Gesundheitspolitik

GKV-Spitzenverband schießt gegen Apotheken

Positionspapier für die nächste Legislaturperiode beschlossen

BERLIN (ks) | Der GKV-Spitzen­verband hat in der vergangenen Woche ein Positionspapier für die nächste Legislaturperiode beschlossen. Ein Unterpunkt betrifft die Arzneimittelversorgung. Um deren Qualität und Finanzierbarkeit zu sichern, hält der GKV-Spitzenverband weitgreifende Änderungen für nötig. Unter anderem plädiert er dafür, den Apothekenmarkt zu liberalisieren und das Fremd- und Mehrbesitzverbot aufzuheben. Zudem müsse mehr Transparenz bei der Apothekenvergütung geschaffen werden.

Aber auch für die Pharma-Branche hält der Spitzenverband Provokationen bereit. So will er sich einsetzen für die Rückwirkung des Erstattungsbetrags ab dem ersten Tag, nutzenorientierte Preise und einen gesteigerten Anbieterwettbewerb bei biologischen Arzneimitteln.

Als eine der besonderen Herausforderungen für die kommenden Jahre sieht der GKV-Spitzenverband die Digitalisierung. Hier müssten die Potenziale besser genutzt und von der Selbstverwaltung aktiv gestaltet werden. 

Gut 30 Seiten umfasst das Positionspapier, das der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes am 28. Juni beschlossen hat. Die Passage zu Apotheken macht dabei allerdings nicht einmal eine halbe Seite aus. Sie hat es dennoch in sich.

Ja zum Versand, Ketten und Fremdbesitz

Unter dem Zwischentitel „Apothekenmarkt liberalisieren und Transparenz über die Vergütungen schaffen“ heißt es: „Um auch künftig eine sichere, zeitnahe und wirtschaftliche Versorgung mit Arzneimitteln zu gewährleisten, ist der Apothekenmarkt zukunftsfähig und patientenorientiert weiterzuentwickeln.“ So sei die Vertriebsstruktur im Apothekenmarkt so anzupassen, dass eine bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung der Patienten auch in Regionen mit einer geringen Bevölkerungsdichte sichergestellt bleibt. „Jede Form der Arzneimittelabgabe muss sich zuvorderst am Bedarf der Patientinnen und Patienten messen lassen. Ein ergänzender Versandhandel stellt deshalb ein geeignetes Mittel dar, dieses Ziel zu erreichen.“ Doch damit nicht genug: „Eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes ist aus Markt- und Wettbewerbsgründen geboten.“

Ein weiterer Punkt ist die Vergütung der Apotheken: Diese sei ebenso gestiegen wie die Arzneimittelausgaben. Nicht zum ersten Mal fordert der GKV-Spitzenverband besseren Einblick in die wirtschaftliche Lage der Apotheken. Seine Forderung: „Dringend verbessert werden muss jetzt die Transparenz über dieses Vergütungsgeschehen, um auf der Grundlage von Patientenbedarfen die Vergütungen besser gestalten zu können.“ Ohne ­diese Transparenz dürfen die Apothekenvergütungen nicht mehr ­angepasst werden, so der GKV-Spitzen­verband. Doch in der Vergangenheit sei dies „mehrfach durch den Gesetzgeber geschehen“.

Auch im Pharmamarkt insgesamt hält der GKV-Spitzenverband Transparenz für unerlässlich – im Hinblick auf Preis und Nutzen. Das geplante Arztinformationssystem ermöglicht aus seiner Sicht eine qualitativ hochwertige Verordnung und zugleich eine größere Rechtssicherheit für die Vertragsärzte (Regressgefahr!). Dieses müsse jedoch eine neue Klassifikation zu Patientengruppen und Industrieunabhängigkeit gewährleisten. Ferner bleibt der Spitzenverband bei seiner Forderung, den Erstattungsbetrag ab dem ersten Tag gelten zu lassen, um „Mondpreise“ zu verhindern. Hilfsweise sei der Fortbestand des Preismoratoriums erforderlich.

Mehr Substitutionsmöglichkeiten für Apotheken

Mit Blick auf die steigenden Kosten für biologische Arzneimittel, fordert der Verband ebenfalls neue Steuerungsinstrumente. Unter anderem sollte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Aufgabe erhalten, zu regeln, welche biolo­gischen Arzneimittel in der Apotheke untereinander substituiert werden können.

Ein längeres Kapitel widmet der GKV-Spitzenverband der Digitalisierung. Herausragende Bedeutung misst er der Einführung der elektronischen Patientenakte zu. Sie sei Gradmesser für den Gesamt­erfolg der Telematikinfrastruktur und der elektronischen Gesundheitskarte. Zudem will der GKV-Spitzenverband mit telemedizinischen Anwendungen die Versorgung in strukturschwachen Regionen verbessern. Auf Basis laufender Modellprojekte sollte geprüft werden, ob das „im Grundsatz weiterhin sinnvolle“ Fernbehandlungsverbot in den Berufsgesetzen an­gepasst werden sollte. |


Lesen Sie hierzu auch den Kommentar "Total hinterher" von Dr. Benjamin Wessinger in dieser AZ.


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