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Management
Digitale Fürsorge
Warum Medienkompetenz im Alltags- und im Berufsleben immer wichtiger wird
Wir müssen uns ständig weiterentwickeln und Neues dazulernen. Klingt anstrengend – birgt aber viele Chancen. Ohne Internet geht aktuell kaum noch etwas. Durch die Corona-Krise verbringen wir mehr Zeit denn je vor Bildschirmen. Immer mehr Berufstätige fühlen sich durch die überwältigende Informationsflut und die zunehmende Digitalisierung gestresst. Deshalb ist es wichtig, die Kompetenz im Umgang mit digitalen Technologien zu erhöhen. Es existieren viele verschiedene Definitionen und Modelle von Medienkompetenz. Die meisten drehen sich um das Wissen über Medien und ihre Funktionsweisen sowie um ein kompetentes, selbstbestimmtes Handeln mit Medien aller Art. Besonders dem kritischen Umgang mit digitalen Medien wird immer mehr Beachtung geschenkt. Arbeitgeber und Führungskräfte sollten sicherstellen, dass ihre Beschäftigten sich in der digitalen Welt zurechtfinden. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter fit machen für das digitale Zeitalter. Bestehende Defizite wurden besonders während der Corona-Pandemie deutlich. Dabei eröffnen digitale Formate wie z. B. Online-Fortbildungen viele neue Möglichkeiten, Mitarbeiter gezielt auch zu Hause zu qualifizieren. Im vergangenen Jahr gab es eine Rekordbeteiligung bei Online-Seminaren zur beruflichen Fortbildung. Das digitale Lernen eröffnet auch im Gesundheitsbereich neue Chancen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Doch Vorsicht: Nicht nur für Kinder können die neuen Medien gesundheitsgefährdend sein. Auch für Erwachsene können die ständige Erreichbarkeit und die unglaubliche Menge an Informationen im Internet zum Problem werden. Digitale Auszeiten, um den Alltag zu entschleunigen, sind heute für die mentale und körperliche Gesundheit notwendiger denn je. Besonders während der Corona-Pandemie kommt durch Homeschooling, Homeoffice und fehlende Sozialkontakte häufig die Bewegung zu kurz. Das ständige Sitzen vor einem PC ist ungesund, Haltungsprobleme, Gelenk-, Nacken- und Kopfschmerzen, aber auch Sehstörungen können sich entwickeln. Hier gilt es, rechtzeitig gegenzusteuern und regelmäßig auch mal „offline“ zu sein, um z. B. bei einem entspannenden Waldspaziergang den Kopf wieder freizubekommen.
Vorsicht vor Reizüberflutung
Wie kein anderes Organ passt sich das Gehirn unseren Lebensumständen an. Auf diese Weise kann der Mensch optimal mit neuen Herausforderungen zurechtkommen. So wirkt sich die regelmäßige Nutzung digitaler Medien bei Kindern und Jugendlichen nachweislich auf die Entwicklung des Gehirns aus: Es zeigen sich Veränderungen im sensomotorischen Cortex des Gehirns. Dieser ist interessanterweise unter anderem für die Regulierung der Daumenbewegung sowie für die Verarbeitung optischer Reize zuständig. Untersuchungen haben ergeben, dass diese Hirnregion bei Kindern und Jugendlichen immer größer wird. Die Folge: Der Generation der Digital Natives fällt etwa das Tippen auf dem Smartphone oder Tablet deutlich leichter als den Menschen, die erst im späteren Lebensalter den Umgang mit einem Touchscreen erlernt haben. Zudem können junge Leute viel schneller optische Eindrücke wahrnehmen und auf bildliche Reize reagieren.
