Arzneimittel und Therapie

Unterstütztes Spritzen

Wie Methotrexat-Fertigpens angewendet werden

mp | Methotrexat in niedriger Dosierung stellt nach wie vor das Mittel der Wahl zur Basistherapie der rheumatoiden Arthritis dar. Die ­Behandlung kann oral oder durch Injektion erfolgen. Fertigpens bringen eine Reihe von Vorteilen mit sich. Neben dem Metex®-Pen ist seit Januar 2020 mit dem Nordimet®-Pen auch eine „tastenlose“ Alternative erhältlich.

Methotrexat wurde in der Europäischen Union in den 1960er-Jahren erstmals für die Chemotherapie unterschiedlicher Krebserkrankungen zugelassen. Heute wird der Wirkstoff in niedriger Dosierung auch bei Autoimmunerkrankungen angewendet, unter anderem bei rheumatoider Ar­thritis, Psoriasis vulgaris und Morbus Crohn. Im Rahmen einer zytostatischen Therapie wird Methotrexat in Dosierungen zwischen 1 und 20 g täglich appliziert, bei Autoimmunerkrankungen wird hingegen eine Anfangsdosis von 7,5 mg wöchentlich verwendet. Bei guter Verträglichkeit kann diese um jeweils 2,5 mg pro Woche ­gesteigert werden. Eine wöchentliche Dosis von 25 mg sollte in der Regel nicht überschritten werden. Die Wirkung von Methotrexat beruht auf seiner strukturellen Ähnlichkeit zur Fol­säure (siehe Kasten „Wie wirkt Methotrexat?“). Um gastrointestinale und hepatische Nebenwirkungen der Behandlung zu mildern, sollten einen Tag nach der Applikation 5 bis 10 mg Folsäure eingenommen werden.

Foto: Nordic Pharma GmbH

Abb. 1: Mit dem Nordimet®-Fertigpen wird die erforderliche Dosis automatisch bei erhöhtem Druck auf die Injektionsstelle appliziert.

Während bei der Hochdosistherapie von Krebspatienten die Dosierung anhand der Körperoberfläche berechnet wird und die Zubereitungen patientenindividuell hergestellt werden, sind für den Einsatz von Methotrexat als Immunmodulator zahlreiche Fertigarzneimittel im Handel erhältlich, neben Tabletten auch parenterale Zubereitungen. Da Methotrexat bei verschiedenen Patienten unterschiedlich gut aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert wird, ergeben sich stark schwankende Werte in der Bioverfügbarkeit (von 25% bis 100%). Aus diesem Grund ist die parenterale Gabe meist besser wirksam. So wird auch in der aktuellen S2e-Leitlinie „Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten“ empfohlen, die Therapie mit parenteralem Methotrexat zu beginnen. Trotzdem werden zahlreiche Patienten mit oralem Methotrexat behandelt. Daher wird in der Leitlinie dazu angeraten, nach einem Nichtansprechen auf die Therapie zunächst auf parenteral appliziertes Methotrexat zu wechseln, bevor ein Wirkstoffwechsel erwogen wird. Auch dürfte bei injizierbarem Methotrexat die Wahrscheinlichkeit für Fehldosierungen weitaus geringer liegen als bei der oralen Formulierung. Immer wieder wird über Vorfälle berichtet, bei denen die Tabletten nicht wie vorgesehen einmal wöchentlich, sondern täglich eingenommen wurden, zum Teil mit tödlichem Ausgang. Erst Ende November 2019 machten pharmazeutische Hersteller mit einem Rote-Hand-Brief erneut auf dieses schwerwiegende Problem aufmerksam.

Wie wirkt Methotrexat?

Der Folsäure-Antagonist Methotrexat unterscheidet sich nur geringfügig von Folsäure. Wie Folsäure bindet es an die Dihydrofolsäure-Reduktase und verhindert so, dass das natürliche Substrat zur Tetrahydrofolsäure reduziert wird. Tetrahydrofolsäure dient als wichtiger Überträger von Kohlenstofffragmenten auf Nucleinsäurebausteine. Gleichzeitig wird die Bildung von DNA-Basen gehemmt, indem Methotrexat zusätzlich die Thymidilat-Synthase inhibiert. Mithilfe dieser Mechanismen bremst der Arzneistoff die Replikation des Erbguts. Diese zytostatische Wirkung wird in der Tumortherapie genutzt. Doch auch für die Proliferation von T-Lymphozyten müssen die Zellen Nucleinsäurebausteine zur Verfügung stellen. T-Lymphozyten sind maßgeblich an der Aktivierung verschiedener immunologischer Abwehrmechanismen beteiligt. Ihre schnelle Vermehrung spielt bei der Entstehung zahlreicher Autoimmunerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis eine entscheidende Rolle. Wird ihre Aktivierung und Verbreitung gehemmt, kann das Ausmaß der Entzündungsreaktion gemildert werden. So kann Methotrexat angewendet werden, um destruktive entzündliche Prozesse aufzuhalten.

