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Management

Vorbild sein beim Klimaschutz

Wie Sie Nachhaltigkeit in der Apotheke umsetzen können

Umwelt- und Klimaschutz ist für die Deutschen ein Top-Thema – trotz Corona. Auch für Unternehmen im Gesundheitsbereich wird es zunehmend wichtiger, klimafreundlich zu agieren und langfristig Verantwortung zu übernehmen. Apotheken können eine zukunftsorientierte Vorreiterrolle in Sachen Gesundheits- und Klimaschutz einnehmen und dadurch sowohl Kunden als auch Mit­arbeiter für sich gewinnen. Zudem lassen sich durch entsprechende Maßnahmen nicht unbeträchtliche finanzielle Einsparungen erzielen.

Schon vor der Corona-Pandemie war „Nachhaltigkeit“ ein Begriff, der in der Gesellschaft immer häufiger laut genannt wurde – sowohl von Verbrauchern als auch von Unternehmen. Zunächst war es nur eine kleine Schar Idealisten, die sich für ein bewussteres Leben und eine intakte Umwelt entschieden hatte. Doch ihre Anzahl wächst beständig und immer mehr Unternehmen entdecken die Nachhaltigkeit als Wert für ein positives Firmenimage. Nun bescheren das Virus und auch die Fridays-for-Future-Bewegung diesem Handlungsprinzip eine noch breitere Akzeptanz in der Bevölkerung. Man muss kein Asket sein, um nachhaltig zu leben und zu arbeiten. Jedoch hilft die eigene Überzeugung insbesondere kleinen Unternehmen wie Apotheken, Aktivitäten rund um die Nachhaltigkeit glaubwürdig an die Kunden zu vermitteln und so deren Vertrauen und Treue zu erlangen. Auch um neue Mitarbeiter zu finden und langfristig zu binden, ist ökologisches Engagement des Arbeitgebers durchaus förderlich.

Apotheken genießen ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung und haben durch die vielen täglichen Patientenkontakte eine große Reichweite. Besonders Vor-Ort-Apotheken, die klar kommunizieren, dass sie das Thema Klimaschutz mit konkreten Maßnahmen aufgegriffen haben, positionieren sich eindeutig gegenüber ihren Zielgruppen und setzen ein unüberhörbares Signal in Richtung Bevölkerung und Politik. Eine Apotheke, die ökologische Aspekte berücksichtigt, schont mittelfristig nicht nur die eigenen Finanzen, sondern dient als hervorragendes Beispiel für ein innovatives Unternehmen, dem das Wohl aller am Herzen liegt.

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Mein Freund der Baum Auch Apotheken können durch nachhaltiges Handeln dazu beitragen, der nachfolgenden Generation eine liebenswerte und „grüne“ Zukunft zu schenken, in der man noch auf stabile Bäume klettern kann.

Wirtschaften mit Verantwortung und Weitblick

Die Herausforderungen, die sich mit der Klimakrise ergeben, rücken immer stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft. Um die Erderwärmung möglichst auf die beim Pariser Abkommen angestrebten 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, haben die Vertragsstaaten kürzlich auf der Weltklimakonferenz in Glasgow beschlossen, ihre Klimaziele bis 2030 bereits im kommenden Jahr nachzubessern. Aktuell steigen die Emissionen praktisch ungebremst und selbst die reichsten Länder erfüllen ihre internationalen Zusagen nicht. Dabei ist es höchste Zeit, den jährlichen CO2-Ausstoß zu senken – sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. Hierbei geht es nicht nur um Klimaschutz: Eine höhere Energieeffi­zienz macht jedes Unternehmen langfristig wettbewerbsfähiger – so auch die Apotheke vor Ort. Denn eine moderne Apotheke hat einen beachtlichen Stromverbrauch. Viele Medikamente müssen ununterbrochen gekühlt gelagert werden. Dazu kommt Strom für Server, Computer und Beleuchtung. Durch einen effizienten Umgang mit klimarelevanten Ressourcen und eine Verringerung der Treibhausgas-Emissionen kann jeder seinen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten und dabei auch noch Geld sparen. Ökologische UND ökonomische Nachhaltigkeit zu leben ist heute wichtiger denn je. So wie für viele Apotheker „digital“ früher ein hauptsächlich theoretischer Begriff war, der zunächst eher negativ mit Investitionen, Arbeitsaufwand und der Infragestellung von Kosten und Nutzen verbunden wurde, verhält es sich auch mit der Nachhaltigkeit, deren Vorteile häufig erst später deutlich werden. Doch Vorsicht: Je länger man wartet, etwas gegen die globale Erwärmung zu tun, desto teurer wird es für uns alle.

