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Aus den Ländern
Gemeinsam stark – AMTS verbessern
26. wissenschaftliche Jahrestagung der GAA hebt interprofessionelle Zusammenarbeit hervor
Aufgrund des steigenden Anteils an Menschen mit Migrationshintergrund in der Bevölkerung nimmt die Relevanz kulturspezifischer Variationen von Gesundheitschancen und Krankheitsrisiken zu. Patienten aus anderen Herkunftsländern sind häufig in einer anderen Medizinkultur aufgewachsen und weichen in ihrer enzymatischen Ausstattung vom europäischen Regelpatienten ab. Dr. S. Golsabahi-Broclawski (Medizinisches Institut für transkulturelle Kompetenz, Bielefeld) informierte darüber, welche Bedeutung transkulturelle Aspekte für die Pharmakotherapie in der Praxis haben.
Durch wachsende Bevölkerungszahlen in den Städten und Abwanderung aus ländlichen Regionen ergeben sich neue Herausforderungen für eine flächendeckende Versorgung. Diesbezüglich stellte A. Fuchs (AOK Plus) anhand von Umfrageergebnissen die Sichtweisen der Versicherten vor. Insbesondere das Fachärzte-Angebot im ländlichen Raum wurde bemängelt. Allerdings zeigt sich ein Großteil der Befragten aufgeschlossen gegenüber digitalen Lösungen, wie beispielsweise einer Videosprechstunde.
Auf regionale Unterschiede im Verschreibungsverhalten von Metamizol und Opioiden machte Dr. K. Jobski, Oldenburg, aufmerksam. Eine Sekundärdatenanalyse zeigte Unterschiede innerhalb von Deutschland, welche sich vermutlich nicht anhand patientenbezogener Faktoren erklären lassen.
AMTS und Multimedikation
Zum Auftakt des Themenschwerpunktes AMTS und Multimedikation präsentierte Prof. Dr. S. Wilm, Uniklinik Düsseldorf, das Projekt HIOPP-3, eine Interventionsstudie in Heimen mit Beteiligung von Hausärzten, Pflegefachkräften und Apothekern. Mithilfe von Schulungen und Interventionshilfen soll interprofessionelle Kooperation gelernt und optimiert werden, um so den Medikationsprozess nachhaltig zu verbessern. Anschließend wurde beleuchtet, wie interprofessionelles Lernen funktioniert. Dabei setzt Prof. Dr. M. van den Akker, Goethe-Universität Frankfurt, bereits in der Ausbildung an. Im Sommersemester 2019 fand erstmals ein interprofessionelles Wahlfach für Medizin- und Pharmaziestudierende statt. Daran knüpfte Prof. Dr. U. Jaehde, Universität Bonn, thematisch an und berichtete von einer Bedarfsanalyse für einen interprofessionellen Masterstudiengang zur AMTS.
V. Bencheva, Universität Witten/Herdecke, entwickelte mit ihrer Arbeitsgruppe im Rahmen der COFRAIL-Studie ein Deprescribing-Manual. Bei der COFRAIL-Studie sollen Hausärzte in Familienkonferenzen gemeinsam mit geriatrischen Patienten und ihren pflegenden Angehörigen besprechen, welche Behandlungsziele mit welchen Mitteln verfolgt werden sollen. Im Fokus steht die Reduktion der Polypharmazie, wobei das Deprescribing-Manual helfen soll. Eine weitere Hilfestellung für den Umgang mit Polypharmazie bietet die Leitlinie Multimedikation. Die veraltete Version von 2014 wurde überarbeitet und der Stand der Aktualisierung durch Dr. I. Schubert von der PMV Forschungsgruppe an der Universität zu Köln vorgestellt.
Sekundärdaten: Datenschutz = Forschungsfrust?
Eine neue Herausforderung in der Arzneimittelanwendungsforschung besteht darin, verschiedene Datensätze zu verknüpfen (Data Linkage) und Dritten zur Verfügung zu stellen (Data Sharing). Prof. Dr. I. Pigeot, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie, Bremen, erklärte, inwiefern Data Linkage und Data Sharing durch Datenschutzgrundsätze erschwert werden.
Anhand einer Sekundärdatenanalyse bezüglich Multimorbidität und Polypharmazie für Patienten mit Diabetes diskutierte Prof. Dr. R. Schuster (MDK Nord) Komplexität und Chancen einer solchen Datenanalyse.
Dr. Schmiedl (Universität Witten/Herdecke) stellte die Ergebnisse eines europäischen Verbundprojektes vor, in dem unterschiedliche Arten von Sekundärdaten für die Beantwortung der Frage genutzt wurden, inwiefern direkte orale Antikoagulanzien gemäß der Fachinformation/SmPC verordnet werden. Dabei zeigten sich Unterschiede bezüglich vorliegender Kontraindikationen, Warnhinweise und Wechselwirkungen zwischen den Datenbanken und den Wirkstoffen. Diskutiert wurde die Herausforderung der Operationalisierung nicht eindeutiger Textformulierungen in der Fachinformation/SmPC.
Spätestens seit Verabschiedung des Masernschutzgesetzes rückt der Impfstatus der Bevölkerung mehr in den Fokus. Dieser wurde anhand von Sekundärdaten im Rahmen des Arzneimittelreports 2019 der Barmer genauer untersucht. Laut Dr. V. Lappe von der PMV Forschungsgruppe sind die Impflücken größer als erwartet. 2,3% der sechsjährigen Kinder erhielten keine einzige Schutzimpfung. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die neue Gesetzeslage Einfluss nimmt.
Abschließend griff I. Meyer, Leiter der PMV Forschungsgruppe, das Thema der künstlichen Intelligenz im Gesundheitswesen auf. Systeme mit automatisierter Entscheidungsfindung kommen bereits in einer Vielzahl von Forschungsgebieten zum Einsatz und stellen prinzipiell keine neue Thematik dar. Allerdings kommen sie in der laufenden Versorgung kaum zum Einsatz. Es bestehen noch Bedenken in Qualität und Intention der verwendeten Algorithmen und den daraus resultierenden Ergebnissen. Meyer appellierte, sich mehr mit dem Thema der künstlichen Intelligenz und seiner Problematik zu beschäftigen, damit Lösungen für die Zukunft gefunden werden können.
Posterpreise
Weitere Projekte wurden während der Posterbegehung vorgestellt, z. B. von Nina-Kristin Mann, Universität Witten/Herdecke, die in Vorbereitung befindliche Neufassung der PRISCUS-Liste.
Am Ende der Veranstaltung wurden wie immer drei Posterpreise vergeben.
1. Preis: Nina-Kristin Mann: PRISCUS 2.0 – Aktualisierung, Erweiterung und Verstetigung der PRISCUS-Liste: Potenziell inadäquate Medikation im Alter
2. Preis: Safoura Klopprogge: Blutungsrisiko unter Kombinationstherapie von SSRI und VKA oder NOAK: Eine österreichweite Datenanalyse
3. Preis: Jeanette Hoffmann: Hormones and dementia – pharmacoepidemiological analyses of German health insurance data
Weitere Infos unter www.gaa-arzneiforschung.de |
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