuma-Trockenextrakt enthält und ab zwölf Jahren zugelassen ist.

Die Wirkungen des Curcumins sind sehr vielfältig, es gibt beispielsweise Anzeichen für eine antitumorale, antihyper­lipidämische und antithrombotische Wirkung. Im Fokus der Forschung stehen derzeit seine antiphlogistische und antioxidative Wirkung und die entsprechenden therapeutischen Einsatzmöglichkeiten. In Laboruntersuchungen ist eine Wirkung auf entzündungsfördernde Zytokine und Proteine nachweisbar. In kleineren Studien wurde laut Cochrane Review festgestellt, dass Curcumin in hohen Dosen die schubfreien Intervalle bei Colitis ulcerosa in Kombination mit der Standardtherapie (Mesalamin oder Sulfasalazin) verlängern kann [11]. Großangelegte, streng randomisierte Studien zum endgültigen Wirksamkeitsnachweis stehen noch aus. Das Gleiche gilt für die Reduktion von Schmerzen und Bewegungseinschränkung bei Arthrose.

Problematisch ist die geringe Bioverfügbarkeit des schlecht wasserlöslichen Curcumins. Die Resorption ist schlecht und die Substanz wird schnell durch Enzymabbau metabolisiert. Die Bioverfügbarkeit kann galenisch auf unterschiedliche Weise verbessert werden. Beispielsweise vervierfacht sie sich durch Applikation einer Fettemulsion mit mikronisiertem Curcumin (Nanopartikel). Die Kombination von Curcumin mit Piperin, dem scharf schmeckenden Alkaloid des schwarzen Pfeffers, verbessert ebenfalls die Verfügbarkeit. Piperin wirkt als Drug Enhancer durch Hemmung des enzymatischen Abbaus von Curcumin [20]. Doch die Wirkung hält nicht lange an und Piperin kann in der benötigten ­hohen Dosierung zu Unverträglichkeiten im Gastrointestinaltrakt führen. Therapeutisch wird diese Kombination ­daher nicht weiter erforscht.

Die besten Ergebnisse mit bis zu 185-fach verbesserter Bioverfügbarkeit werden jedoch nach derzeitigem Wissensstand durch Mizellen-Technologie mit einer hydrophilen Hülle aus Polysorbat erreicht [18]. Bisher sind keine Arzneimittel zugelassen, es gibt aber mehrere Nahrungsergänzungsmittel mit dieser Technologie, zum Beispiel Curcusol®, Curcuflex® beziehungsweise Curcuflex® V und Curcumin-Loges®, die beiden Letzteren in Kombination mit Colecalciferol (Vitamin D3). In einer im Dezember 2020 veröffentlichten Studie wurde der Einfluss von Curcumin-Nanopartikeln auf die Produktion der entzündungsfördernden Zytokine Interleukin (IL) 1β, IL-6, IL-18 und TNF-α bei COVID-19-Patienten untersucht. Die Bildung von IL-1β und IL-6 wurde durch Curcumin signifikant reduziert, wohingegen die anderen Botenstoffe nicht beeinflusst wurden. Die Autoren folgern, dass durch Nano-Curcumin möglicherweise die Bildung bestimmter Zytokine reduziert werden kann und damit die überschießenden Entzündungsreaktionen und ihre Folgen für COVID-19-Patienten gemildert werden könnten [24].

Kreuzkümmel

Wie bei dem eng verwandten Kümmel (Carum carvi) wird bei Kreuzkümmel (Cuminum cyminum) (Abb. 2) die Fruchtdroge Cumini fructus im Ganzen oder gepulvert als Gewürz verwendet. Für die Wirkung ist ätherisches Öl verantwortlich, der Hauptbestandteil ist Cuminaldehyd. Die Droge wird in Vorderasien, Südostasien und im nördlichen Afrika sehr häufig als Gewürz eingesetzt und ist auch in zahlreichen weiteren Gewürzmischungen vertreten. In der Volksmedizin wird Kreuzkümmel aufgrund seiner spasmolytischen Wirkung bei Verdauungsbeschwerden mit Krämpfen, Blähungen und Durchfall eingesetzt. Der erste Beleg für eine medizinische Verwendung findet sich im altägyptischen Papyrus Ebers, einer Sammlung medizinischer Texte aus dem 16. Jahrhundert vor Christus. Kreuzkümmel wurde genauso wie heute bei Verdauungsbeschwerden angewandt. Außerdem war er Bestandteil von Arzneimitteln gegen Migräne und von Rezepturen zur Förderung der Wundheilung. Auch in der „Materia medica“ des Dioskurides aus dem 1. Jahrhundert nach Christus wird Kreuzkümmel als Mittel gegen Verdauungs- und Menstruationsbeschwerden aufgeführt. Karl der Große befahl in der Verordnung „Capitulare de villis“ (um 800 n. Chr.) den Anbau der Pflanze in den königlichen Landgütern.