Allerdings bleibt gleichzeitig der Arbeitsspeicher des Gehirns unverändert und auch die Verarbeitung der Information geht nicht rascher als früher. Während ein Computer mehrere Dateien gleichzeitig bearbeiten kann, ist und bleibt die menschliche Fähigkeit zum Multitasking begrenzt. Damit das Gehirn nicht völlig überflutet wird, müssen wir unsere Aufmerksamkeit immer wieder auf bestimmte Reize fokussieren und möglichst alle anderen Störimpulse ausblenden, was sich besonders im turbulenten Berufsalltag als schwierig erweist. Hierbei spielt der präfrontale Cortex als oberste Steuerzentrale des Gehirns eine wichtige Rolle. Er leitet Aufmerksamkeitsprozesse, Emotionen und Verhalten. Er hilft uns, Dinge zu planen und Probleme zu lösen. Ausgerechnet auf den Auf- und Ausbau dieser Region scheint die Reizüberflutung durch intensiven Medienkonsum jedoch gravierende Auswirkungen zu haben. Je intensiver digitale Medien genutzt werden, umso deutlichere Defizite zeichnen sich ab. Als Kehrseite der „neuronalen Plastizität“, wie Fachleute die Anpassungsfähigkeit des Gehirns nennen, bilden sich zudem andere Fähigkeiten zurück, die nicht genutzt werden. Der Neurowissenschaftler Professor Dr. Manfred Spitzer bezeichnet dieses Phänomen als „digitale Demenz“. „Wenn wir unsere Hirnarbeit auslagern, lässt das Gedächtnis nach“, so der Wissenschaftler.
Digitalisierung spart Zeit und Kosten
Selbstverständlich bringt die zunehmende Nutzung digitaler Medien nicht nur Nachteile, sondern auch erhebliche Vorteile mit sich. Dank innovativer digitaler Anwendungen lassen sich viele Prozesse in Unternehmen vereinfachen. Wie unverzichtbar die Digitalisierung des Gesundheitssystems ist, wurde schon vor der Corona-Pandemie – nicht nur vom Bundesgesundheitsminister – immer wieder betont. Mit dem kürzlich im Bundestag verabschiedeten Digitalen-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungsgesetz (DVPMG) wurde das nächste Digitalisierungspaket von Jens Spahn auf den Weg gebracht.
Gerade in Apotheken und Arztpraxen läuft aktuell noch vieles auf relativ veralteten und langsamen Kommunikationswegen: per Fax oder Post. Wesentlich einfacher, schneller und kostensparender kann zukünftig vieles über die Telematikinfrastruktur (TI) per KIM – dem Fachdienst „Kommunikation im Medizinwesen“ – erledigt werden. Mithilfe von KIM lassen sich Nachrichten und Dokumente per E-Mail sektorenübergreifend und flächendeckend in Deutschland austauschen, z. B. von der Arztpraxis zu der Apotheke, was zu enormen Einsparungen an Briefporto und Papier führt. Durch die direkte Vernetzung aller Nutzer können verschlüsselte Nachrichten und Dokumente sicher verschickt werden. Bei einer von der gematik garantierten Vertraulichkeit soll somit eine qualifizierte Signierung und Versendung von Dokumenten mit dem elektronischen Heilberufsausweis möglich werden. Millionen von Arztbriefen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie Heil- und Kostenplänen können sekundenschnell und portofrei per KIM verschickt werden – mit dem Ziel, alles einfacher und transparenter zu machen.
Einen weiteren großen Schritt in Richtung Digitalisierung im Gesundheitswesen geht das E-Rezept. Ab Juli können GKV-Versicherte in ausgewählten Arztpraxen und Apotheken in der Fokusregion Berlin/Brandenburg per E-Rezept mit ihren Arzneimitteln versorgt werden – sofern bis dahin alle technischen Voraussetzungen geschaffen wurden. In dieser Region läuft seit 2020 bereits ein E-Rezept-Modellprojekt im Rahmen der Zukunftsregion Digitale Gesundheit. Der Test soll drei Monate dauern, im vierten Quartal wird der bundesweite Roll-out anvisiert.
Ergänzend zum E-Rezept ist ein vereinfachter Zugang der GKV-Versicherten zur geplanten staatlichen E-Rezept-App zur Rezept-Weiterleitung geplant. Die Versicherten können den Code für den Zugriff auf die zentral gespeicherten E-Rezepte entweder digital per Smartphone an eine Apotheke ihrer Wahl weiterleiten bzw. dort vorzeigen oder der Arzt kann den Code ausdrucken und dem Patienten zur Einlösung in der Apotheke mitgeben. Verlorene oder unlesbare Papierrezepte sollen mit Start des E-Rezeptes der Vergangenheit angehören. Von der Verschreibung beim Arzt bis zum Erhalt des Medikamentes soll zukünftig alles digital funktionieren. In Apotheken beschleunigt und automatisiert das E-Rezept nach gematik-Angaben administrative Vorgänge und verhindert Fehler beim Scannen oder bei der manuellen Nachbearbeitung der Kassenrezepte.
