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Arzneimittel und Therapie
Argumente fürs Impfen
Pharmakovigilanzdaten bekräftigen die hohe Sicherheit empfohlener Impfungen
Im Jahr 2017 erhielt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) insgesamt 4027 Einzelfallmeldungen über Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen und Impfkomplikationen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Anstieg um knapp 9%, der aber vorwiegend auf Hinweise über nicht schwerwiegende Verdachtsfälle zurückzuführen ist. Die Auswertung dieser Meldungen ergab keine Anhaltspunkte für bisher unbekannte Nebenwirkungen der in Deutschland eingesetzten Impfstoffe. Ungefähr die Hälfte der Meldungen erhielt das PEI durch die Zulassungsinhaber, rund 13% der Meldungen erfolgte von Gesundheitsämtern; Patienten und Angehörige übermittelten knapp 8% der Verdachtsfälle, knapp 27% wurden durch Angehörige der Gesundheitsberufe direkt an das PEI gemeldet, und 4,2% erfolgten durch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ).
Insgesamt wurden 11.844 unerwünschte Reaktionen gemeldet. Diese Zahl übersteigt die Zahl der Verdachtsfälle, da mehrere unerwünschte Reaktionen/Symptome zu einem Fall berichtet werden können. Insgesamt wurden 1216 verschiedene unerwünschte Wirkungen gemeldet, wobei mehr als die Hälfte dieser Reaktionen 40 verschiedene Symptome betraf. Am häufigsten wurden passagere Reaktionen an der Injektionsstelle, Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, Arthralgien und Lokalreaktionen genannt.
Entwarnung bei HPV-Impfung
2013 wurden in Dänemark und Japan mehrere Verdachtsfälle auf ein komplex regionales Schmerzsyndrom (complex regional pain syndrome, CRPS) und ein posturales Tachykardiesyndrom (postural orthostatic tachycardia syndrome, POTS) in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer HPV-Impfung gemeldet. Eine Überprüfung durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) konnte diesen Verdacht nicht bestätigen. Demnach ergaben sich keine Belege, dass CRPS und POTS bei den geimpften Mädchen häufiger auftraten, als dies bei ungeimpften Mädchen in dieser Altersgruppe der Fall ist. Auch weitere Untersuchungen zum Sicherheitsprofil der HPV-Impfung kamen zu dem gleichen Ergebnis.
Kein Kausalzusammenhang mit Todesfällen
Zu Impfkomplikationen mit tödlichem Ausgang gingen im Jahr 2017 beim PEI 18 (0,4%) Meldungen ein. Betroffen waren 13 Kinder im Alter von zwei Monaten bis zwölf Jahren und fünf Erwachsene. Es war kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der berichteten Todesursache festzustellen. In insgesamt acht Fällen wurde über einen plötzlichen Kindstod nach Impfungen berichtet und zwar in jeweils zwei Fällen nach Gabe
- einer Kombination aus einem Sechsfachimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Hepatitis B, Haemophilus influenzae b (DTaP-IPV-HBV/Hib) mit 13-valentem Pneumokokken- und Rotavirus-Impfstoff,
- einer Kombination aus einem Sechsfachimpfstoff (DTaP-IPV-HBV/Hib) mit einem Rotavirus-Impfstoff,
- einer Kombination aus einem Sechsfachimpfstoff (DTaP-IPV-HBV/Hib) mit 13-valentem Pneumokokken-Impfstoff sowie
- einer Impfung mit einem Masern-Mumps-Röteln-Varizellen-Impfstoff.
