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Wenig Evidenz zur Verblisterung

IQWiG-Report im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums

KÖLN (tmb) | Am 14. Mai veröffentlichte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) einen „Rapid Report“ über die patientenindividuelle Verblisterung. Zum Nutzen fand das Institut keine aussagekräftigen Hinweise und zu den Kosten nur wenig. Das IQWiG empfiehlt daher eine neue Studie.

Das IQWiG beschäftigt sich nur selten mit speziellen Aufgaben der Apotheken. Die Arbeit zur Verblisterung geht auf einen Auftrag des Bundes­gesundheitsministeriums vom Juni 2018 zurück. Das Ministerium hatte einen „Rapid Report“ in Auftrag ge­geben, der ohne Zwischenbericht und Anhörung vergleichsweise schnell ­erstellt wird. Gefragt wurde nach dem Nutzen und den Kosten beim Verblistern im Vergleich zum Stellen durch Pflegekräfte. Als externe ­Sachverständige waren Prof. Dr. ­Susanne Grundke, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Saarbrücken, und Prof. Dr. Günther Neubauer, Institut für Gesundheitsökonomik, München, an dem Projekt beteiligt. Befürworter der patientenindividuellen Verblisterung sehen insbesondere die Verringerung von Medikationsfehlern, den Zeitgewinn für das Heimpersonal und den verringerten Verwurf als Vorteile. Gegner fürchten den verringerten Bezug des Pflegepersonals zu den Arzneimitteln und Probleme bei kurzfristigen Medika­tionsänderungen.

Nutzen unklar

Das IQWiG konnte nur sieben prospektive vergleichende Studien zum Thema ermitteln, die den strengen Qualitätskriterien des Instituts genügen. Davon wurden fünf in den USA und jeweils eine in Großbritannien und Neuseeland durchgeführt. Alle beziehen sich auf selbstständig lebende Patienten, also nicht auf die entscheidende Zielgruppe der Heimpatienten. Daraufhin sieht das IQWiG keinen Anhaltspunkt für einen zusätzlichen Nutzen oder Schaden durch das Verblistern für Heimpatienten.

Schwache Aussagen zu den Kosten

Zu den Kosten betrachtete das IQWiG elf deutsche Studien. Dabei seien Einsparungen zwischen 4,1 Prozent und 10,6 Prozent der Arzneimittelkosten durch vermiedenen Verwurf ermittelt worden. Die Herstellungskosten für einen Wochenblister lägen zwischen 1,60 und 3 Euro. Bei Herstellungs­kosten von 3 Euro und Einsparungen von 4,1 Prozent der Arzneimittelkosten wäre die Verblisterung kostenneutral, wenn der Wert der verblisterten Arzneimittel mindestens 73,17 Euro pro Woche beträgt, folgert das IQWiG. Die Angaben zur Zeiteinsparung für Pflegekräfte und zu möglichen anderen Zeitaufwänden werden als methodisch schwach eingestuft. Wegen der insgesamt wenig aussagekräftigen Datenlage sieht das IQWiG Forschungsbedarf zur patientenindivi­duellen Verblisterung und schlägt ausführlich ein mögliches Design für eine solche Studie vor.

Sensibles Thema: Preisbindung

In der Untersuchung weist das IQWiG auch darauf hin, dass Teilmengen von Fertigarzneimitteln von der Arzneimittelpreisverordnung ausgenommen sind. Da die drohende Aufweichung der Rx-Preisbindung vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzgebung intensiv diskutiert wird, ist jede Erwähnung einer Einschränkung der Preisbindung derzeit politisch sensibel zu betrachten. Dabei ist zu bedenken, dass das Bundesgesundheits­ministerium bereits im Juni 2018 den Auftrag erteilt hat, dieses Thema zu bearbeiten. |

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