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Arzneimittel und Therapie
Neu gegen Gallengangsentzündung
Obeticholsäure zur Behandlung der primär biliären Cholangitis seit Januar verfügbar
Die Entwicklung von Obeticholsäure (Ocaliva®) wurde durch die Entdeckung des Farnesoid-X-Rezeptors (FXR) in den 1990er-Jahren und die Identifizierung von Gallensäuren (z. B. Chenodesoxycholsäure) als dessen natürliche Liganden möglich. FXR wird hauptsächlich in der Leber, im Darm und in den Nieren exprimiert. Seine Aktivierung moduliert verschiedene metabolische, inflammatorische und immunologische Signalwege. Durch diese Entdeckung wurde klar, dass Gallensäuren weit mehr Funktionen besitzen als die Emulgation von Nahrungsfetten im Duodenum. Vielmehr spielen sie als Signalmoleküle eine wichtige Rolle bei der Regulation der Leber-, Darm- und Nierenfunktion. Obeticholsäure (6α-Ethyl-Chenodesoxycholsäure) besitzt eine etwa 100-fach höhere Affinität zu FXR als Chenodesoxycholsäure. Als Folge der Rezeptoraktivierung durch Obeticholsäure werden Gallensäuren vermindert synthetisiert und verstärkt sezerniert. Dadurch nimmt ihre toxische Wirkung auf die Hepatozyten ab. Außerdem führt eine Aktivierung des FXR-Signalwegs wahrscheinlich zu antiinflammatorischen und antifibrotischen Effekten.
Die primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die mit Entzündungen in den intrahepatischen Gallengängen beginnt und zu fibrotischem Umbau des Lebergewebes bis hin zum Tod führen kann. Bisher bestand die Standardbehandlung aus der Gabe von UCDS, die jedoch von einigen Patienten schlecht vertragen wird. Zudem sprechen bis zu 40% der Patienten nicht adäquat auf die Behandlung an. In der randomisierten doppelblinden Phase-III-Studie POISE erhielten die Teilnehmer über zwölf Monate entweder eine individuell titrierte Dosierung von einmal täglich 5 mg auf 10 mg Obeticholsäure (N = 70), eine feste Dosierung von einmal täglich 10 mg (N = 73) oder Placebo (N = 73). Der kombinierte primäre Endpunkt der Studie setzte sich zusammen aus einem Serumspiegel der Alkalischen Phosphatase (AP) unterhalb des 1,67-Fachen des oberen Normwerts, einer Reduktion der AP-Spiegel gegenüber dem Ausgangswert von mindestens 15% sowie Bilirubin-Spiegel im Normbereich: Er wurde in beiden Verum-Gruppen signifikant häufiger erreicht als in der Placebo-Gruppe (46% bzw. 47% unter 5 bis 10 mg bzw. 10 mg Obeticholsäure vs. 10% unter Placebo). Zudem erzielten signifikant mehr Patienten unter dem Verum eine AP-Reduktion von ≥ 15% als Patienten unter Placebo (jeweils 77% vs. 29%; p < 0,001). Die Bilirubin-Spiegel stabilisierten sich unter Obeticholsäure, während sie unter Placebo stiegen.
Pruritus als Nebenwirkung
Die Therapie wurde im Allgemeinen gut vertragen. Juckreiz trat bei 56% der Patienten in der 5 -bis-10-mg-Gruppe, bei 68% in der 10-mg-Gruppe und bei 38% unter Placebo auf. Mögliche Behandlungsstrategien bei Pruritus sind beispielsweise Antihistaminika, Dosisreduktion oder Therapieunterbrechung. Zu schweren unerwünschten Ereignissen (z. B. Osteoarthritis) kam es unter Verum bei 16% (5 bis 10 mg) bzw. 11% (10 mg), unter Placebo bei 4%.
Die Tabletten sollen unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Bei Patienten, die Gallensäure-bindende Harze (Colestyramin, Colestipol oder Colesevelam) einnehmen, sollte Obeticholsäure in einem Abstand von mindestens vier bis sechs Stunden davor oder danach verabreicht werden, da die Wirksamkeit von Obeticholsäure reduziert werden kann. |
Quelle
Ocaliva® zur Behandlung der primär biliären Cholangitis zugelassen. Pressemitteilung der Intercept Pharma Deutschland GmbH, München, 23. Januar 2017
Fachinformation Ocaliva®, Stand Dezember 2016
Nevens F et al. N Engl J Med 2016;375:631–43
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