In der Literatur wurde bisher keine Assoziation zwischen plötzlichem Kindstod und Kinderimpfstoffen festgestellt. Weitere fünf Kinder starben an den Folgen verschiedener Komplikationen aufgrund von Erkrankungen, die nicht auf die Impfung zurückzuführen waren. Die Betroffenen wiesen zum Teil schwere Grunderkrankungen auf, und es konnten keine Gemeinsamkeiten bei den vorangegangenen Impfungen erkannt werden. Des Weiteren verstarben drei Erwachsene mit bekannter koronarer Herzkrankheit durch Herz-Kreislauf-Versagen nach Impfung mit einem saisonalen Grippeimpfstoff. Ein 20-jähriger junger Mann verstarb drei Wochen nach einer Hepatitis-A- und -B-Impfung an den Folgen einer viralen Sepsis. Ein 59-Jähriger verstarb mehr als fünf Jahre nach einer Impfung mit dem pandemischen H1N1-Impfstoff an den Folgen eines Nierenkarzinoms. In all diesen Fällen besteht kein Zusammenhang mit der Impfung.
Fallzahl |
Erkrankung |
Impfung |
Bewertung des Zusammenhangs |
---|---|---|---|
6 |
steriler Abszess und Abheilung unter Narbenbildung |
5 Fälle nach Sechsfachimpfung DTaP-IPV-HBV/Hib- und Pneumokokken-Impfung, 1 Fall nach einem DTaP-IPV-Vierfachimpfstoff und Pneumokokken-Impfung |
kausaler Zusammenhang |
2 |
Darminvagination (Einstülpung eines proximalen in den distalen Darmanteil) |
Rotavirus-Impfung |
kausaler Zusammenhang; in Fachinformation beschrieben |
2 |
autistische Erkrankung |
Masern-Mumps-Röteln-Varizellen-Impfung; |
kein kausaler Zusammenhang |
1 |
Masern-Mumps-Röteln-Impfung |
||
4 |
Diabetes mellitus Typ 1 |
FSME-; Masern-Mumps-Röteln-Impfung bzw. Meningokokken-B-Impfung |
keine Hinweise auf kausalen Zusammenhang |
7 |
Narkolepsie |
Impfung mit Pandemrix® (bei 5 Betroffenen) |
„konsistenter“ Zusammenhang |
HPV-Impfung (bei 2 Betroffenen) |
kein kausaler Zusammenhang |
||
13 |
multiple Sklerose |
unterschiedliche Impfstoffe |
kein kausaler, sondern zeitlich zufälliger Zusammenhang |
4 |
motorische Entwicklungsverzögerungen |
verschiedene Impfstoffkombinationen |
kein kausaler, aber zeitlicher Zusammenhang |
7 |
unterschiedliche Krankheitsbilder;z. B. rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes, multifokale motorische Neuropathie, Fatigue-Syndrom |
unterschiedliche Totimpfstoffe |
kein kausaler Zusammenhang |
Selten bleibende Schäden
2017 wurden dem PEI 46 Fälle (das sind 1,1% aller gemeldeten Vorkommnisse) mit einem bleibenden Schaden nach einer Impfung berichtet (s. Tabelle). Nur in wenigen Fällen wird ein kausaler Zusammenhang mit der Impfung gesehen. Die Komplikationen sind teilweise auch in der Fachinformation als mögliche Nebenwirkung aufgeführt (z. B. Darminvagination nach Rotavirus-Impfung). Zu Pandemrix® liegen aus mehreren Studien Hinweise auf eine Assoziation zwischen dem „Schweinegrippe-Impfstoff“ und Narkolepsie vor. Bei zwei Dritteln der 46 gemeldeten Verdachtsfälle zu bleibenden Schäden wird jedoch von keinem ursächlichen Bezug zur Impfung ausgegangen. |
Quelle
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Bulletin zur Arzneimittelsicherheit. 2019;1:19-27. www.bfarm.de; Abruf am 10. April 2019
Information des Paul-Ehrlich-Instituts zu Fällen von Darminvagination nach Impfung gegen Rotavirus-Gastroenteritis vom 11. Mai 2015; www.pei.de; Abruf am 10. April 2019
European Medicines Agency (EMA). Review concludes evidence does not support that HPV vaccines cause CRPS or POTS. Pressemitteilung vom 05. November 2015; Abruf am 10. April 2019
Arana JE et al. Post-licensure safety monitoring of quadrivalent human papillomavirus vaccine in the Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS), 2009-2015; Vaccine 2018;36(13):1781-1788
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