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Management

Vorsorgen für den Ernstfall

Wenn Apothekenleiter plötzlich ausfallen

Im Leben kommt es manchmal anders, als man denkt. Vorkehrungen für den eigenen Ausfall – aus welchem Grund auch immer – zu treffen, ist für selbstständige Unternehmer wie Apothekenleiter besonders wichtig. Denn als Chef trägt man eine große Verantwortung – sowohl für seine Familie als auch für seine Mitarbeiter und Kunden. Bei der Notfallvorsorgeregelung sind viele Aspekte zu bedenken.

Kommt es zu einem plötzlichen und längerfristigen Ausfall des Apothekenleiters und können bestimmte Angelegenheiten nicht mehr selbst vom Chef geregelt werden, so fällt eine wichtige Voraussetzung für das Fortbestehen der personengebundenen Betriebserlaubnis nach § 1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) weg. Zunächst ist dann zu klären, wer nach § 2 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) kurzfristig die Vertretung des Apothekenleiters übernimmt oder wer für eine Übergangsfrist von zwölf Monaten als Verwalter nach § 13 ApoG einspringt. Alternativ gibt es die Möglichkeit, einen Pachtvertrag abzuschließen oder Verhandlungen über den Verkauf der Apotheke zu führen.

Doch wer kümmert sich nun um all diese Dinge? Verantwortungsbewusste Apothekeninhaber sollten möglichst rechtzeitig eine Person bestimmen, die im Notfall die anstehenden Entscheidungen treffen darf und auch kann. Ein möglicher Zugriff auf alle wichtigen Unterlagen, Verträge, Schlüssel und Passwörter sollte dabei bereits im Vorfeld bedacht werden. Am sinnvollsten ist es, alle wichtigen Informationen in einem Ordner zusammenzufassen (siehe Literaturtipp).

Idealerweise gibt es zudem im Team mindestens eine fachkun­dige Person, die die wichtigsten ­Dinge im Blick hat und befugt ist, bestimmte Entscheidungen zu treffen, sodass der normale Apothekenbetrieb auch bei einem unerwarteten Ausfall des Chefs zuverlässig weiterläuft. Die Dienstpläne sind ggf. so anzupassen, dass die Öffnungszeiten möglichst weiterhin von den einzelnen Mitarbeitern abgedeckt werden können. Hier ist vor allem Flexibilität und Zuverlässigkeit des gesamten Teams gefragt – denn ein guter Zusammenhalt aller Betroffenen ist in Krisensituationen Gold wert.

Literaturtipp Notfallordner

Hannelore Eitel-Hirschfeld

Notfallordner – Notfall­vorsorge für Ihre Apotheke

130 S., Formulare auch auf Online-PlusBase, 21,0 × 29,7 cm

1 Band, Ringordner, zur Fortsetzung

2021 Deutscher Apotheker Verlag

ISBN 978-3-7692-7656-5

service@deutscher-apotheker-verlag.de 

Problemfall Chefvertretung

Für viele unerwartete und plötzlich eintretende Situationen durch einen Krankheits- oder Unglücksfall des Apothekenleiters ist zunächst eine fachlich einwandfreie Vertretung wichtig, insbesondere, wenn eine längere Krankheits­phase möglicherweise in eine Berufsunfähigkeit mündet. In diesem Fall ist häufig nicht gleich klar, wie es weitergeht und ob eventuell der Verkauf des Geschäftes die bessere Lösung wäre. Mit einer professionellen Vertretungslösung können zunächst alle Probleme für den Fortbestand des Unternehmens ganz in Ruhe überlegt und geregelt werden. Ideal ist natürlich, wenn ein Apotheker innerhalb des Teams hierfür zur Verfügung steht. Für die Vertretung durch externe Fachleute können einerseits Stellenanzeigen in der (Online-) Fachpresse oder auch Zeitarbeitsfirmen genutzt werden. Doch auf die Schnelle eine kompetente Chef-Vertretung zu finden, ist in Zeiten des anhaltenden Fachkräftemangels in den Gesundheitsberufen sicherlich keine einfache Angelegenheit. Ein gut funktionierendes und selbstverantwortlich arbeitendes Apothekenteam ist für diese Ausnahme­situation unerlässlich.

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Nur selten drapiert sich Ungemach so auffällig, meist trifft es einen aus dem Nichts. Hand aufs Herz: Haben Sie alles dafür getan, dass die Apotheke von heute auf morgen auch ohne ihren Leiter funktionieren kann?

Finanzielle Absicherung

Dazu kommt die Frage der finanziellen Absicherung. So muss bei längerer Krankheit die Vertretung finanziert bzw. der eigene Verdienstausfall kompensiert werden. Dies kann man mit entsprechenden Versicherungen abdecken. Für den Fall, dass es zu einer Berufsunfähigkeit kommt, kann es sinnvoll sein, die Leistungen des Versorgungswerkes durch eine weitere Versicherung auf­zustocken. In einer der nächsten Ausgaben der AZ wird dieser Aspekt ausführlich beleuchtet.

