Gesundheitspolitik

Ärztetag ebnet Weg für ausschließliche Fernbehandlung

Heftige Diskussion über das Ausstellen von Verordnungen

TRAUNSTEIN (cha) | Am vergangenen Donnerstag hat der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt den berufsrechtlichen Weg für die ausschließliche Fernbehandlung von Patienten geebnet: Mit großer Mehrheit beschloss er eine Neu­fassung des § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte.

Laut Pressemeldung entspricht diese Neuregelung den Forderungen des letztjährigen Deutschen Ärztetages, „einerseits die Behandlung und Beratung aus der Ferne unter bestimmten Anforderungen zu ermöglichen und andererseits den persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt weiterhin in den Vordergrund zu stellen“. Als nächster Schritt soll die vom Ärztetag beschlossene Neufassung in die rechtsverbindlichen Berufsordnungen der Landesärztekammern übernommen werden. Heftige Diskussionen gab es ins­besondere um das Ausstellen von Verordnungen im Rahmen von ausschließlichen Fernbehandlungen: Dieser Punkt wurde nochmals an den Vorstand verwiesen.

Der geänderte § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung lautet: „Ärztinnen und Ärzte beraten und behandeln Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt. Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärzt­liche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.“

© Kai Felmy

Ärztetag: keine Callcenter, keine Kapitalgesellschaften

In weiteren Entschließungen bemühte sich der Ärztetag, die Rahmenbedingungen für die ausschließliche Fernbehandlung festzulegen. So sei es notwendig, Beratungen und Behandlungen aus der Ferne in die bestehenden Versorgungsstrukturen einzubinden. Die Abgeordneten des Ärztetages sprachen sich gegen den Aufbau eines neuen eigenständigen Versorgungsbereichs einer telemedizinischen Primärversorgung aus, insbesondere in Form kommerziell betriebener Callcenter. Ferner forderte der Ärztetag, dass die Fernbehandlung im vertragsärztlichen Sektor nur durch Vertragsärzte im Rahmen des Sicherstellungsauftrags erfolgt. „Kapitalorientierte Gesellschaften dürfen im vertragsärztlichen Sektor nicht in Konkurrenz zu Vertragsärzten treten oder gar Betreibereigenschaften für medizinische Versorgungszentren erhalten“, heißt es in einer Entschließung des Ärzteparlaments.

Ob bei einer ausschließlichen Fernbehandlung auch Verordnungen ausgestellt werden dürfen, wurde beim Ärztetag heftig dis­kutiert. Nach einem Bericht des „Ärzteblatts“ lehnte eine Mehrheit der Abgeordneten diese Option zunächst mehrheitlich ab (Entschließungsantrag IV-03). Mit der Begründung, dass Fernbehandlung ohne die Möglichkeit der Therapie „eine Rolle rückwärts“ sei, wurde jedoch eine erneute Lesung beantragt. Es werde in Baden-Württemberg in Modellprojekten „heftig“ daran gearbeitet, auch Verschreibungen bei einem telemedizinischen Erstkontakt online zu ermöglichen, und das Sozialministerium habe dafür bereits grünes Licht gegeben. Diese Argumenta­tion fruchtete offenbar: Mit 117 zu 91 Stimmen wurde der entsprechende Entschließungsantrag in 2. Lesung schließlich an den Vorstand überwiesen.

Mehrheitlich abgelehnt von den Delegierten wurde dagegen, so das „Ärzteblatt“ weiter, die Ausstellung einer Krankschreibung per Telefon oder Videokonferenz bei unbekannten Personen.

Glückwünsche von Bundesgesundheitsminister Spahn

Bundesgesundheitsminister Spahn, der im Vorfeld des Deutschen Ärztetags für eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots geworben hatte, lobte den Beschluss per Tweet: „Patienten werden unnötige Wege und Wartezeiten erspart. Und Ärzte können die digitale Welt aktiv gestalten anstatt dass es andere tun.“ |

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