- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 6/2020
- Max Müller wechselt zu ...
Wirtschaft
Max Müller wechselt zu Bayer
Chef-Lobbyist verlässt den niederländischen Versender DocMorris / Das angekratzte Image des Leverkusener Konzerns soll aufpoliert werden
Max Müller ist für den Versandkonzern DocMorris Gold wert: Der seit 2013 als Chief Strategy Officer tätige Manager ist in der Politik bestens vernetzt. Die Erfolge von Müller sind schwer zählbar. So ist es sehr wahrscheinlich, dass er in Sachen Rx-Versandverbot seine politischen Kontakte in Bewegung setzte. Sein fast freundschaftlicher Kontakt zu Ex-Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries lässt erahnen, was die ablehnende Haltung der SPD-Bundestagsfraktion gegenüber dem Rx-Versandverbot in der vergangenen Legislaturperiode mit erzeugte. Fast noch schwerer dürften jedoch die guten Beziehungen zum Bundesgesundheitsminister wiegen. Schließlich hatte Müller bereits im Jahr 2006 u. a. mit Jens Spahn die PR-Agentur Politas gegründet, die schwerpunktmäßig Klienten aus dem Medizin- und Pharmasektor beriet. Bezeichnend ist hierbei auch die Äußerung Müllers in einem Beitrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, dass sein „Draht“ zu Spahn nicht mehr so kurz sei wie früher. Denn: Gerade jetzt, wo Spahn Minister ist, wäre „zu viel Nähe schädlich“, meint er, weil es dann wieder Gerede geben könnte.
Inszenierung von DocMorris als cool, modern und digital
Mindestens ebenso wichtig wie seine Kontakte ist Müllers Konzept zur Außendarstellung von DocMorris. Dass mehrere deutsche Gerichte den Niederländern und ihren Rx-Boni Rechtswidrigkeit bescheinigten, dass DocMorris mehrfach gerichtlich angeordnete Ordnungsgelder missachtete und dass gerade vor wenigen Monaten ein neues dazu kam, weil der Konzern weiterhin mit seinen Absenderadressen „schummelt“, ist wenig bekannt in der Bevölkerung. Denn Müller hat es geschafft, das Image des Konzerns mit modernen und „coolen“ Themen zu belegen: Er hat DocMorris als Inbild der Digitalisierung inszeniert und versucht derzeit mit einer bundesweiten Posterkampagne, das Thema „E-Rezept“ in den Köpfen der Menschen mit den grün-weißen Konzernfarben zu verbinden.
Doch damit ist nun Schluss. In einer Pressemeldung teilte der niederländische Versender am vergangenen Dienstag mit, dass Müller den Konzern „auf eigenen Wunsch und im besten Einvernehmen zum 30. April 2020“ verlasse, „um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen“. Mit Müller geht auch DocMorris‘ Chefapotheker Dr. Christian Franken.
Daneben gibt es noch weitere Veränderungen im DocMorris-Vorstand. Die Gründer des kürzlich übernommenen Versenders Medpex, Frank Müller, Tobias Kindlieb und Ulrich Spindler, haben seit Jahresbeginn führende Positionen im Management-Team übernommen. Müller ist Marketingchef im Deutschland-Geschäft der Zur Rose-Gruppe, Kindlieb Technik-Chef und Spindler „Chief Integration Offficer“. Das restliche Team ist unverändert: Olaf Heinrich bleibt CEO und Michael Veigel Finanzchef, Bernd Gschaider wurde erst kürzlich als Logistikchef von Amazon geholt.
Doch zurück zu Max Müller. Warum ergibt ein Wechsel zu Bayer Sinn? Um diese Frage zu beantworten, genügt ein Blick in die Berichterstattung rund um den Leverkusener Agrar- und Pharmakonzern in den vergangenen Monaten und Jahren. Es dominiert das Thema Glyphosat mit den zahlreichen Klagen in den USA.
Und genau hier kommen Müllers Fähigkeiten, Ideen und auch Kontakte ins Spiel: Bayer will wieder positive Geschichten erzeugen. Dazu passt auch Müllers Einsatzbereich: Einem Konzernsprecher zufolge arbeitet er im Bereich „Public Affairs und Sustainability“. Laut Internetseite gehören zum Nachhaltigkeitsbereich bei Bayer drei Kernthemen: Gesundheitsversorgung, Ernährungssicherung sowie Umwelt- und Klimaschutz.
Während der Leiter der Abteilung, Matthias Berninger, der 13 Jahre lang für die Grünen im Bundestag saß, in der US-Bundeshauptstadt Washington arbeitet, soll Müller in Berlin und Brüssel tätig werden, so ein Sprecher des Bayer-Konzerns. Das zeigt, dass Bayer nach der Monsanto-Übernahme nicht nur in den USA Politiker „bespielen“ und für eine verbesserte Reputation kämpfen will, sondern auch in Europa und in Deutschland. Denn für Bayer steht nicht nur in den USA viel auf dem Spiel: Die europaweite Zulassung von Glyphosat läuft noch bis Ende 2022. Erst 2017 hatte das EU-Parlament zwar eine Verlängerung beschlossen, aber danach „ein vollständiges Verbot von Herbiziden auf Glyphosatbasis“ gefordert. Auch im Bundestag war lange über die Zulassung des Pflanzenschutzmittels diskutiert worden. Man wird sehen, inwiefern Müller und seine Kollegen dies beeinflussen können. |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.