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Abb. 2: Aus der Stammpflanze Cuminum cyminum L (links), die zur Familie der Apiaceae (Doldenblütengewächse) gehört, wird Cumini fructus gewonnen. Kurz vor der Vollreife der Früchte, etwa 40 Tage nach der Aussaat, wird die Pflanze gemäht und getrocknet. Dann werden die Früchte durch Ausdreschen gewonnen. Sie bestehen aus der zweiteiligen, meist nicht in Teilfrüchte zerfallenen Spaltfrucht mit oft noch vorhandenen Resten des Fruchtstiels. Die getrockneten Früchte sollten erst unmittelbar vor Gebrauch zerkleinert werden [23].

Aktuell ist noch keine HPMC-Monographie zu Kreuzkümmel verfügbar. In kleineren Studien wurde der Einfluss von Kreuzkümmel auf Übergewicht und metabolische Erkrankungen untersucht. Nach einer achtwöchigen Anwendung von hoch dosiertem Kreuzkümmel war nach Aussage der Autoren die Gewichtsreduktion bei adipösen Probanden vergleichbar wie bei Orlistat (Xenical®) [21]. In einer weiteren Studie wurde eine signifikante Senkung der Blutfettwerte (Triglyceride, Gesamtcholesterol und LDL-Cholesterol) festgestellt [22]. In-vitro-Untersuchungen befassen sich mit den antibakteriellen und antimykotischen Wirkungen des ethanolischen Extraktes. Hierbei wurde festgestellt, dass der ­Extrakt gegen Enterokokken wirksam ist, die gegenüber Gentamycin resistent sind [17]. Große, randomisierte Studien sind bisher allerdings noch nicht publiziert.

Ingwer

Ingwerwurzelstock, Zingiberis rhizoma, stammt von Zingiber officinale, wie Curcuma ein Gewächs aus der Familie der Zingiberaceae (Abb. 3). Die Droge enthält als Hauptinhaltsstoffe ätherisches Öl (1 bis 4,3%, die Ph. Eur. fordert mindestens 1,5%), und Scharfstoffe, vor allem Gingerole und deren noch schärfere Abbauprodukte, die Shogaole. Die Pflanze stammt ursprünglich wahrscheinlich aus Indien, heute wird sie in fast allen tropischen Regionen auf der Welt angebaut. Bereits im ersten Jahrhundert nach Christus war Ingwer im römischen Reich bekannt und wurde nach Dioskurides auch als Arzneimittel mit verdauungsfördernder Wirkung geschätzt. Im Mittelalter wurde er ebenfalls als Gewürz und Arzneimittel geschätzt und war weit verbreitet. Doch geriet die Droge im 17. Jahrhundert in Europa in Vergessenheit, nur in England wurde sie als Gewürz noch in seltenen Fällen verwendet. Erst mit dem Boom der asiatischen Küche im 20. Jahrhundert kehrte die Nutzung von Ingwer nach Europa zurück. Für die Droge, das ätherische Öl und das Oleoresin ist aufgrund des aromatischen Geruchs und der scharfen Geschmacksempfindung eine Stimulation des Speichelflusses, der Magensaftsekretion und der Darmmotilität und damit eine appetitanregende und verdauungsfördernde Wirkung anzunehmen [23]. In den letzten Jahren hat die Verwendung frischer Ingwerrhizome zur Vorbeugung gegen Erkältungskrankheiten in Deutschland geradezu explosionsartig zugenommen. Daher bekommt man den frischen Wurzelstock inzwischen in fast jedem Lebensmittelgeschäft. Den Tee sollte man unbedingt abgedeckt ziehen lassen, um ein Entweichen des ätherischen Öls zu verhindern. Die Scharfstoffe werden erst nach längerem Ziehen (mindestens fünf Minuten, besser zehn bis zwanzig Minuten) extrahiert. Auch sauer eingelegter oder kandierter Ingwer und Ingwerbonbons sind im Handel. Als Gewürz nimmt man das frische Rhizom oder Ingwerpulver, als Tee die frische Ware oder den getrockneten, geschnittenen Wurzelstock.

