Gesundheitspolitik

SPD zieht mit beim Rx-Boni-Verbot

Wasserdichte Regelung im Rahmenvertrag gefordert / Zu wenig Geld für Dienstleistungen

TRAUNSTEIN (cha) | Knapp zweiein­halb Jahre nach dem EuGH-Urteil vom Oktober 2016 zeichnet sich eine Möglichkeit ab, wie die deutschen Apotheken vor der unfairen Konkurrenz durch ausländische Versen­der geschützt und damit die flächen­deckende Arzneimittelversorgung erhalten werden kann.

Mit den vergangene Woche bekannt gewordenen neuen Eckpunkten von Gesund­heitsminister Jens Spahn soll zwar, anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, der Rx-Versand erlaubt bleiben. Zum Erhalt der Gleichprei­sigkeit soll aber das Rx-Boni-Verbot im Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 SGB V verankert werden. Neben weiteren Bestimmungen, u. a. zum Erhalt der freien Apothekenwahl und zur Angleichung des Botendienstes an den Versandhandel, ist die Einführung von honorierten Dienstleistungen ein Herzstück der geplanten Reform. Obwohl noch etliche Fragen offenbleiben, scheint ein wichtiges Hindernis beseitigt: Vergangenen Donnerstag wurde bekannt, dass die SPD, die sich anfangs noch kritisch geäußert hatte, die Eckpunkte mittragen will.

In einer ersten Reaktion auf die Eckpunkte begrüßte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt das „klare Bekenntnis zur Wiederherstellung des einheitlichen Arzneimittel­abgabepreises“ sowie „die Sicherung der freien Apothekenwahl“, insbesondere mit Blick auf die Einführung des E-Rezeptes. Auch die geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen begrüßte Schmidt in seiner Videobotschaft, monierte aber, dass die vorgesehene Summe, die deutlich unter dem in den Eckpunkten vom Dezember 2018 genannten Betrag liegt, nicht ausreiche, „um in absehbarer Zeit eine flächende­cken­de Verfügbarkeit dieser Dienstleistungen (...) erreichen zu können“.

Ähnlich äußerte sich DAV-Chef Fritz Becker in einer Pressemeldung: Prinzipiell ist er froh über den Erhalt der Gleichpreisigkeit, for­dert aber mehr Geld für die Dienstleistungen. Wichtig ist ihm vor allem, dass die zukünftige Regelung rechtssicher ist: „Entscheidend wird hier aber sein, dass dieses Ziel gesetzgeberisch auch wasserdicht umgesetzt wird und die Regelungen dauerhaft Bestand haben.“

Zeichnung: Kai Felmy

Nicht überall sind die Reaktionen der Standespolitiker jedoch so positiv. Die Kammer- und Verbandsspitze Brandenburg hatte schon kurz vor Erscheinen der Eckpunkte ABDA-Präsident Schmidt in einem Brief aufgefordert, wieder zum Rx-Versandverbot zurückzukehren. Nun legte die Landesapothekerkammer Hessen nach. Sie kritisiert in einer Pressemeldung, dass bei der geplanten Regelung Arzneimittel für Selbstzahler sowie Privatpatienten nicht erfasst würden; uneingeschränkte Gleichpreisigkeit könne nur durch ein Rx-Versandverbot erreicht werden.

Nicht zufrieden ist erwartungsgemäß auch Walter Oberhänsli, Chef der DocMorris-Mutter Zur Rose. Gegenüber der „Welt“ äußerte er: „Mit Befremdung haben wir festgestellt, dass offenkundig der EuGH und sein Urteil zur Boni-Gewährung aus 2016 vorsätzlich missachtet werden sollen.“ Gesundheits­politiker von CDU und CSU ignorierten die höchstrichterliche Entscheidung, „um eins zu eins die Forderungen der ABDA zu erfüllen“. Dies sei vor einer wichtigen EU-Wahl „mehr als erstaunlich“.

Dagegen hält CDU-Gesundheits­experte Michael Hennrich (MdB) den gefundenen Kompromiss für „eine kluge Lösung“. Beim Honorar sieht er jedoch ebenfalls Nachbesserungsbedarf: „Was das Apothekenhonorar und die genannten Summen angeht, müssen wir nochmals genauer hinschauen.“

SPD trägt Eckpunkte mit

Auch beim Koalitionspartner SPD sieht man nach anfänglich geäußerten Zweifeln die Eckpunkte positiv. Per Twitter teilte Fraktions­vize Karl Lauterbach am vergangenen Donnerstag mit: „Apothekenversandhandel muss überleben, er wird auf Land und in Telemedizin gebraucht. Wir werden daher nach Prüfung Spahns Vorschlag gegen Versandhandelsverbot mittragen.“ Der Berichterstatter für Apotheken, Edgar Franke, bestätigte gegenüber DAZ.online, dass die SPD-Fraktion den BMG-Vorschlag jetzt „konstruktiv mittragen“ wolle. Allerdings werde sie weiterhin darauf achten, dass die Formulierung im SGB V rechtssicher sei. Franke: „Wir werden da noch am europarechtlichen Feinschliff arbeiten.“ |

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