Ab dem 1. Januar 2022 wird das E-Rezept Pflicht für alle Ärzte mit Kassenzulassung und alle Apotheken in Deutschland. Für einen möglichst reibungslosen Übergang zum E-Rezept sind Mitarbeiterschulungen für das Apothekenpersonal unerlässlich. Allen Beteiligten sollte die Gelegenheit gegeben werden, sich mit der neuen Technik und den damit verbundenen Vorteilen vertraut zu machen. Denn auch wenn das E-Rezept den Apothekenmarkt nachhaltig verändern wird, darf man nicht vergessen, dass Apotheker in den Vor-Ort-Apotheken auch weiterhin eine zentrale Rolle in der Überwachung der Arzneimitteltherapiesicherheit einnehmen.
Tipps zum sicheren Umgang
Ist man nicht zu Hause, schließt man Türen und Fenster. Darüber denken wir kaum noch nach, so selbstverständlich ist es für uns. Aber warum gehen wir mit unseren digitalen Türen und Fenstern oft leichtsinnig um und riskieren damit, dass unsere Privatsphäre durch Unbefugte betreten wird? Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat auf seiner Homepage hilfreiche Empfehlungen und Hinweise für einen sicheren Umgang mit dem Internet sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher zusammengestellt (www.bsi.bund.de). Zum kostenfreien Informationsangebot gehören auch aktuelle Sicherheitshinweise zu Viren, Würmern und Sicherheitslücken.
Internet-Tipp
Umfangreiche Informationen zum sicheren Umgang mit digitalen Medien finden Sie auf der Website des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik unter www.bsi.bund.de.
Speziell an Unternehmen richtet sich die Allianz für Cyber-Sicherheit, nähere Informationen hierzu unter www.allianz-fuer-cybersicherheit.de, von wo aus man direkt auf die entsprechende Webseite des BSI geleitet wird. Zahlreiche Tipps zur Verbesserung der digitalen Kompetenz von Verbrauchern finden sich zudem unter www.cyberfibel.de.
Durch die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft entstehen immer neue IT-Anwendungen für unseren Alltag. Möglicherweise sind in Zukunft viele Dinge nur noch digital zu erledigen. Doch nicht jeder geht gleichermaßen routiniert mit dieser stetig weiterentwickelten Technik um. Für viele Menschen ist bereits die sichere Inbetriebnahme eines Smartphones eine echte Herausforderung, andere sind fast ununterbrochen online und mit allen Technologien bestens vertraut. Das Kompetenzlevel mag höchst unterschiedlich sein, Gedanken über einen sicheren Umgang sollte sich jeder machen – im besten Fall bevor etwas passiert. Man muss kein Experte für IT-Sicherheit sein, um ein paar Grundregeln im verantwortungsbewussten Umgang mit Online-Diensten und internetfähigen Geräten zu beachten. Ausreichend starke und komplexe Passwörter und wenn möglich eine Authentifizierung mit einem zweiten Faktor sind dabei elementar wichtig. Besonders bei der Kommunikation per E-Mail sollte es selbstverständlich sein – sowohl im privaten Bereich als auch am Arbeitsplatz –, immer den Absender, den Betreff sowie Anhänge und Verlinkungen auf ihre Vertrauenswürdigkeit zu prüfen.
Fazit
Der digitale Wandel ist allgegenwärtig. Um für den richtigen Umgang mit digitalen Medien sowohl im Berufsleben als auch im privaten Bereich gut gerüstet zu sein, ist eine ständige Fortbildung auf dem Gebiet der Medienkompetenz unerlässlich. Ein kritischer Umgang mit all den Informationen aus dem Internet und mit „Fake News“ ist heute wichtiger denn je. Unsere Gesellschaft muss sowohl die gesundheitlichen als auch die sicherheitsrelevanten Risiken der Digitalisierung neben all den daraus entstehenden Vorteilen ernst nehmen und darf neben der verlockenden digitalen Welt die Realität nicht aus den Augen verlieren. |
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