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AOK verschärft Auflagen für Rabattverträge

Neue Vorrats-, Produktions- und Umweltauflagen – Exklusivverträge bleiben Normalfall

ks | Angesichts anhaltender Arzneimittel-Lieferengpässe und der Abhängigkeit Europas von Drittländern will die Bundesregierung ihre EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzen, die Arzneimittel-Lieferketten in Europa sicherer zu machen. Die AOKen sind nun auf diesen Zug aufgesprungen. Sie haben angekündigt, die Voraussetzungen für ihre Rabattverträge zu verschärfen – und zwar schon in ihrer jetzt angelaufenen 24. Ausschreibung bundesweiter Generika-Rabattverträge.

Arzneimittelhersteller, die Rabattpartner der Ortskrankenkassen werden wollen, müssen künftig strengere Auflagen erfüllen. Das verkündete am vergangenen Montag Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und bundesweiter Verhandlungsführer für die AOK-Arzneimittelrabattverträge, anlässlich der jüngsten AOK-Ausschreibung für Rabattverträge, die am 1. Juni 2021 in Kraft treten sollen.

Anreize für Hersteller nötig

„Die Corona-Pandemie zeigt überdeutlich, wie sehr die Arzneimittelversorgung in Europa von den weltweiten, krisenanfälligen Produktions- und Lieferketten der global aufgestellten Pharmaindustrie abhängig ist“, er­klärte Bauernfeind in einer Presse­mitteilung. Die AOKen begrüßten daher das Ziel der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die Liefersicherheit wichtiger Medikamente in der EU zu stärken. Um das zu erreichen, brauche es allerdings Anreize, an denen die Arzneimittelhersteller nicht vorbei können. Während manch einer dabei an wirtschaftliche Anreize denkt, die die Produktion nach Europa zurück­locken sollen, oder an eine Abkehr von exklusiven Rabattverträgen, hat die AOK jedoch anderes im Sinn.

Neue Ausschreibung, neue Bedingungen

Auch in der jüngsten Ausschreibung, die 119 Wirkstoffe in 120 Fachlosen umfasst, will die AOK 98 exklusiv und nur 22 im Mehrpartnermodell vergeben. Doch die Hersteller werden ab sofort vertraglich verpflichtet, als Absicherung gegen Produktions- oder Lieferausfälle dauerhaft Arzneimittelreserven für drei Monate anzulegen. Erst im letzten Vertragsquartal dürfe dieser Lagerbestand aufgebraucht werden, heißt es in der Pressemeldung der Kasse.

Zudem wollen die AOKen einen Beitrag leisten, die auf Kosten der Menschen und der Umwelt etablierten Angebotsvorteile durch klare Haftungsregelungen abzubauen: Wolle ein Unternehmen einen Rabattvertrag mit der AOK schließen, müsse es zukünftig sicherstellen, dass weder seine eigene Produktion noch die seiner Zulieferer die Gesundheit der Beschäftigten oder die Umwelt gefährden. „Kurz gesagt: Wer nicht liefert oder die vor Ort geltenden Arbeitsschutz- oder Umweltstandards nicht einhält, riskiert, den laufenden Vertrag unmittelbar zu verlieren und seine Chancen mit Blick auf künftige Ausschreibungen aufs Spiel zu setzen“, so Bauernfeind.

Antibiotika-Ausschreibung mit noch höheren Anforderungen

Die AOKen sind überzeugt, dass Arzneimittelrabattverträge „ein starkes und in dieser Form derzeit einzigartiges Steuerungsinstrument“ sind. Mit den veränderten Auflagen werde es nun gezielt in Richtung Versorgungssicherheit weiterentwickelt. Bauernfeind kündigte überdies eine Ausschreibung zu fünf antibiotischen Wirkstoffen an. Diese ist noch in Vorbereitung, doch hier will man noch höhere Hürden stellen: In den Blick nehme man dabei „marktnahe Produktionsstätten sowie weitere Umweltaspekte“, hieß es auf Nachfrage bei der AOK Baden-Württemberg.

Bauernfeind setzt zudem weiterhin auf politische Initiative während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die Pharmaunternehmen in die Pflicht zu nehmen. „Es muss dort im Interesse der Versicherten darum gehen, die marktnahe Produktion durch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen umweltgerecht zu fördern“. |

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