Welchen Beitrag kann das Apothekenpersonal leisten?

Dieser Frage geht auch die Pharmazeutin und Autorin Esther Luhmann in ihrem aktuell veröffentlichten Buch „Die nachhaltige Apotheke“ auf den Grund. Hier werden verschiedene Aspekte der Aus­wirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit beleuchtet und es finden sich praktische Tipps und Checklisten für das gesamte Team, damit Umweltschutz im Apothekenalltag gelingt. Einige der im Kasten „Praktische Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Apotheken­alltag“ aufgeführten Tipps für mehr Nachhaltigkeit in der Apotheke werden in dem Buch genauer erläutert und sollen hier als Anregung zur möglichst sofortigen Umsetzung dienen.

Praktische Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Apothekenalltag

  • Umstellung auf energieeffiziente Geräte und vermehrte Digitalisierung von Prozessen (z. B. elektronische Dokumentation)
  • Einsparung von Papier und Plastik (z. B. nicht mehr benötigte Ausdrucke rückseitig als Notizzettel benutzen, unnötige Ausdrucke und Kopien vermeiden, Faxe per E-Mail empfangen)
  • Stromsparen (z. B. Umstellung auf LED-Beleuchtung, Energiespar­modus an Computern einstellen)
  • Nutzung von regenerativen und erneuerbaren Energien bzw. Umsteigen auf 100% Ökostrom
  • Installation einer Zeitschaltuhr für Heizung/Klimaanlage
  • Kompletter Verzicht auf Plastik­tüten, alternativer und sparsamer Einsatz von umweltfreundlichen Tüten aus 100% Altpapier
  • Bezug von Büromaterial bei einem nachhaltigen Anbieter und Nutzung von Recycling-Papier
  • Wiederverwendbare Verpackungen bei der Belieferung einsetzen
  • Auswahl des Produktsortiments nach klimafreundlichen Gesichtspunkten (ohne Mikroplastik, ohne Schadstoffe, Bioqualität, nach­haltig und fair produziert, wenig Umverpackungen)
  • Richtige Mülltrennung, Recycling fördern
  • Vermeidung nicht zielgerichteter und plastikhaltiger „Give-Aways“
  • Einstellung von „Ecosia“ als nachhaltige Standard-Suchmaschine
  • Umstellung auf nachhaltige Kundenkarten bzw. nur digitale Datenerfassung
  • Einsatz von umweltschonenden Reinigungsmitteln
  • Auffüllen von Trinkwasser in Mehrwegflaschen ermöglichen bzw. Wasserspender anbieten (z. B. als registrierte „Refill-Station“)
  • Klimafreundlicher Botendienst, z. B. mit dem Fahrrad oder durch Bündelung von Fahrten in die gleiche Richtung mit einem emissionsarmen Auto
  • Kompensation des eigenen CO2-Fußabdrucks durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten
  • Mitarbeiterangebot für ein (Elektro-)Fahrrad, ein Job-Ticket für öffentliche Verkehrsmittel oder eine Car-Sharing-Mitgliedschaft

Gesundheitsschutz als oberstes Ziel

Dass es sich durchaus lohnt, auf die Wissenschaft zu hören, zeigen uns wie ein Brennglas die aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie. Auch bei der Klima­krise sind sich die Wissenschaftler einig: Eine Zunahme der Wetter­extreme hat unweigerlich Auswirkungen auf den Zugang zu Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser und schließlich auch auf die Gesundheit. Dass mehr Menschen durch Luftverschmutzung erkranken werden, ist so gut wie sicher. Außerdem ist es wahrscheinlich, dass sich Krankheitserreger bei dauerhaft steigenden Temperaturen zunehmend vermehren und durch die klimatischen Veränderungen neue Krankheiten entstehen. Zudem ist zu befürchten, dass auch Mitteleuropäer zukünftig mit Krankheiten wie Malaria oder Dengue-Fieber konfrontiert werden. Die direkten und indirekten Folgen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen sind enorm – und wie so oft treffen sie die ohnehin vulnerablen Gruppen besonders stark. Konsequenter Klimaschutz ist also präventiver Gesundheitsschutz und damit eine wichtige Aufgabe der Gesundheitsberufe. Sowohl Ärzte als auch Apotheker sollten das im Blick haben – zudem sie ihre Patienten zukünftig immer häufiger über die gesundheitlichen Folgen der globalen Erwärmung beraten werden. Wie man extreme Hitzewellen besser übersteht oder was bei der Lagerung von Medikamenten während hoher Temperaturen zu beachten ist, wird zunehmend ein Thema sein. Heute schon können Apotheker bei Ernährungsberatungen bei chronischen Erkrankungen oder Übergewicht eine möglichst pflanzenbasierte, naturbelassene Kost und den Umstieg auf eine fleischärmere Ernährungsweise empfehlen – eine ideale Möglichkeit, die Gesundheit zu fördern und gleichzeitig das Klima und die Umwelt zu entlasten.

