Gesundheitspolitik

Kommentar: Warn- oder Startschuss?

Benjamin Wessinger

Jeder zweite junge Apotheker will nicht in der Apotheke arbeiten, sondern lieber einer „nicht-kurativen“ Tätigkeit nachgehen, sprich in der pharmazeutischen Industrie, Forschung oder Verwaltung arbeiten (s. „Abkehr von der Apotheke“, S. 4 dieser AZ). Zwar wurden nur 100 Apotheker befragt, doch dieses Ergebnis – das es bei den ebenfalls befragten Human- und Zahnmedizinern so nicht gibt! – muss der Apothekerschaft zu denken geben.

Gleichzeitig wurde auf dem Hauptstadt-Kongress deutlich, dass selbst führende Gesundheitspolitiker keine Lösungs­ansätze mehr für das Problem der Rx-Boni ausländischer Kapitalgesellschaften haben. Mindestens bis zur Einigung auf eine neue Koalition nach der Bundestagswahl können die EU-Versender nun also ihre Marktanteile ausbauen und potenziell strukturverändernde Tatsachen schaffen.

Vielleicht ist es ja Resignation angesichts der vielen Nackenschläge der letzten Zeit, die junge Apotheker an ihrem Beruf zweifeln lässt. Denn auch aus der Apothekerschaft fehlen Visionen mit Strahlkraft (der Elan nach Verabschiedung des Perspektivpapiers scheint verebbt) und durchdachte Vorschläge, beispielsweise zur Weiterentwicklung der Vergütungssystematik. Der von ABDA-Präsident Schmidt mit der Idee des Einschreibemodells gemachte erste Aufschlag ist offenbar ins Aus gegangen – der Ball wurde nie zurückgespielt.

Vielleicht kann man die Warnschüsse der letzten Zeit zu einem Aufbruchsignal machen, um der Politik und der Gesellschaft die immense Bedeutung des Apothekerberufs zu verdeutlichen – und dem eigenen Nachwuchs seine Attraktivität.

Benjamin Wessinger, Chefredakteur der AZ

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