Methotrexat zum Spritzen

Die parenterale Anwendung von Methotrexat als Basistherapeutikum erfolgt über die subkutane Injektion mit Fertigspritzen oder Fertigpens. Darüber hinaus können Fertigspritzen von Pflegekräften oder Ärzten intramuskulär oder intravenös verabreicht werden. Fertigspritzen enthalten Metho­trexat-Lösung in einer definierten Menge. Vor der Applikation muss zunächst die Schutzkappe entfernt und die Nadel mit deren Schutzhülle senkrecht auf die Spritze gesetzt werden. Nun wird die Schutzhülle der Nadel entfernt, ohne dass die Finger die Nadel berühren. Dann kann der Arzneistoff ins Unterhautfettgewebe injiziert werden, indem die Spritze in eine Hautfalte gestochen und der Stempel langsam heruntergedrückt wird. Die Anwendung von Fertigspritzen erfordert ein hohes Maß an Koordination. Die Arzneimitteltherapiesicherheit ist eingeschränkt, da Patienten den Wirkstoff leicht in eine falsche Hautschicht applizieren können. Außerdem besteht durch die offene Nadel eine erhöhte Verletzungsgefahr. Für viele Patienten geht die Selbstinjektion mit einer starken psychischen Belastung einher, wenn sie wie bei Fertigspritzen direkt mit der Nadel konfrontiert werden.

Bei Fertigpens handelt es sich um einfach zu handhabende Injektionssysteme in Form eines „dicken Kugelschreibers“. Anders als bei Spritzen wird die Wirkstofflösung nicht durch den Druck des Anwenders auf den Kolben appliziert. Nach der Aktivierung injiziert der Pen eine voreingestellte Dosis. Die Verletzungsgefahr ist beim Pen geringer, da die Nadel vor und nach der Injektion vom Nadelschutz umgeben wird. Zur Injektion von Methotrexat stehen auf dem deutschen Markt zahlreiche Fertigspritzen sowie zwei Fertigpens zur Verfügung: der Metex®-Pen der Medac GmbH sowie der Nordimet®-Fertigpen von Nordic Pharma (Abb. 1). Zusätzlich wird in einigen europäischen Ländern (unter anderem in der Schweiz, Niederlande, Großbritannien) der Metoject® Pen vertrieben. Der in den USA verbreitete Methotrexat-Pen Rasuvo® wird ebenfalls von Medac produziert und stellt das amerikanische Analogon zum Metex®-Pen dar.

Probleme mit der Fertigspritze Trexject®

Wie komplikationsanfällig der Umgang mit Fertigspritzen ist, verdeutlichte eine Meldung der Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker (AMK) vom 10. März 2020. Seit April 2018 waren bei der AMK 19 Meldungen zu Arzneimittelrisiken allein im Zusammenhang zur Fertigspritze Trexject® eingegangen. Da bei diesem Produkt im Unterschied zu vielen anderen Methotrexat-Fertigspritzen die Kanülen auf die Spritzen geschraubt und nicht gesteckt werden mussten, klagten selbst erfahrene Patienten über Schwierigkeiten beim Umgang mit Trexject®. Die AMK berichtete über Stichverletzungen und Kont­aminationen der Haut und der Umgebung mit dem Wirkstoff. Auch kritisierte sie den Begriff „Fertigspritze“. Die Bezeichnung „vorgefüllte Spritze“ für eine Formulierung, die erst aufwendig vorbereitet werden muss, würde Anwender wohl weniger in die Irre führen. Zudem verunsicherte bei diesem Präparat Patienten die Bemerkung in der Gebrauchsinformation, dass Trexject® „von einem Arzt oder Pflegepersonal oder unter deren Aufsicht verabreicht“ werden solle. Bei anderen Präparaten wird hingegen die mögliche Selbstinjektion nach einer Schulung ausdrücklich erwähnt. Laut der Meldung führten die Arzneimittelrisiken zu Therapieabbrüchen und Adhärenz-Problemen. Oft traten Probleme nach einem Austausch infolge der Rabatt­verträge auf. Bei einer Erst­abgabe sollte geprüft werden, ob Patienten das Arzneimittel auch tatsächlich korrekt anwenden können. Ist dies nicht der Fall, sollten pharmazeutische Bedenken geltend gemacht werden.

