Rezension

Das Lehrbuch der pharmazeutischen Biologie

Neuauflage der „Biogenen Arzneimittel“

Erkenntnisgewinn und Innovationen im Bereich der biogenen Arznei­mittel haben in den letzten Jahren immens zugenommen. Und so kommt die achte Auflage des Lehrbuchklassikers „Biogene Arzneimittel“ – acht Jahre nach der Vorgängerversion – genau zur rechten Zeit. Mehr denn je prägen beispielsweise Biologika unser Arzneimittelrepertoire und erlauben durch spezifischen Eingriff ins Krankheitsgeschehen therapeu­tische Erfolge, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wären. Auch ist ein fundiertes Verständnis immunologischer Prozesse und der Impfstoffentwicklung angesichts altbekannter (Masern) und neuartiger (SARS-CoV-2, Ebola) Infektions­er­reger von brisanter Aktualität.

Moderne Wissenschaft

Nicht nur in den Errungenschaften gentechnisch hergestellter Arzneistoffe, sondern auch am großen Spektrum und therapeutischen Potenzial klassischer Drogen und -zubereitungen sowie im Bereich der Antibiotikatherapie zeigt sich, dass die pharmazeutische Biologie eine moderne und komplexe Wissenschaft ist. Die enorme wissenschaftliche Breite und das therapeutische Potenzial biogener Arzneistoffe wird vom Autoren-Trio (E. Teuscher, U. Lindequist und M. F. Melzig, unter Mitarbeit von E. Langner, T. Niedermeyer und A. Weng) gekonnt auf fast 900 Seiten dargelegt. Aktuellstes Beispiel der Bedeutung klassischer Drogen ist wohl die seit Kurzem zugelassene medizinische Anwendung von Cannabispräparaten. In den meisten Apotheken wird deren Nutzenbewertung und die anspruchsvolle Anfertigung als Rezepturarzneimittel heißer Diskussionsgegenstand gewesen sein. Auch das neu enthaltene Kapitel zur traditionellen chinesischen Medizin (TCM) zollt der Entwicklung auf diesem Gebiet Respekt und liefert einen ersten Überblick.

Klarer Aufbau

In den nach Stoffgruppen gegliederten Kapiteln folgen nach der für das Grundverständnis erforderlichen Darstellung der Chemie und Biogenese biogener Arzneistoffe detailreiche und interessante Aspekte zu Verbreitung, Pharmakologie, Bedeutung als Therapeutika und zuweilen auch zur Toxikologie. Jedem Unterkapitel ist eine eingerahmte Zusammenfassung vorangestellt, die dem Leser die wichtigsten Inhalte vermitteln. Auch die Drogen-Monographien sind innerhalb des Textes durch Einrahmung klar her­vorgehoben und beschreiben Stammpflanze, wichtigste Inhaltsstoffe, Wirkspektrum und Anwendungs­gebiete sowie, falls vorhanden, die Klassifizierung des Wirksamkeitsnachweises gemäß HMPC oder ESCOP.

Hätten Sie’s gewusst?

Den Autoren gelingt es immer wieder, für einige Aha-Effekte zu sorgen. Bekannt ist zum Beispiel, dass der als Überzug magensaftresistenter Dragees beliebte Schellack aus dem Exkret der weiblichen, befruchteten Lackschildlaus gewonnen wird. Wer hätte aber gedacht, dass die Tiere eine bis zu einen Zentimeter dicke Exkretschicht auf den von ihnen bewohnten Zweigen absondern, zum Eigenschutz und des ihrer Eier vor Witterungseinflüssen und Feinden? Interessant ist auch, dass die grünen unreifen Fruchtschalen der Walnuss Naphthochinonderivate enthalten, die die Hände des Gartenfreundes dunkel färben, aber auch aufgrund dieser Eigenschaft seit fast 100 Jahren in Form von „Nussöl“ in Selbstbräunern ein­gesetzt werden. Oder wissen Sie noch, wofür das × in Mentha × piperita steht?

Empfehlung

Das vorliegende Werk eignet sich durch die didaktisch hervorragende Präsentation der allermeisten Lehrinhalte der pharmazeutischen Biologie nicht nur als Lehrbuch für Studierende der Pharmazie und Interessierte verwandter Wissenschaften, sondern auch als umfassendes Nachschlagewerk für Apotheker. Äußerst hilfreich ist auch das im Anhang befindliche Indikationsverzeichnis sowie die umfangreiche Auflistung weiter­führender Literatur. |

Apothekerin Verena Stahl

200

Biogene Arzneimittel

Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie

Von Eberhard Teuscher, Ulrike Lindequist und Matthias F. Melzig
Unter Mitarbeit von Elke Langner, Timo Niedermeyer und Alexander Weng

8., überarbeitete und erweiterte Auflage, XXIV, 898 S., 234 farb. Abb., 22 farb. Tab., 17,0 × 24,0 cm, gebunden, 67,80 Euro
ISBN 978-3-8047-3607-8
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2020

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