Gesundheitspolitik

Kein „Rütteln“ am Fremdbesitzverbot

TRAUNSTEIN (cha) | Wie beurteilen die Gesundheitspolitiker der im Bundestag vertretenen Parteien den Ausgang der Bundestagswahl? Die AZ hat nachgefragt.

Da es noch keine „offiziellen“ gesundheitspolitischen Sprecher der Fraktionen gibt, hat die AZ als Gesundheitsexperten bekannte Bundestagsabgeordnete befragt.

Hennrich (CDU): Position des Apothekers stärken

Der CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich glaubt nicht, dass es zu dramatischen Änderungen in der Gesundheitspolitik kommt. Bei FDP und Grünen gebe es hier keine Gemeinsamkeiten, beispielsweise beim Thema Bürgerversicherung versus Dualität. Zudem sei die FDP neu im Bundestag und habe viele Entwicklungen nicht begleitet, das müsse sich erst einspielen. In Bezug auf die Apotheken stellt Hennrich fest, dass „wir nicht die einfachsten Partner für dieses Thema haben“. Das Rx-Versandverbot wäre am leichtesten mit der SPD durchzusetzen, die Grünen seien in ihrer Ablehnung klarer und sehr einig. Die FDP gehe sogar noch weiter und lehne nicht nur das Rx-Versandverbot, sondern auch das Fremdbesitzverbot ab. Hennrich hält das Thema Rx-Versandverbot für offen. Er geht aber davon aus, dass Einigkeit darin besteht, dass die Position des Apothekers im Gesundheitssystem gestärkt wird. Wie das umgesetzt werde, müsse man sehen, z. B. über eine Verbesserung der Honorierung oder eine bessere Vergütung der Beratung.

Stracke (CSU): Einigung beim Rx-Versandverbot schwierig

Stephan Stracke von der CSU sieht für den Bereich der Gesundheit „viele Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien, aber teilweise auch große Unterschiede“. Für die CSU sei eine flächendeckende Versorgung mit Apotheken unabdingbar, gerade auch im ländlichen Raum. „Daher wollen wir“, so Stracke, „das ortsnahe Apothekenangebot sichern, indem wir den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbieten“. Die Haltung der Grünen beurteilt Stracke anders als sein CDU-Kollege Hennrich. Stracke wörtlich: „Die Grünen haben sich in dieser Frage noch nicht abschließend positioniert.“ Die FDP lehne ein pauschales Versandhandelsverbot ab und möchte die Wahlfreiheit zwischen in- und ausländischen Versandapotheken beibehalten. Daher werde es nicht leicht sein, zwischen diesen unterschiedlichen Positionen eine Einigung herbeizuführen.

Aschenberg-Dugnus (FDP): Fremdbesitzverbot bleibt

Foto: FDP Schleswig-Holstein
Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) schlägt eine Erhöhung der Notdienstpauschale vor.

Mit der FDP hatten die Apotheker im Wahlkampf bekanntlich wenig Freude: In ihrem Wahlprogramm lehnten die Liberalen nicht nur das Rx-Versandverbot ab – sie forderten auch die Abschaffung des Fremdbesitzverbots. Weitaus versöhnlichere Töne sind jetzt von der FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus zu hören. Zwar lehne die FDP das Rx-Versandverbot ab, aber sie wolle auf keinen Fall, dass die flächendeckende Versorgung mit Apotheken wegfalle. Eine mögliche Gegenmaßnahme sei eine Erhöhung des Notdienstfonds-Beitrags von derzeit 16 Cent, sodass höhere Notdienstpauschalen ausgezahlt werden könnten. Eine klare Meinung hat Aschenberg-Dugnus zum Fremdbesitzverbot: „Das Fremdbesitzverbot soll bleiben, mit mir ist daran nicht zu rütteln!“ Die Apotheke vor Ort sei wichtig, „sie leiste eine hervorragende Beratung und Betreuung“ und sei „das Beste für die Patientenversorgung“. In der ärztlichen Grundversorgung fordert die schleswig-holsteinische FDP-Politikerin, dass die Budgets abgeschafft werden und der Morbi-RSA umgestellt wird.

Schulz-Asche (Grüne): Versand als Ergänzung

Kordula Schulz-Asche von den Grünen verweist darauf, dass ihre Partei sich im Wahlkampf und Wahlprogramm für eine gute Gesundheitsversorgung für alle eingesetzt habe. Das bleibe auch nach der Wahl unverändert ihr Ziel. „Dazu gehört“, so Schulz-Asche, „die wohnortnahe Arzneimittelversorgung durch die Inhaber-geführte Apotheke vor Ort, wie auch, ergänzend, die Versorgung per Versand.“ Längst überfällige Reformprozesse des Heilberufs Apotheker sollten, so Schulz-Asche weiter, in der nun anbrechenden Wahlperiode angegangen werden. Dazu verweist sie auf die bereits Anfang des Jahres ergangenen Vorschläge ihrer Fraktion, die in Form eines Antrags in den Bundestag eingebracht wurden. Anmerkung: Darin sprachen sich die Grünen für ein Höchstpreismodell aus, um kurzfristig die Benachteiligung einheimischer Apotheken zu beenden, sowie – längerfristig – für eine grundlegende Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung.

Dittmar (SPD): Honorar-Gutachten abwarten

Sabine Dittmar von der SPD verwies in ihrer knappen Stellungnahme darauf, dass sich die Position der SPD bei der „Rx-Fragestellung“ nicht verändert habe. Die SPD warte auf das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums, das Mitte November vorliegen werde.

Vogler (Linke): Hält die Union am Rx-Versandverbot fest?

Kathrin Vogler von der Linkspartei fürchtet, dass durch den Ausgang der Bundestagswahlen „ein sozial gerecht und nachhaltig finanziertes Gesundheitswesen leider in weite Ferne“ gerückt sei. Als Verfechterin des Rx-Versandverbots nimmt sie die Union in die Pflicht: „Bezüglich des Versandhandelsverbots muss man gespannt sein, ob die Union an dem festhält, was sie vorher gesagt hat.“

Auch die AfD haben wir um eine Stellungnahme gebeten. Ein Mitarbeiter der Partei wollte sich zwar um einen Kontakt bemühen. ­Dieser kam allerdings bis zum ­Redaktionsschluss der AZ nicht zustande. |

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