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Arzneimittel und Therapie
Freispruch für Methylphenidat
Kein erhöhtes Psychoserisiko bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Die für die Studie verwendeten Daten stammen aus drei großen schwedischen Datenbanken, die Informationen zur gesamten schwedischen Bevölkerung enthalten. Auf dieser Datengrundlage wurden diejenigen Patienten selektiert, die zwischen Januar 2007 und Juni 2012 Methylphenidat ärztlich verordnet bekommen hatten und zu Behandlungsbeginn zwischen 12 und 30 Jahre alt waren. Von den mehr als 23.000 berücksichtigten Patienten waren ca. 40% Frauen. Das mediane Durchschnittsalter betrug 17 Jahre. Eine Vorgeschichte in Bezug auf psychotische Vorkommnisse hatten 479 Personen (2,0%) aufzuweisen.
Um das unmittelbare Psychoserisiko zu ermitteln, wurde für jedes Individuum die Inzidenz psychotischer Ereignisse zwölf Wochen vor und zwölf Wochen nach Behandlungsbeginn mit Methylphenidat bestimmt. Für die Ermittlung eines längerfristigen Risikos wurde die Inzidenz psychotischer Ereignisse zwölf Wochen vor der Behandlung mit der Inzidenz im gleichen Zeitraum ein Jahr später verglichen. Das Verhältnis der Inzidenzraten (IRR) zwölf Wochen nach Beginn der Behandlung versus zwölf Wochen vor der Behandlung betrug für Patienten ohne psychotische Vorgeschichte 1,04 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,80 bis 1,34) und für Patienten mit vorangegangenen psychotischen Ereignissen 0,95 (95%-KI 0,69 bis 1,30). Innerhalb eines Jahres nach Behandlungsbeginn mit Methylphenidat hatte sich die Inzidenz psychotischer Ereignisse verringert: So war das Inzidenzratenverhältnis bei Personen mit psychotischer Vorgeschichte im Vergleich zum Zeitraum vor der Behandlung nach einem Jahr um 36% reduziert (IRR 0,64; 95%-KI 0,45 bis 0,91). Bei Patienten ohne entsprechende Krankengeschichte wurde ein um 18% geringerer Wert errechnet (IRR 0,82; 0,62 bis 1,07). Dieser Unterschied war jedoch nicht signifikant.
ADHS - Zertifizierte Fortbildung
Die Pharmakotherapie der ADHS ist das aktuelle Thema unserer zertifizierten Fortbildung in der DAZ. Den Hintergrundbeitrag dazu finden Sie in DAZ 27 auf Seite 43 ff. Neben den wichtigsten Fakten unter anderem zur Pathophysiologie und Diagnostik werden die leitliniengerechte Therapie und vor allem die Pharmakotherapie näher beleuchtet. Der Beitrag enthält viele wichtige AMTS-Tipps beispielsweise zum Umgang mit retardiertem und unretardiertem Methylphenidat, zur Einnahme und zum Monitoring der Therapie. Ein Fallbeispiel zeigt zudem exemplarisch, was im Rahmen eines Medikationsmanagements bei einem ADHS-Patienten zu beachten ist.
Kein Grund für Zurückhaltung
Es wurden keine Anhaltspunkte gefunden, dass Methylphenidat das Risiko für Psychosen erhöht – auch nicht bei Patienten, die bereits eine Psychose hatten. Die weit verbreitete Zurückhaltung bei der Verordnung von Methylphenidat bei Patienten mit entsprechender Krankengeschichte sollte überdacht werden. Die Autoren der Studie heben jedoch hervor, dass die Daten mit anderen Populationen und anderen Studiendesigns reproduziert werden müssen. Dabei sollten auch Faktoren berücksichtigt werden, die in der aktuellen Studie unberücksichtigt blieben, beispielsweise der Effekt einer eventuell vorhandenen antipsychotischen Begleitmedikation. |
Literatur
Hollis C et al. Methylphenidate and the risk of psychosis in adolescents and young adults: a population-based cohort study. Lancet Psychiatry 2019; doi:10.1016/S2215-0366(19)30189-0
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