Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Wasser bricht sich Bahn

Von Sprichwörtern und Redensarten

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Wasser ist Lebensquell und notwendiges Lebensmittel, deshalb auch viel bemüht in deutschen und ausländischen Sprichwörtern und Redewendungen. Will man seinen Gesprächspartner in Geduld üben, sagt man, bis es so weit ist, läuft noch viel Wasser den Bach hinunter. Wenn man etwas nicht verhindern will oder kann, lässt man dem Wasser seinen Lauf. Unschuldige Menschen können kein Wässerchen trüben, sind arglos und von daher insgesamt harmlos. Ruhige Menschen werden auch als stille Wasser bezeichnet, manchmal aber mit dem Zusatz „sind tief“ versehen, was heißen soll, dass man sich seiner Sache bei diesem Menschenschlag nicht zu sicher sein darf.

Erhält eine Person Bestätigung oder Argumente, die ihre eigene Haltung stützen, so ist dies Wasser auf ihre Mühle. Findet etwas nicht statt – warum auch immer –, kommt es nicht so, wie es sich angedeutet hat, oder gar nicht, ist etwas ins Wasser gefallen. Kommt es aber anders und schlimmer als man denkt, wird man wie mit kaltem Wasser begossen. Tränenreiche Menschen, die schnell und intensiv weinen können, haben nahe am Wasser gebaut. Und wird man kurzgehalten, dann lebt man bei Wasser und Brot. Auf der anderen Seite wird als Synonym für Appetit oder Anregung das „es läuft einem das Wasser im Munde zusammen“ bemüht.

Schieflaufende Dinge, ein Rückschritt oder Misserfolg sind sprichwörtlich der Schlag ins Wasser. Hemmt mich der Wettbewerber, bremsen mich Mitarbeiter aus, werde ich von staatlicher Seite nicht wertgeschätzt und meine Leistung nicht honoriert, gräbt man mir das Wasser ab. Es wird schon mal Wasser in den Wein ­gegossen, einer guten Sache mal auch Gegenargumente geliefert. Wenn man eine Leistung nicht nur bejubeln will oder die Übermacht eines anderen nicht an­erkennen will, hat dieser auch nur mit Wasser gekocht. Und wenn andere besser sind, mehr Schützenhilfe erhalten oder einfach das Glück gepachtet haben, kann man ihnen nicht das Wasser reichen. Moralinsaure Reden, Ansprüche, die jemand selbst nicht halten kann oder will, veranlassen zur Redewendung Wasser predigen, aber Wein trinken. Als Synonym für Suizid wird auch ins Wasser gehen benutzt. Und in Krisen­zeiten steht einem schon mal das Wasser bis zum Hals oder schlägt das Wasser einem über dem Kopf zusammen. Da ist es gut, wenn man sich wie auch ­immer über Wasser halten kann. Noch besser, wenn man mit allen Wassern gewaschen ist. Wenn ­jemand aber gottgleich zu sein scheint, dann kann er selbst über Wasser gehen. Und es bleibt mehr als eine Binsenweisheit, dass man manche Dinge nicht ver­hindern oder aufhalten kann, versinn­bildlicht im wohlbekannten Wasser bricht sich Bahn.

Der Gesundheitsminister ist mit allen Wassern gewaschen; konnte man bei seinem Vorgänger hoffen, dass noch viel Wasser den Bach hinabläuft, dieser eher ein stilles Wasser war, gießt Jens Spahn den Apothekern immer mal wieder Wasser in den Wein. Aber auch umgekehrt wird er dabei erwischt, wie er Wein ins Wasser gießt. Man könnte seine Politik auch als Feuer und Wasser bezeichnen, mal so, mal so. Viele Jahre ohne Inflationsausgleich und ohne nennenswerte Vor­schläge seitens der regulierenden Politik, wie das Honorar auf zukunftssichere Beine zu stellen ist, Gutachten und in Auftrag gegebene Studien, die Ungemach hervorrufen, lassen die einen die Zukunft der Apotheke bei Wasser und Brot prophezeien. Soll hier Wasser abgegraben werden, soll geschaut werden, wie lange und wie viele sich über Wasser halten können? Predigt da einer Wasser, der selbst gerne Wein trinkt? So manche Reform zugunsten der Apotheker ist in den letzten Jahren dann doch noch ins Wasser gefallen, dass das Rx-Versandverbot nicht kam, war ein Schlag ins Wasser. Sind Apotheker zu stille Wasser, können sie kein Wässerchen trüben oder haben sie einfach nur zu nahe am Wasser gebaut? Vielleicht kann man aber der hohen Politik ganz einfach nicht das Wasser reichen. Bleibt die Hoffnung, dass genügend Wasser da ist, damit sich „in the long run“ dann doch die Erkenntnis Bahn bricht darüber, was von jeher den freien Beruf Apotheker auszeichnet – die unverwechsel­bare und nicht kopierbare Exper­tise rund ums Arzneimittel. |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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