Die Fertigpens im Vergleich

Als erster Methotrexat-Fertigpen wurde 2012 der Metex®-Pen in Deutschland zugelassen. Er ist in Dosierungen zwischen 7,5 mg und 30 mg in Abstufungen von jeweils 2,5 mg zur Auftitration bis zur Erhaltungsdosis verfügbar. Bei diesem Modell wird die subkutane Injektion gestartet, indem man einen Auslöseknopf betätigt (Abb. 2). Der Arzneimittelhersteller Nordic Pharma erhielt 2016 die zentrale Zulassung der EMA für seine Metho­trexat-Fertigspritze Nordimet®. Zum Januar 2020 wurde diese Zulassung um die Applikation in einem Fertigpen erweitert. Bei diesem neuen Nordimet®-Pen handelt es sich um einen „tastenlosen“ Autoinjektor. Im Unterschied zum Metex®-Pen muss kein Auslöseknopf betätigt werden, um die Applikation zu aktivieren. Wird auf den Nadelschutz, der die Nadel umgibt, ein gewisser Druck ausgeübt, startet die Injektion automatisch. Um den Pen nicht versehentlich auszulösen, darf dieser bis zur Anwendung nicht mit etwas anderem in Berührung kommen. Gegenüber dem Metex®-Pen ist der Nordimet®-Fertigpen nicht bei leichtem bis mittelschwerem Morbus Crohn zugelassen, sondern nur bei Formen der rheumatoiden Arthritis sowie bei schweren Formen der Psoriasis vulgaris. Er ist in Dosierungen von 7,5 mg bis 25 mg in Abständen von jeweils 2,5 mg erhältlich. Ein klarer Vorteil des „tasten­losen“ Pens dürfte für Patienten mit Spritzen-Phobie vorliegen: Die Injektion muss nicht selbst ausgelöst werden und die Nadel wird während des gesamten Vorgangs nicht sichtbar. Zudem kann die leichtere Bedienbarkeit für Patienten günstig sein, die unter starken Bewegungs­einschränkungen leiden.

Abb. 2: Anwendung der in Deutschland erhältlichen Methotrexat-Fertigpens Die Modelle unterscheiden sich in der Art, wie die Injektion ausgelöst werden muss. Nach der Aktivierung wird die definierte Dosis Methotrexat automatisch subkutan appliziert.

Richtig entsorgen

Im Gegensatz zum Metex®-Pen, der laut Hersteller direkt über den Hausmüll entsorgt werden kann, rät man in der Gebrauchsanweisung vom Nordimet® Fertigpen zu einer vorsichtigen Beseitigung des Pens. Der benutzte Pen soll in einem fest verschließbaren Behälter außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden.

Zum weiteren Vorgehen sollen sich die Patienten laut der Gebrauchsanweisung in der Apotheke informieren. Zytostatika-­haltige Abfälle sind prinzipiell über den Sondermüll zu entsorgen. Privatpersonen dürfen CMR-­Stoffe (krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend) kostenfrei an die Sonderabfallstellen übergeben. Demgegenüber ist für Apotheken als gewerbliche Institutionen die Abgabe von Zytostatika bei den örtlichen Sonderabfallstellen kostenpflichtig. |

Literatur

Fachinformation Metex®-Pen. Stand August 2019

Fachinformation Nordimet Injektionslösung in einer Fertigspritze/in einem Fertigpen. Stand Januar 2020

Geisslinger G, Menzel S, Gudermann T, Hinz B, Ruth P. Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2020

Kurzanleitung zur Anwendung des Methotrexat (MTX) Fertigpens der medac GmbH, www.metex-pen.de

Metex®-Pen Patienteninformation der medac GmbH, www.metex-pen.de, Stand 2019

Methotrexat: Maßnahmen zur Vermeidung von Dosierungsfehlern mit potenziell tödlichen Folgen bei der Anwendung von Methotrexat bei Autoimmunerkrankungen. Rote-Hand-Brief vom 15. November 2019

Nordimet®. Übersicht der European Medicines Agency (EMA), www.ema.europa.eu

Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten. S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). AWMF-Register-Nr. 060-004, Stand April 2018

Trexject® Fertigspritzen: Risiken bei der Vorbereitung und Verabreichung durch Patienten. Mitteilung der Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker (AMK) vom 10. März 2020, www.abda.de

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