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Klimafreundlicher Botendienst Das Fahrrad ist in vielen Städten sowieso die bessere Alternative zum Auto, weil die Parkplatzsuche entfällt ...

Mehr Unterstützung von der Politik

Wie es um die Nachhaltigkeit in deutschen Praxen und Apotheken bestellt ist, welchen Stellenwert das Thema für die niedergelassenen Heilberufler hat und welche Hindernisse es gibt, wollte die Deutsche Apotheker- und Ärztebank in ihrer im Sommer 2021 durchgeführten Online-Befragung mit ca. 500 selbstständigen Ärzten und Apothekern wissen. Die Studie zeigt, dass Nachhaltigkeit in deutschen Praxen und Apotheken durchaus einen hohen Stellenwert besitzt. Die größten Treiber für mehr Nachhaltigkeit sind die eigene Überzeugung und die soziale Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen. Aber in der Studie ging es nicht nur um den sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen, sondern auch um ökonomische und soziale Aspekte. Fast alle abgefragten ökologischen Maßnahmen wurden von mindestens der Hälfte der Studienteilnehmer bereits berücksichtigt – allen voran das Entsorgungsmanagement (z. B. Mülltrennung, ­Recycling oder die Nutzung von Mehrwegprodukten), dicht gefolgt von einem ressourcenschonenden Energieverbrauch. Auf der anderen Seite gehören ein Mangel an umweltfreundlicheren Alternativen sowie ein hoher Zeit- und Kostenaufwand zu den Kriterien, die eine nachhaltige Entwicklung im Gesundheitswesen immer noch ausbremsen. Als deutliche Lehre aus der Corona-Pandemie offenbart die Umfrage den starken Wunsch nach einer nachhaltigen Modifizierung des Gesundheits­wesens: Das Gesundheitssystem in Deutschland solle resilienter, krisensicherer und präventiver gestaltet werden und nachhaltigere Versorgungskonzepte sollten konkret von der Politik unterstützt werden.

Umweltbewusster Umgang mit Arzneimitteln

Arzneimittelrückstände im Boden und in Gewässern sind kein neues Phänomen. Auch dass sie aqua­tisches Leben beeinträchtigen können, ist lange bekannt. Bisher ungeklärt ist dagegen, wie sich die chronische Aufnahme kleiner Mengen bestimmter Wirkstoffe mit dem Trinkwasser auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Wichtig ist also ein verantwortungsvoller Umgang mit Arzneimitteln, damit möglichst wenige Rückstände in Kläranlagen herausgefiltert werden müssen bzw. ins Trinkwasser gelangen. Ein Beispiel für die erfolgreiche Reduk­tion von Arzneimittelrückständen im Abwasser ist das „Stockholmer Konzept“. Dabei werden den Ärzten mit einer „Weisen Liste“ Medikamente zur Therapie häufiger Krankheiten empfohlen, wobei in die Bewertung auch Umweltaspekte mit einfließen. Die Ärzte beachten diese Empfehlungen größtenteils, sodass die Wirkung durchaus positiv ist (siehe „Arzneimittelrückstände in der Umwelt: Das Stockholmer Konzept“ in DAZ.online, veröffentlicht am 10.05.2021). Um in Deutschland das Problem von Arzneimittelrückständen in der Natur weiter einzudämmen, setzt das Umweltbundesamt auf Apothekenmitarbeiter und ihre Beratungsqualitäten. Durch den direkten Kontakt zum Kunden ­bietet sich laut Umweltbundesamt die Möglichkeit, auch umweltrelevante Aspekte von Arzneimitteln in die Beratung einfließen zu lassen und somit zu weniger Arzneimitteln in der Umwelt beizutragen. Apotheker können z. B. Packungsgrößen empfehlen, die dem tatsächlichen Bedarf entsprechen, pflanzliche Alternativen anbieten oder Hinweise zur richtigen Entsorgung nicht aufgebrauchter Medikamente geben.