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Abb. 3: Ingwerwurzelstock Zingiber officinale (Zingiberaceae, Ingwergewächse) wird in vielen tropischen Ländern, besonders in Indien (über 20 Sorten, meist Eigenbedarf) angebaut. Hauptlieferländer sind vorwiegend Indien, China und Brasilien, weiterhin Nigeria, Sierra Leone, Indonesien, Taiwan, Singapur und West-Malaysia.

In der HPMC-Monographie der European Medicines Agency sind zwei Indikationen traditionell belegt: Zum einen wirkt Ingwer gegen krampfartige Verdauungsbeschwerden, Blähungen und Winde, zum anderen symptomatisch gegen Reiseübelkeit [5]. Die Wirkung gegen Kinetosen beruht auf der Hemmung serotonerger 5-HT3-Rezeptoren im ZNS. Zintona® Kapseln sind als Arzneimittel zur Vorbeugung der Symptome von Reiseübelkeit für Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren zugelassen. Möglicherweise beeinflussen die Wirkstoffe des Ingwer die Blutgerinnung, daher ist die Verwendung als Arzneimittel bei Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten (Phenprocoumon, Warfarin) kontraindiziert und auch vor Operationen sollte Ingwer abgesetzt werden.

Von einer Anwendung gegen Schwangerschaftsübelkeit wird in der Packungsbeilage und in der HPMC-Monographie abgeraten. Laut der Datenbank Embryotox der Charité Berlin dagegen kann Ingwer in normaler Dosierung in der Schwangerschaft eingenommen werden, allerdings kommt es nach Informationen der Autoren dabei häufig zu Nebenwirkungen wie Sodbrennen und Kopfschmerzen [7]. Der Einsatz zur Vorbeugung gegen Erkältung ist bisher durch Studien nicht belegt, aber weit verbreitet. In einem aktuellen Cochrane Review wurde der Einsatz von Ingwer gegen Dysmenorrhoe untersucht. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Ingwer eine wirksame Behandlungsmöglichkeit für Dysmenorrhoe sein könnte, allerdings fehlen für eine eindeutige Aussage größere Studien mit besserer methodischer Qualität [2].

Cayennepfeffer

Cayennepfeffer, lateinisch Capsici fructus acer (Abb. 4), wird von Capsicum frutescens aus der Familie der Solanaceae (Nachtschattengewächse) gewonnen und enthält als Scharfstoffe Capsaicinoide mit der Hauptkomponente Capsaicin. Die Gattung Capsicum, die zahlreiche Arten umfasst, stammt aus Mittel- und Südamerika und wurde von Kolumbus nach Europa gebracht. In Deutschland gab es bereits Mitte des 16. Jahrhundert erste Anbauversuche. Die Früchte werden auch als Paprika oder Chili bezeichnet. Der Name Cayennepfeffer kommt von der Hauptstadt von Französisch-Guayana namens Cayenne, über die im 19. Jahrhundert das Gewürz nach Europa exportiert wurde.

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Abb. 4: Capsici fructus acer stammt vom Nachtschattengewächs Capsicum frutescens. Seine Hauptinhaltsstoffe sind die Scharfstoffe Capsaicinoide, hauptsächlich Capsaicin.

Die HPMC-Monographie fasst die Verwendung von Capsaicin-haltigen Früchten der Arten Capsicum annuum var. minimum und Capsicum frutescens zusammen. Sie bescheinigt verschiedenen Dick-Extrakten eine anerkannte medizinische Verwendung (well-established use) in Form von Pflastern oder halbfesten Zubereitungen zur Anwendung auf der Haut. Die Indikationen sind Muskelschmerzen, zum Beispiel im unteren Rücken [9]. In der ESCOP-Monographie der European Scientific Cooperative on Phytotherapy werden als weitere Indikationen Schmerzen bei degenerativen Gelenk­erkrankungen und rheumatoider Arthritis, sowie Nervenschmerzen als Folge einer Gürtelrose oder bei diabetischer Neuropathie und Hautjucken genannt.

