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Geordneter Rückzug?
Suche nach Alternativen zum Rx-Versandverbot beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern
Auf der Tagesordnung des Apothekertages Mecklenburg-Vorpommern stand die Frage: „Was erwarten wir von der Selbstverwaltung?“ Nach Vorträgen zu grundsätzlichen und strukturellen Fragen der Selbstverwaltung ging es in der anschließenden Podiumsdiskussion bald um das Rx-Versandverbot. Schmidt betonte zunächst, das Rx-Versandverbot sei geeignet, die Gleichpreisigkeit zu sichern. Es sei auch rechtlich möglich, aber politisch schwer durchsetzbar. Das Rx-Versandverbot sei inzwischen noch weniger wahrscheinlich als vor einem halben Jahr. Außerdem zitierte Schmidt den Vorsitzenden des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, Dr. Peter Froese, der kürzlich erklärt hatte, die Diskussion über das Rx-Versandverbot blockiere die Apotheker bei allen anderen Themen. Dazu ergänzte Schmidt: Wenn das Rx-Versandverbot umgesetzt würde, hätten die Apotheker keine Aussicht mehr, mit der Politik über eine bessere Honorierung oder andere Unterstützung zu sprechen. Schmidt fragte die Apotheker im Auditorium, ob sie beispielsweise mit dem Rx-Versandverbot mehr Personal bekämen. Außerdem werde die wirtschaftliche Entwicklung der Jahre 2012 bis 2017 so nicht weitergehen. „Wir brauchen eine deutliche Verbesserung der Vergütung“, forderte Schmidt. Doch folgerte er daraus auch, die Apotheker könnten jetzt nicht nur auf eine Maßnahme – also nicht nur auf das Rx-Versandverbot – setzen.
Apotheker sollen Prinzipien wahren
Dagegen appellierte Jörg Hähnlein, Präsident des Landesverbandes der freien Berufe Mecklenburg-Vorpommern, an die Apotheker, nicht von den Prinzipien der freien Berufe abzulassen. Das Problem der Apotheker sei ein Teil des Grundsatzstreits aller freien Berufe über ihre Gebührenordnungen. Dazu gehöre auch die Mischkalkulation, um die Leistungen für alle und jederzeit zugänglich zu machen.
Pläne B zum Rx-Versandverbot
Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, ergänzte, die bisherige Entwicklung des Versandhandels zeige nicht das Ausmaß des Problems. „Die Versender arbeiten nicht mit voller Leistung“, konstatierte Siemsen. Deren Anteil an den abgegebenen Rx-Arzneimitteln könne schnell 5 bis 8 Prozent erreichen.
Doch Schmidts geordneter Rückzug vom Rx-Versandverbot eröffnete eine Diskussion über mögliche Alternativen. Schmidt äußerte sich nicht dazu, ob solche „Pläne B“ bei der jüngsten Sitzung des ABDA-Gesamtvorstandes besprochen worden seien, zeigte sich aber offen für ganz unterschiedliche Varianten. Dies legt nahe, dass bei der ABDA kein Beschluss besteht, einen bestimmten „Plan B“ zu verfolgen. Offenbar gibt es zwei Jahre nach dem EuGH-Urteil weder eine ausgereifte Alternative bei der ABDA noch einen solchen Vorschlag des Ministeriums.
Als einen möglichen „Plan B“ erinnerte DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn in Binz an seinen Vorschlag für einen fondsfinanzierten Festzuschlag, der einen Sockelbetrag enthält und zudem von der Versorgungsform abhängen kann. Dazu erklärte Schmidt, dies sei ein Systemwandel, der eine komplette Änderung des Rechtsrahmens erfordere. Dennoch sei es ein gangbarer Weg, den er nicht ablehne. Die damit verbundene Umverteilung dürfe keine Ängste bei den Apothekern erzeugen. „Die übergroße Mehrheit muss Mut dazu haben“, forderte Schmidt als Voraussetzung.
Zu einem anderen „Plan B“, den Nacht- und Notdienstfonds aufzustocken, um die Vor-Ort-Apotheken zu stärken, erklärte Schmidt, dass dies auch schon von den Ministern Gröhe und Spahn angesprochen worden sei. Die Idee werde seit zwei Jahren diskutiert, aber es gebe dazu noch keine Festlegung. „Das hat eine klare Anreizwirkung“, erklärte Schmidt dazu und deutete mögliche Fehlanreize an. „Es hat keinen Sinn, Standorte über den Nachtdienst lebensfähig zu machen“, mahnte Schmidt.
Bei der Diskussion in Binz fragte Moderator Dr. Christoph Schümann, Vizepräsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, auch nach dem Umgang mit dem 2HM-Gutachten. Müller-Bohn erklärte dazu, man könnte die Kritik an dem Gutachten auf die unangebrachte Verrechnung der allermeisten Kosten zuspitzen und hätte damit eine wirksame und einfache Auseinandersetzung führen können. Schmidt entgegnete, die Fehler des Gutachtens seien durchaus in den Gremien kommuniziert worden und sie seien auch in der Politik bekannt. Schmidt gab sich optimistisch und äußerte die Prognose: „Wir werden mit diesem Text nicht mehr behelligt.“
Schmidt negiert „Stillhalteabkommen“
Außerdem wurde Schmidt mit dem Vorwurf konfrontiert, es habe ein „Stillhalteabkommen“ zwischen der ABDA-Spitze und Minister Spahn gegeben. Dazu entgegnete Schmidt, dies sei ein „Kampfbegriff“. Es habe so etwas nie gegeben.
Vielmehr habe der Minister im Frühjahr seine Agenda präsentiert, bei der die ambulante Versorgung erst an dritter Stelle gestanden habe. Darum habe der Deutsche Apothekertag der Beginn der Debatte sein sollen. Dazu entgegnete Nicola Norda, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, so sei das nicht an die Mitgliedsorganisationen weitergegeben worden. Sie habe beim Apothekertag Lösungsvorschläge erwartet. Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, bestätigte dies und ergänzte, Minister Spahn habe durch einen eigenen Post bei Facebook diese Erwartung ausgelöst.
Diskurs um ABDA-Finanzen
Auch im weiteren Verlauf der Diskussion ging es um die Beziehung zwischen der ABDA und ihren Mitgliedsorganisationen. Norda betonte, dass die Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern dem ABDA-Haushalt nicht zugestimmt habe. Sie beklagte, die ABDA stelle immer mehr Personal ein. Siemsen regte an, mit geringen Mitteln konstruktiv umzugehen. Schmidt verwies dagegen auf wachsende Aufgaben, zum Beispiel das neue Daten-Panel. Dies sei teuer, weil die ABDA sich für die „Nummer eins“ unter den Anbietern entschieden habe, um die Politik überzeugen zu können. Mit dem Budget für Öffentlichkeitsarbeit „sind wir faktisch nicht in der Lage, die mediale Präsenz zu erreichen, die Sie sich wünschen würden“, entgegnete Schmidt auf Forderungen nach mehr Aufmerksamkeit für die Anliegen der Apotheker. |
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