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Gesundheitspolitik
Landgericht weist DocMorris in die Schranken
Auch OTC-Abgabe unzulässig – Hüffenhardter Videoberatung muss (vorläufig) schließen
Erwirkt hat diese einstweilige Verfügung der Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg. Hier freut man sich über den Erfolg. Das Urteil zeige, dass auch Hüffenhardt „kein rechtsfreier Raum, kein Phantasialand ist, in dem man sich die Welt zurechtbiegt, wie man es gerade will“, sagte LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth. DocMorris hingegen sprach von einem „Urteil gegen die Interessen der Gemeinde Hüffenhardt und ihrer Einwohner“. Das letzte Wort ist mit dem Mosbacher Urteil aber nicht gesprochen.
Das Landgericht Mosbach hat sein erstes Urteil im Fall DocMorris in Hüffenhardt gesprochen. Vier weitere werden in dieser und der kommenden Woche folgen. Vermutlich werden sie zum gleichen Ergebnis kommen – doch schon jetzt ist klar: DocMorris kann in Hüffenhardt nicht weitermachen. Nach der Entscheidung des Landgerichts könnten die Niederländer zwar noch freiverkäufliche Arzneimittel abgeben – doch die Abgabe apotheken- und verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist unzulässig. Damit ist Schluss für DocMorris im Odenwald.
Kein Versandhandel
Die Entscheidungsgründe des Gerichts lagen vergangene Woche noch nicht vor. In seiner Presseerklärung macht es aber bereits klar, dass es der Argumentation von DocMorris, die Aktivitäten in Hüffenhardt seien von der Versandhandelserlaubnis gedeckt, nicht folgt. Allein der Umstand, dass die Arzneimittel über ein Videoterminal angefordert würden, mache deren Abgabe nicht zu einer Bestellung über den Versandhandel. Denn beim Versandhandel sei sich der Kunde bewusst, dass er einige Zeit warten muss, bis er seine Bestellung erhält, erklärt das Gericht. Der Kunde, der die Medikamentenausgabestelle in Hüffenhardt aufsuche, beabsichtige hingegen, das Arzneimittel gleich mitzunehmen, wie bei einer zugelassenen Präsenzapotheke. Außerdem sei, wie bei einer Präsenzapotheke, der Kundenkreis der Abgabestelle in Hüffenhardt örtlich eingeschränkt, während den Versandhandel die regelmäßig jedermann zur Verfügung stehende Bestellmöglichkeit auszeichne.
Handschriftliche Abzeichnungen nicht möglich
Das Gericht sieht ferner Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der Apothekenbetriebsordnung verletzt. So sei der Apotheker verpflichtet, bei Unklarheiten die Verschreibung vor der Abgabe des Arzneimittels zu ändern, dies auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben. Weiterhin müssten jeder Verschreibung neben bestimmten Angaben das handschriftliche Namenszeichen des Apothekers oder des sonst befugt handelnden pharmazeutischen Personals hinzugefügt werden. Dies sei in Hüffenhardt vor der Abgabe eines Medikaments durch den Medikamentenausgabeautomaten nicht möglich.
DocMorris: Nicht im Sinne der Einwohner Hüffenhardts
DocMorris zeigte sich enttäuscht und überschrieb seine Pressemitteilung mit: „Landesapothekerverband verhindert patientenorientierte Versorgung der Gemeinde.” Vorstandsvorsitzender Olaf Heinrich erklärte: „DocMorris steht seit jeher für mehr Wettbewerb und innovative Lösungen im Apothekenmarkt, wie unsere Videoberatung mit Arzneimittelabgabe zeigt. Wir hatten uns daher eine Rechtsprechung im Sinne der Einwohner Hüffenhardts erhofft. Das Urteil erschwert es, die Situation in ländlichen Regionen zu verbessern und die Chancen der Digitalisierung als Lösung zu begreifen.“
LAV: Ein Etappensieg
Der LAV Baden-Württemberg begrüßt die Entscheidung hingegen: „Das Gericht ist heute unseren guten und überzeugenden Argumenten gefolgt. Die Arzneimittelabgabe in Hüffenhardt bewegte sich abseits aller Vorschriften und Vorgaben, die für eine erlaubte und apothekenrechtlich einwandfreie Abgabe von Arzneimitteln bestehen“, so Geschäftsführerin Hofferberth. „Was dort als verlängerter Arm eines zulässigen Versandhandels ausgegeben werden sollte, entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage.“
Hofferberth macht aber auch deutlich, dass das Mosbacher Urteil nur ein erster Etappensieg ist. Das „ungleiche Kräftemessen einer großen Kapitalgesellschaft gegen kleine inhabergeführte Apotheken” werde weitergehen. Doch sie betont: „Der LAV wird den Kampf für seine Mitglieder mit aller Entschiedenheit fortsetzen.“ Denn: „Es widerspricht unserem Rechtsempfinden zutiefst, wenn die öffentlichen Apotheken alle Vorgaben und Regularien für einen rechtmäßigen Betrieb streng einhalten – und bei Nichtbeachtung bestraft werden, während eine ausländische Kapitalgesellschaft sich über geltendes Apotheken- und Arzneimittelrecht hinwegsetzen kann. Die Dreistigkeit, mit der man bestehendes und geltendes Recht ignoriert hat, ist beispiellos.” Würde dies Schule machen, käme es zu einem Dammbruch – es tue daher gut, wenn nun ein Gericht bestätige, dass auch Hüffenhardt „kein rechtsfreier Raum, kein Phantasialand ist, in dem man sich die Welt zurechtbiegt, wie man es gerade will.“
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen
Das Landgericht Mosbach wird noch in vier weiteren Eilverfahren Urteile zum Fall Hüffenhardt sprechen. Für den 21. Juni ist die nächste Urteilsverkündung anberaumt. Dann geht es um die Verfahren der drei Apothekerinnen und Apotheker, die von Noweda unterstützt werden. DocMorris hatte diese Unterstützung in der mündlichen Verhandlung als rechtsmissbräuchlich kritisiert.
Ferner sind noch die Klage und der Eilantrag von DocMorris am Verwaltungsgericht Karlsruhe anhängig. Hiermit geht die Kapitalgesellschaft gegen den Schließungsbescheid und die Anordnung des Sofortvollzugs im Hinblick auf Rx-Arzneimittel vor. |
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