Cayennepfeffer und speziell Capsaicin wirken hyperämisierend und damit muskelentspannend. Dabei kann sich die Haut zunächst röten und brennen, dann breitet sich Wärmegefühl aus. Durch die verbesserte Durchblutung werden Stoffwechselendprodukte aus dem Muskel entfernt und Muskelverspannungen gelöst. Die massive anfängliche Freisetzung von Schmerzbotenstoffen führt zu deren Mangel in den Neuronen. Es kommt zur sogenannten Capsaicin-Desensibilisierung, die die Schmerzempfindlichkeit im betreffenden Körperareal herabsetzt. So wird bei regelmäßiger Anwendung die Übertragung von Schmerzsignalen aus dem betroffenen Areal an das zentrale Nervensystem verhindert. Die HPMC-Monographie empfiehlt eine Anwendung für maximal drei Wochen, danach sollte mindestens zwei Wochen pausiert werden, damit sich die Nervenzellen regenerieren. Die Präparate dürfen nicht auf Schleimhäute oder in die ­Augen gebracht werden, da sie dort starkes Brennen verursachen. Nach der Applikation sollten die Hände gewaschen werden. Capsaicin sollte nicht bei Kindern unter zwölf Jahren angewendet werden und nicht in Schwangerschaft und Stillzeit.

Gemäß eines Cochrane Reviews zur Wirkung von topisch ­appliziertem Capsaicin bei chronischen neuropathischen Schmerzen, zum Beispiel bei Post-Zoster-Neuralgie, HIV-Neuropathie und diabetischer Polyneuropathie ist eine moderate bis deutliche Schmerzlinderung in Abhängigkeit von der Dosierung möglich [6]. Es gibt zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cayennepfeffer-Extrakt oder Capsaicin beispielsweise ABC Wärmecreme und -pflaster Hansaplast®, Capsimed® Wärmepflaster, Finalgon® CPD Wärmecreme, Hot Ther­mo Dura® C Creme und Rheumamed® Schmerzsalbe Capsicum. Die innerliche Anwendung für arzneiliche Zwecke wird von der Kommission E abgelehnt [23].

Bockshornklee

Bockshornsamen bzw. Bockshornkleesamen, Trigonellae foenumgraeci semen, stammen von Trigonella foenum-graecum, einer Fabaceae (Hülsenfruchtgewächs) (Abb. 5). Die Samen enthalten 20 bis 40% Schleimstoffe, wenig ätherisches Öl, das den typischen Geruch verursacht, und bis zu 3% Saponine, vor allem Foenu­graecin. Ursprünglich wurde Bockshornklee in Indien, Vorderasien und Ägypten kultiviert. Seit dem zweiten Jahrtausend vor Christus werden seine Samen als Gewürz und Arzneimittel verwendet, da sie aufgrund des aromatischen, leicht bitteren Geschmacks appetitanregend und verdauungsfördernd wirken. In Asien wird die Droge zur Förderung der Milchproduktion bei stillenden Frauen und wegen des Gehaltes an Schleimstoffen als Mucilaginosum bei Reizhusten angewandt. Dioskurides erwähnt die Verwendung als erweichendes Mittel (Emolliens) und beschreibt die Anwendung eines Umschlags bei Geschwüren, als Sitzbad bei Entzündungen des weiblichen Genitaltraktes und innerlich gegen Durchfall. Im „Capitulare de villis“ Karls des Großen wird Bockshornklee unter den Pflanzen, die auf den Landgütern angebaut werden sollen, angeführt. Auch das Lorscher Arzneibuch (um 800 nach Christus) erwähnt seine erweichende Wirkung und Hildegard von Bingen verwendete die Samen gegen Hautkrankheiten. Im 19. Jahrhundert wurde durch Sebastian Kneipp die Verwendung gegen Geschwüre in der Volksmedizin wieder populär [14].