Buchtipp

Esther Luhmann (Hrsg.)

Die nachhaltige Apotheke – Klimawandel, Umweltschutz und Gesundheit

Von Florian Giermann / Gabriele Renner / 
Björn Schittenhelm

XVI, 214 S., 35 farb. Abb., 5 s/w Tab., 
17,0 × 24,0 cm

Kartoniert, 2022

Deutscher Apotheker Verlag

ISBN 978-3-7692-7809-5

Schnell und einfach bestellen:
Deutscher Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart, Tel. 0711 2582-353, Fax 0711 2582-290, service@deutscher-apotheker-verlag.de, www.deutscher-apotheker-verlag.de

Nachhaltige Partner für die Apotheke

Viele Apotheker werden sich fragen, wie sie sich zusätzlich zu all den neuen Herausforderungen im Apothekenalltag auch noch um das wichtige Thema Nachhaltigkeit kümmern sollen. Nun, vielleicht müssen Apotheken den ­Klimaschutz ja nicht unbedingt ganz alleine bewerkstelligen. Zum Glück gibt es einige Förderprogramme, die auch für Apotheken relevant sind und sich bestens mit dem Thema auskennen. Einige konkrete Partner für Apotheken seien hier genannt:

Um weltweit die Minderung von Emissionen voranzubringen, in klimafreundliche Technologien zu investieren und nachhaltige Entwicklung zu fördern, ist der Schulterschluss von privaten und öffentlichen Akteuren gefragt. Die relativ neue Stiftung „Allianz Entwicklung und Klima“ spiegelt dies wider (www.allianz-entwicklung-klima.de). Darin haben sich Städte, Apotheken, Fußball-Bundesligisten und globale Unternehmen wie Bosch, SAP und Volkswagen auf den Weg in Richtung Klimaneutralität begeben. In der Allianz kompensieren aktuell ca. 1100 Mitglieder den noch nicht vermeidbaren Anteil ihrer CO2-Emissionen mit zertifizierten Projekten in Entwicklungsländern, etwa Aufforstungen oder Solaranlagen.

Seit einiger Zeit hat auch Noventi den Umweltschutz zu einem wichtigen Maßstab für den Unternehmenserfolg gemacht. Dabei soll für Mitarbeiter, Geschäftspartner, Kunden und Nicht-Kunden des Münchener Abrechnungs- und Software-Dienstleisters der Weg hin zu mehr Klimaschutz geebnet werden. Teilnehmer der Initiative „Zeichen Setzen“ verpflichten sich, Maßnahmen vor Ort durchzuführen, und Noventi kompensiert im Gegenzug dazu den CO2-Ausstoß der jeweiligen Apotheke durch die Unterstützung verschiedener Klimaschutzprojekte.

Auch der Mittelstandsverbund hat mit seinem Qualifizierungsprogramm „Klimaprofi für den Mittelstand“ ein zukunftsweisendes Beratungsangebot ins Leben gerufen. Das innovative Pilotprojekt hat sein Ziel, 8200 Tonnen CO2 einzusparen, bereits Ende 2019 nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Mittelstandsverbund und der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumwelt­ministeriums (BMU) wird seit Mai 2020 unter dem Projektnamen „Klimaverbund“ weitergeführt. Bis zum Jahr 2023 sollen weitere „Klimaprofis“ qualifiziert werden, die kleine und mittlere Unternehmen in verschiedenen Branchen (z. B. auch Apotheken) in ganz Deutschland dabei unterstützen, sich für den Klimaschutz zu engagieren und damit fit für die Zukunft zu machen (www.klimaverbund-mittelstand.de/projekt).

Fazit: Die Apotheke vor Ort kann weitaus mehr, als ihre Kunden über gesundheitliche Folgen des Klimawandels zu beraten. Sie kann Vorbild sein und durch mehr Nachhaltigkeit mit gutem Beispiel in Sachen Gesundheitsschutz vorangehen. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich: zum Wohle der Mitmenschen, des eigenen Betriebes und der nachfolgenden Generationen. |

Apothekerin Dr. Irina Treede, Heidelberg

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