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Valsartan-Engpass – keine Überraschung!
Ein Gastkommentar von Ulrike Holzgrabe und Helmut Buschmann
Der sich jetzt abzeichnende Valsartan-Engpass war vorhersehbar und stellt keine Überraschung dar. Alle Valsartan-Hersteller, die ein Problem mit einer Nitrosamin-Kontamination hatten, müssen ihren Herstellweg überprüfen und Maßnahmen ergreifen, die sicherstellen, dass in zukünftigen Chargen solche Verunreinigungen gar nicht erst auftreten oder unter die neu definierten Grenzwerte fallen. Dies bedeutet aber, dass größere oder kleinere Änderungen im Herstellprozess vorgenommen werden müssen. Regulatorisch bedeutet dies, dass diese Änderungen in einer sogenannten „Variation Procedure“ von den Zulassungsbehörden genehmigt werden müssen.
Für das Genehmigungsverfahren müssen aber umfangreiche Daten generiert werden, deren Umfang von den Veränderungen im Herstellprozess abhängen. Im Grenzfall muss eine komplette neue Syntheseroute gewählt werden.
Weniger dramatisch sind Änderungen und Variationen im Lösungsmittel oder bei der Wahl der Reagenzien wie z. B. Natriumnitrit, das als Abfangreagenz bei den Tetrazolring-Bildungen angewendet wird. Die Auswirkungen dieser Herstellvariationen hinsichtlich der Qualität des finalen Wirkstoffs müssen aber in umfangreichen Versuchsreihen experimentell nachgewiesen werden. Möglicherweise müssen neue Validierungschargen hergestellt werden, die dann erneut auf ihre Stabilität zu überprüfen sind. Diese Stabilitätsstudien dauern mindestens sechs Monate, in der Regel aber zwölf Monate und in Einzelfällen sogar noch länger. Möglicherweise müssen auch neue kritische Kontrollparameter zur sogenannten In-Prozess-Kontrolle etabliert und validiert werden, was auch eine weitergehende Validierung der analytischen Verfahren bedeutet.
Welche Maßnahmen zu ergreifen sind und welche Veränderungen tatsächlich notwendig sind, um die neuen Qualitätskriterien des Wirkstoffs zu erfüllen, hängt sehr stark von der Einzelfallsituation ab. Weiterhin muss dann die Äquivalenz des Wirkstoffs auch bei der Herstellung des Fertigarzneimittels überprüft werden, was möglicherweise neue zusätzliche Stabilitätsstudien erfordert.
Nach Zusammenstellung all dieser Daten im Variationsprozess, der weltweit weitestgehend harmonisiert ist, benötigt die Zulassungsbehörde natürlich auch noch Zeit, diese Änderungen hinsichtlich des Einflusses der Qualität des Wirkstoffs und des Fertigarzneimittels zu bewerten. All das könnte ein bis zwei Jahre oder sogar noch länger dauern.
Diese Prozesse sind natürlich den Zulassungsbehörden bekannt, so dass der nun auftretende Engpass vorhersehbar war. Was wir jetzt sehen, stellt gerade einmal den Anfang dar. Der sich jetzt anbahnende Engpass wird sich mit dramatischen Konsequenzen weiter entwickeln. Die Vorratshaltung der Nitrosamin-freien Wirkstoffe scheint nun aufgebraucht zu sein. Hersteller ohne Nitrosamin-Probleme werden die sich nun aufzeigende Lücke durch ihre Kapazitäten alleine wahrscheinlich nicht oder nur sehr unvollständig abdecken können.
Die Fokussierung der Behörden, die Qualität aller möglichen Wirkstoffe mit den entwickelten und hochsensiblen analytischen Methoden zu garantieren, stellt daher nur einen Teil der Gesamtverantwortung der Behörden und der Politik dar. Die mittel- und langfristige Versorgung der Patienten mit hochqualifizierten Arzneimitteln, die Nitrosamin-frei sind, wurde in fast sträflicher Nachlässigkeit übersehen oder vielleicht bewusst erst gar nicht angegangen, da hier möglicherweise unkonventionelle Lösungen vonnöten sind, die so im bisherigen Qualitätssicherungssystem nicht vorgesehen sind.
Aber hier darf man die Behörden nicht alleine im Regen stehen lassen. Eine kompetente Unterstützung aus der Politik, die den Behörden einen flexibleren Handlungsspielraum ermöglichen könnte, fehlt hier gänzlich. Qualität und vernünftige Versorgung scheinen sich in diesem Fall entgegengesetzt auszuwirken – mal wieder auf den Rücken der Patienten. Angst und Unsicherheit setzen sich so weiter fort.
Wo sind die Experten in den Behörden und in der Politik, die sich um wirkliche Probleme als Konsequenz ihres regulatorischen Systems pro-aktiv positionieren und engagieren – im Sinne der Behörden, der pharmazeutischen Industrie und der Politik und damit im Sinne des Verbrauchers? Ein erster Schritt wäre ein offener Dialog – ohne Vorwürfe, aber auch ohne Verteidigung der eigenen Position mit der Einsicht einer kompetenten Flexibilität, ohne dass die Qualität leidet. |
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