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Abb. 5: Trigonella foenum-graecum ist die Stammpflanze des Bockshornklees. Der deutsche Name Bockshornklee ist von den Hülsenfrüchten abgeleitet, die wie die Hörner eines Ziegenbocks leicht gekrümmt sind und spitz enden. Die ­Samen (rechts) sind sehr hart, flach, gelblich braun bis rötlich braun und rhomboid mit abgerundeten Rändern. Beim Zerkauen schmecken sie schleimig, denn Inhaltsstoffe sind unter anderem Schleimstoffe, Saponine und ätherisches Öl [23]. Sie werden traditionell innerlich bei vorübergehender Appetitlosigkeit und äußerlich bei leichten Hautentzündungen eingesetzt.

Aus Bockshornsamen können Sprossen gezogen werden. 2011 gab es in Deutschland 53 Todesfälle und hunderte von Erkrankten durch Infektionen mit EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli), die schwere blutige Durchfälle verursachten. Sie waren mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Verzehr von rohen Bockshorn-Sprossen zurückzuführen, die aus kontaminierten Samen gezogen worden waren [1]. In der Folge wurde geraten, Sprossen nur noch blanchiert zu essen.

Die HPMC-Monographie bescheinigt eine traditionelle Verwendung innerlich als Tee oder Extrakt bei vorübergehendem Appetitmangel und äußerlich zur symptomatischen Behandlung kleiner Hautentzündungen [4]. Hierfür werden gemäß der Monographie 50 g der gemahlenen Droge mit 250 g Wasser fünf Minuten gekocht und noch warm als Kataplasma (Breiumschlag) angewendet. Der Brei wird auf ein Leinentuch oder eine Kompresse aufgetragen, diese auf die entzündete Stelle gelegt und mit einer Binde befestigt. Das Kataplasma sollte mindestens dreißig Minuten und maximal acht Stunden auf der Haut verbleiben. Ein Beispiel für ein entsprechendes Medizinprodukt ist Teuto® Sog Auf­lage, die allerdings kalt angewendet wird.

Eine volksmedizinische Verwendung ist der Einsatz gegen Haarausfall. Zur Unterstützung des Haarwuchses gibt es Nahrungsergänzungsmittel, die zusätzlich Biotin oder andere Vitamine und ­Mineralstoffe enthalten, zum Beispiel Bockshorn + Mikronährstoff Haarkapseln® und Hairvolution® Kapseln. Eine Metaanalyse verschiedener Studien bescheinigt Bockhornsamen eine signifikante Förderung der Milchbildung bei stillenden Frauen [13]. Die Droge ist beispielsweise in Weleda® Bio Stilltee enthalten.

In einer weiteren Metaanalyse wurde der Einfluss von Bockshornkleesamen auf Hyperglykämie und Hyperlipid­ämie untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Samen sowohl den Blutzucker als auch erhöhte Lipidwerte senken können [12]. Weitere ­Untersuchungen sind aber noch notwendig. Eine sehr kleine Studie von 2019, die den Effekt von Bockshornsamen als Ergänzung zu Metformin im Vergleich zur Kombination von Metformin mit ­Glibenclamid untersuchte, kam zu dem gleichen ­Ergebnis [16]. |

 

Literatur

[1] Samen von Bockshornklee mit hoher Wahrscheinlichkeit für EHEC O104:H4 Ausbruch verantwortlich, Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Stellungnahme Nr. 022/2011 vom 30. Juni 2011

[2] Cao L, Li X et al. The effectiveness of ginger for the treatment of dysmenorrhea: a systematic review and meta-analysis . In: Advances in Evidence Synthesis: special issue Cochrane Database of Systematic Reviews 2020;(9 Suppl 1), https://doi.org/10.1002/14651858.CD202001

[3] Community herbal monograph on Curcuma xanthorrhiza Roxb. (C. xanthorrhiza D. Dietrich), rhizoma, Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 28. Januar 2014, EMA/HMPC/604600/2012

[4] Community herbal monograph on Trigonella foenum-graecum L., semen Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 27. Januar 2011, EMA/HMPC/146221/2010

[5] Community herbal monograph on Zingiber officinale Roscoe, rhizoma, Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 27. März 2012, EMA/HMPC/749154/2010

[6] Derry S, Rice A et al. Topical capsaicin (high concentration) for chronic neuropathic pain in adults. Cochrane Database Syst Rev 2017;1(1):CD007393. Published 2017 Jan 13, doi:10.1002/14651858.CD007393.pub4

[7] embryotox.de: Ingwer, abgerufen am 11.02.2021

[8] European Union herbal monograph on Curcuma longa L., rhizoma, Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 25. September 2018, EMA/HMPC/329755/2017

