Gesundheitspolitik

AOK rüttelt am Mehrbesitzverbot

Studie zur Apothekendichte in Baden-Württemberg basiert nur auf AOK-Versicherten

STUTTGART (tmb) | Die AOK Baden-Württemberg hat die Verteilung der Apotheken im Bundesland untersucht und dabei große Unterschiede zwischen Stadt und Land festgestellt. Daraus leitet sie die Forderung ab, die Apothekenbetriebsordnung und das Mehrbesitzverbot in Regionen mit niedriger Apothekendichte zu lockern.

In der Studie hat die AOK Baden-Württemberg die Apothekendichte in den Kreisen und kreisfreien Städten des Landes ermittelt. Dazu hat sie die Zahl der AOK-Versicherten je Apotheke herangezogen, aber nicht die Relation zur Gesamtbe­völkerung. Damit wird die Statistik durch unterschiedliche Marktanteile der Krankenkasse in den Regionen verzerrt. Denn die Apotheken müssen sich am Bedarf der Gesamtbevölkerung orientieren und nicht nur an den AOK-Versicherten.

Als Extremwerte präsentiert die AOK die Städte Freiburg und Heidelberg mit 548 bzw. 619 AOK-Versicherten je Apotheke und den Landkreis Biberach mit 2211 AOK-Versicherten je Apotheke. Bei einer bevölkerungsbezogenen Betrachtung ergeben sich dagegen 1740 Einwohner pro Apotheke in Freiburg, 1590 in Heidelberg und 4611 im Kreis Biberach (ermittelt mit Einwohnerzahlen gemäß www.wikiwand.de). Auch Konstanz wird von der AOK mit 704 AOK-Versicherten je Apotheke als Beispiel für eine hohe Apothekendichte genannt. Bei bevölkerungsbezogener Betrachtung ergeben sich 2784 Einwohner je Apotheke. Dem stehen im ländlichen Kreis Tuttlingen 4647 Einwohner je Apotheke gegenüber. Solche Unterschiede sollten durch die Versorgungsfunktion der Städte für das Umland zu erklären sein.

AOK-Konzepte für die ländliche Versorgung

Doch die AOK Baden-Württemberg konstatiert „erhebliche Stadt-Land-Unterschiede in der Apothekendichte“. Diese seien auch eine Folge der Preisbindung für Rx-Arznei­mittel. Bei festen Preisen könnten die Apotheker Umsatzsteigerungen primär über die Menge der Packungen erreichen, die in der Nachbarschaft von Arztpraxen größer sei, folgert die AOK. „So lassen sich Apotheker lieber in der City nieder als in einer Kleinstadt“, heißt es von der AOK. In ländlichen Regionen mit geringem Verordnungsvolumen würden Patienten „oft schon heute“ von Botendiensten versorgt. Durch den Ausbau neuer Versorgungskonzepte und mit digitalen Rezeptsammelstellen könne Baden-Württemberg dabei zu einer Vorreiterregion für Deutschland werden. Die AOK führt in ihrer Presse­mitteilung aus: „Zudem steht die Einführung des elektronischen Rezepts nun endlich in den Start­löchern.“ Die Digitalisierung biete gerade für die Versorgung in ländlichen Räumen große Chancen. Weiter heißt es dort: „Die AOK Baden-Württemberg spricht sich für eine Lockerung der Apothekenbetriebsordnung und des Mehrbesitzverbotes in Regionen mit niedriger Apothekendichte aus.“ Damit könnten weitere „sinnvolle Versorgungskonzepte“ realisiert und eine „innovative Versorgung“ im Interesse der Patienten auf den Weg gebracht werden, erklärt die AOK, ohne diese Versorgungsideen auszuführen.

Doch im Rahmen einer Diskussionsrunde bei der Interpharm am 16. März hatte der Vorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, seine Vorstellungen erläutert. Demnach sollten nicht alle Apotheken gleich vergütet werden. Landapotheken sollten höhere Honorare erhalten, um sie für Apotheker attraktiver als den Betrieb einer Stadtapotheke zu machen, empfahl Hermann. Außerdem regte er an, die Bedingungen für Filialapotheken auf dem Land zu lockern. |

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