An eine Vorsorgevollmacht denken

Besonders als Unternehmer ist es unabdingbar, Vorkehrungen für den eigenen Ausfall zu treffen. Es gilt, die Handlungsfähigkeit sowohl privat als auch geschäftlich abzusichern – nicht nur für den Todesfall, sondern auch für schwere Krankheiten oder Unfälle, die dazu führen können, dass es zu einem plötzlichen längerfris­tigen Ausfall kommt. Erhebliche Folgen für die Apotheke und den Apothekenleiter selbst hat es, wenn eine entsprechende Vorsorgevollmacht fehlt. Idealerweise sollte also rechtzeitig eine vertraute Person ausgewählt werden, die eine Vorsorgevollmacht erhält und im Falle eines Falles die wichtigsten oder auch alle Angelegenheiten eigenverantwortlich entscheiden kann. Eine zusätz­liche Vereinbarung stellt sicher, dass von der Vorsorgevollmacht erst Gebrauch gemacht werden darf, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist zu entscheiden. Der Bevollmächtigte kann dann eigenverantwortlich handeln und das Gericht wird nur ein­geschaltet, wenn es zur Über­wachung des Bevollmächtigten notwendig ist. Hierdurch wird die Auswahl eines Betreuers durch das Betreuungsgericht gegebenenfalls überflüssig, da eine Vollmacht gegenüber der Betreuung nach § 1896 Abs. 2 Bürger­liches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich vorrangig ist.

Um eventuellen Zweifeln hinsichtlich der Echtheit und Wirksamkeit der Vollmacht zu begegnen, kann man diese notariell beurkunden lassen. Oder man lässt die Echtheit der Unterschrift mit einer öffent­lichen Beglaubigung bestätigen. Hierzu ist auch die Betreuungsbehörde befugt. Wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass die Vorsorgevollmacht auch sofort zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird. Die Tatsache der Vorsorgebevollmächtigung und den/die Namen der bevollmächtigten Person/en können auch beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer re­gistriert werden. Hinweise und Antragsformulare finden sich unter www.vorsorgeregister.de.

Kreditinstitute prüfen das Vorliegen einer wirksamen Vollmacht zur Vornahme von Bankgeschäften übrigens besonders streng, um sich und ihre Kunden vor einem missbräuchlichen Zugriff auf das Guthaben zu schützen. Denn bei der Vorlage einer handschriftlichen Vollmacht ist häufig nicht klar ersichtlich, ob die Unterschrift echt ist und der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt der Unterschrift geschäftsfähig war. Empfehlenswert ist daher, zur Erteilung einer Konto-/Depotvollmacht die Bank in Begleitung der zu bevollmächtigenden Person persönlich aufzusuchen.

Betreuungsverfügung als Alternative?

Eine Alternative hierzu ist, mit einer Betreuungsverfügung im Voraus festzulegen, wer vom Betreuungsgericht ausgewählt werden soll, wenn es ohne rechtliche Betreuung nicht weitergeht. Ebenfalls kann man bestimmen, wer als Betreuer auf gar keinen Fall infrage kommt. Das Betreuungsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch ­geregelt. Von ihm sind generell ­erwachsene Menschen betroffen, die wegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst entscheiden und erledigen können. Diese Situation kann aber nicht nur aufgrund einer Krankheit eintreten, sondern zum Beispiel auch durch einen Unfall, in dessen Folge die betroffene Person ganz oder teilweise handlungsunfähig wird. In diesen Fällen kann die Bestellung eines rechtlichen Betreuers erforderlich sein. Das Betreuungsrecht gewährt den Betroffenen den notwendigen Schutz und die erforderliche Fürsorge und erhält ihnen zugleich ein größtmögliches Maß an Selbstbestimmung. Bei einer Betreuungsverfügung sind zusätzlich inhaltliche Vorgaben zu besonderen Wünschen oder Gewohnheiten – auch für den Pflegefall – möglich.

Exkurs: Patientenverfügung

Möchte man verhindern, dass in gesundheitlichen Fragen andere für einen entscheiden, wenn man dazu selbst nicht mehr in der Lage ist, sollte man in einer detaillierten Patientenverfügung möglichst rechtzeitig festlegen, ob und in welchen Fällen man medizinische Maßnahmen wünscht oder lieber darauf verzichtet. Damit kann man im Wege der Vorsorge Bestimmungen für spätere ärztliche Behandlungen treffen und so das Selbst­bestimmungsrecht wahren. Dem Bundesgerichtshof (BGH) zufolge muss eine solche Patien­ten­ver­fügung allerdings strenge verbindliche Anforderungen erfüllen. Vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) gibt es dazu entsprechende Broschüren und Formulare, die den persönlichen Bedürfnissen angepasst werden können (www.bmjv.de).

Liegt eine Patientenverfügung vor, hat der Arzt zu prüfen, ob diese Festlegung auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Ist dies der Fall, so hat er die Patientenverfügung unmittelbar umzusetzen, eine Einwil­ligung des Betreuers bzw. Bevollmächtigten ist nicht erforderlich, da diese Entscheidung selbst in einer alle Beteiligten bindenden Weise getroffen wurde. Dem Betreuer bzw. Bevollmächtigten obliegt es in diesem Fall nur noch, dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Zu den Festlegungen in der Patientenverfügung kann man sich von einem Arzt seines Vertrauens beraten lassen. Dieser kann ebenfalls bestätigen, dass man bei Abgabe der Erklärung einwilligungsfähig war. Eine solche Bestätigung ist jedoch keine zwingende Voraussetzung für die wirksame Errichtung einer Patientenverfügung.

Fazit: Kaum jemand befasst sich gerne damit, dass einmal der Ernstfall eintreten könnte. Dennoch sollte man sich gerade als Apothekenleiter die Zeit nehmen, entsprechende Vorkehrungen zu treffen und diese ggf. mit dem Partner, den Kindern und eventuell auch einem vertrauten Mitglied aus dem Apothekenteam zu besprechen. Denn sollte der Chef wirklich unerwartet ausfallen, dann dürften die Angehörigen und die Mitarbeiter dankbar sein, wenn alles so geregelt ist, dass es in der Apotheke erst einmal weitergehen kann. |

Apothekerin Dr. Irina Treede, Heidelberg

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