[9] European Union herbal monograph on Capsicum annuum L. var. minimum (Miller) Heiser and small fruited varieties of Capsicum frutescens L., fructus, Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC), 5. Mai 2015, EMA/HMPC/674139/2013

[10] Fachinformation der genannten Fertigarzneimittel

[11] Garg SK, Ahuja V et al. Curcumin for maintenance of remission in ulcerative colitis, Cochrane Database of Systematic reviews, 17. Oktober 2012, https://doi.org/10.1002/14651858.CD008424.pub2

[12] Gong J, Fang K et al. Effect of fenugreek on hyperglycaemia and hyperlipidemia in diabetes and prediabetes: A meta-analysis. J Ethnopharmacol 2016;194:260-268, doi: 10.1016/j.jep.2016.08.003, 2. August Epub 2016, PMID: 27496582

[13] Khan TM, Wu DB et al. Effectiveness of fenugreek as a galactagogue: A network meta-analysis. Phytother Res. 2018 Mar;32(3):402-412, doi: 10.1002/ptr.5972. Epub 30. November 2017, PMID: 29193352

[14] Kneipp S. Meine Wasserkur. Kempten 1889, 129

[15] Kolait H, Melzig M. Kreuzkümmel Cuminum cyminum L. Z Phytother 2015;36(05): 229-235, doi: 10.1055/s-0041-105256

[16] Najdi RA, Hagras MM et al. A randomized controlled clinical trial evaluating the effect of Trigonella foenum-graecum (fenugreek) versus glibenclamide in patients with diabetes. Afr Health Sci. 2019;19(1):1594-1601, doi: 10.4314/ahs.v19i1.34. PMID: 31148988; PMCID: PMC6531936

[17] Revati S, Bipin C et al. In vitro antibacterial activity of seven Indian spices against high level gentamicin resistant strains of enterococci, Arch med Sci 2015;11(4):863-868, doi: 10.5114/aoms.2015.53307. Epub 11. August 2015

[18] Schiborr C, Kocher A et al. The oral bioavailability of curcumin from micronized powder and liquid micelles is significantly increased in healthy humans and differs between sexes. Mol Nutr Food Res 2014;58:516–527, doi: 10.1002/mnfr.201300724

[19] Schilcher H, Fischer M et al. Leitfaden Phytotherapie hrsg. von H. Schilcher, München, 2016

[20] Shoba G, Joy D et al. Influence of piperine on the pharmacokinetics of curcumin in animals and human volunteers, Planta Med 1998;64(4):353-356, doi: 10.1055/s-2006-957450

[21] Taghizadeh M, Memarzadeh MR et al. Effect of the Cumin cyminum L. Intake on Weight Loss, Metabolic Profiles and Biomarkers of Oxidative Stress in Overweight Subjects: A Randomized Double-Blind Placebo-Controlled Clinical Trial. Ann Nutr Metab 2015;66(2-3):117-24, doi: 10.1159/000373896. Epub 2015;PMID:25766448

[22] Taghizadeh M, Memarzadeh MR et al. The Effect of Cumin cyminum L. Plus Lime Administration on Weight Loss and Metabolic Status in Overweight Subjects: A Randomized Double-Blind Placebo-Controlled Clinical Trial, Iran Red Crescent Med J 2016;18(8):e34212, doi: 10.5812/ircmj.34212

[23] Teuscher E. Gewürze und Küchenkräuter. Gewinnung, Inhaltsstoffe, Wirkungen, Verwendung. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2018

[24] Valizadeh H, Abdolmohammadi-Vahid S et al. Nano-curcumin therapy, a promising method in modulating inflammatory cytokines in COVID-19 patients, Int Immunopharmacol 2020;89(Pt B);107088, doi: 10.1016/j.intimp.2020.107088

[25] Blaschek W (Hrsg.). Wichtl - Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2016
 

Autorin

Dr. Karin Krämer studierte in München Pharmazie. Während und nach der Promotion in Medizingeschichte arbeitete sie in einer öffentlichen Apotheke. Sie unterrichtet an der Berufsfachschule für pharmazeutisch-technische Assistenten in München Arzneimittelkunde, Botanik und Drogenkunde, Chemie und Gefahrstoffkunde.

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