Arzneimittel und Therapie

Zumindest keine Nebenwirkung

Gentherapie für Parkinson auch über fünf Jahre sicher

ms | Ein Ansatz der Gentherapie zur Behandlung von Morbus Parkinson zielt darauf ab, die dopaminergen Regionen im Gehirn zu modifizieren und so ihrem Verfall entgegenzuwirken. Dazu werden intakte Gene, die für das neuroprotektive Protein Neurturin kodieren, in die Zellen eingebracht. Die Sicherheit der Methode wurde nun auch über fünf Jahre nachgewiesen. Aussagen über ihre Wirksamkeit lassen sich jedoch noch nicht treffen.

Das Protein Neurturin gehört zur Gruppe der neurotrophen Faktoren. Es verbessert die Funktion von Nervenzellen und schützt sie vor Degeneration. Somit erscheint der Einsatz bei Krankheiten, die mit dem Verlust von Nervengewebe einhergehen, eine vielversprechende Option zu sein. In Tierversuchen zu Morbus Parkinson konnten bereits neuroprotektive Wirkungen nachgewiesen werden.

Mit der Gentherapie werden die dopaminergen Regionen so modifiziert, dass sie in der Lage sind, Neurturin selbst zu synthetisieren. Hierfür wird ein funktionsfähiges Neurturin-Gen in den Vektor rAAV2 (rekombinanter Adeno-assoziierter Virus Serotyp-2) eingebaut. Daraufhin wird der modifizierte Vektor in das Gehirn injiziert (siehe Kasten).


Was ist Gentherapie?

Gernot Krautberger – Fotolia.com

Durch einen Gentransfer ist es möglich, Erb­informationen in Form von Nukleinsäurefragmenten in eine Zelle oder ein Gewebe einzubringen. Die Nukleinsäuren dienen in der Zelle als Vorlage zur Protein-Synthese. Mit den eingebrachten Genen können defekte Gene ersetzt oder Fehlfunktionen kompensiert werden. Um einen Gentransfer zu ermöglichen und die Membran der Zellen zu überwinden, wird ein geeignetes „Transportvehikel“, der sogenannte Vektor, benötigt. Viren eignen sich besonders als Vektoren, weil sie im Laufe der Evolution Strategien entwickelt haben, um ihre eigenen Erbinformationen in Wirtszellen einzuschleusen und sich mithilfe des Zellmetabolismus zu reproduzieren. Wird die virale DNA entfernt und durch die gewünschten Nukleinsäurefragmente ersetzt, verliert das Virus die Fähigkeit, sich zu vermehren, und dient nur noch zum Transport des einzubringenden Gens. Man unterteilt bei viralen Vektoren integrierende und nicht-integrierende Systeme. Erstere bauen das Genfragment in das Erbgut der infizierten Zelle ein und eignen sich deshalb für teilungsaktive Zellen. Nicht-integrierende Vektoren eignen sich im Gegensatz dazu eher für teilungsinaktive Gewebe wie z. B. Skelettmuskeln oder das Gehirn. In Studien erzielten gentherapeutische Ansätze teils beeindruckende Ergebnisse im Bereich der primären Immundefizite. Auch für die Lerbersche Kongenitale Amaurose, einer speziellen Form der Erblindung, gibt es erste gute Ansätze. Mit Glybera® wurde 2012 eine Gentherapie für die Behandlung der Lipoproteinlipase-Defizienz zugelassen. Den Erfolgen stehen auch einige Rückschläge im Bereich der Nebenwirkungen gegenüber, zum Beispiel Leukämien nach Modifikation von Blutstammzellen.

Vielversprechende Ergebnisse

In klinischen Studien wurde die Sicherheit der Gentherapie bereits über ein Jahr getestet, nachdem das Gen in Gewebe der Basalganglien (Putamen oder Substantia nigra) gespritzt wurde. Unter den Studien waren eine open-label Phase-I-Studie und eine durch Schein-Operationen kontrollierte Phase-II-Studie mit insgesamt 47 Patienten mit fortgeschrittenem Parkinson. In diesen Studien wurde der Vektor in das Putamen injiziert. In einer weiteren Studie erhielten sechs Patienten die Injektion sowohl in das Putamen als auch in die Substantia nigra. Die Studienteilnehmer wurden in einem Follow-up über fünf Jahre beobachtet, die sechs Teilnehmer der modifizierten Studie über drei Jahre. Insgesamt traten 29 schwerwiegende Nebenwirkungen auf, von denen die Autoren neun Fälle als möglicherweise mit der Gentherapie in Zusammenhang stehend einschätzten. Die Probanden wurden darüber hinaus in viertel- bis halbjährlichen Abständen auch medizinisch untersucht. Sowohl die Laborwerte als auch die motorischen Fähigkeiten waren stabil bis leicht verbessert. Eine Aussage zur Effektivität lässt sich aber aufgrund des Studiendesigns nicht treffen.

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Gentherapie mit rAAV2, der ein Neurturin-Gen trägt, auch fünf Jahre nach der Behandlung sehr sicher ist. Auf einen direkten Zusammenhang zwischen Behandlung und schwerwiegenden Nebenwirkungen schließen die Autoren in keinem Fall. Diese Erkenntnis ist vor dem Hintergrund interessant, dass modifizierte Zellen auch nach Jahren funktionsfähiges Neurturin produzieren können. Abzuwarten bleiben weitere Studien zur Wirksamkeit der Therapie. |

Quelle

Marks Jr WJ et al. Human gene therapy. 2015;27(7):522-527

Bühning H, Grez M. Die Gentherapie kommt aus den Kinderschuhen. Forschung Frankfurt 2013, www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de

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