Prisma

Kochsalz schädigt Darmflora

Zusammenhang mit Hypertonie und Multipler Sklerose vermutet

cae | Während früher viele Menschen unter einem Mangel an Kochsalz litten, ist heutzutage eher die Überversorgung ein Problem. Deren Auswirkungen sind jedoch individuell sehr verschieden. Einer von mehreren pathogenetischen Faktoren ist vermutlich die Interaktion von Kochsalz mit der Darmflora.

In Zusammenarbeit mit mehreren ­Forschungsgruppen in Deutschland, Belgien und den USA untersucht das Team von Dominik Müller am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin, wie sich hohe Kochsalzkonzentrationen auf das Vorkommen verschiedener Bakterienspezies im Darm auswirken und welche Folgen die Vernichtung einzelner Bakterienspezies für die Gesundheit von Versuchstieren und Probanden haben könnten. Hier einige Ergebnisse:

Spezifisch für die Darmflora von Mäusen ist das Milchsäure-produzierende Bakterium Lactobacillus murinus. Wenn Labormäuse zwei Wochen lang täglich 0,3 g Kochsalz mit der Nahrung aufnehmen, verschwindet dieses Bakterium aus ihrer Darmflora, und sie selbst entwickeln einen Bluthochdruck. In einer Kontrollgruppe er­hielten die Mäuse zusätzlich zur NaCl-reichen Ernährung eine Supplementation von L. murinus und blieben normotensiv. Parallel mit dem Verschwinden von L. murinus stieg die Konzentration der T-Lymphozyten vom Typ TH17, die das proinflammatorische Interleukin-17 sezernieren.

TH17-Zellen gelten nicht nur als Auslöser einer Hypertonie, sondern auch der Multiplen Sklerose (MS). Zur Erforschung der MS bei Labormäusen wird bei ihnen die sehr ähnliche Experimentelle Autoimmune Enzephalomyelitis (EAE) induziert. Eine NaCl-reiche Ernährung verstärkte bei EAE-Mäusen die Symptomatik, während die gleichzeitige Supplementation von L. murinus diese Verschlimmerung verhinderte.

Foto: Matthias Stolt – stock.adobe.com
Die Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die mit einem zu hohen Kochsalzverzehr getriggert werden könnte.

Bei Menschen sind Laktobazillen kein obligatorischer Bestandteil der Darmflora, sie gelten jedoch als gesundheitsfördernd und werden deshalb auch als Probiotika vermarktet. In einer Studie mit zwölf Probanden, die täglich eine Tablette mit 6 g Kochsalz erhielten, ließen sich nur bei fünf Teilnehmern Laktobazillen im Kot nachweisen, und bei ihnen sank deren Konzentration während der Behandlung. Es ist möglich, dass die anderen Probanden ihre Laktobazillen schon vorher durch einen zu hohen Salz­konsum eingebüßt hatten. Die weitere Erforschung des Zusammenhangs von Laktobazillen im Darm mit Hypertonie und MS dürfte spannend werden. |

Quelle

Wilck N et al. Salt-responsive gut commensal modulates TH17 axis and disease. Nature; Epub 15.11.2017

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