Foto: DAZ/Schelbert

Rezeptur

Hilfe bei Neurodermitis

Mögliche Wirkstoffe und Vehikel in Rezeptur und Defektur

Neurodermitis ist eine chronische oder chronisch rezidivierende nicht ansteckende Hauterkrankung. Etabliert sind auch die Bezeichnungen atopisches, konstitutionelles Ekzem oder atopische Dermatitis. Wahrscheinlich durch die heutige Lebensweise verursacht ist sie in den Industrienationen in den letzten Jahrzehnten besonders stark auf dem Vormarsch. Die Hauptleidtragenden sind Kinder. In Europa leiden bis zur Einschulung ca. 15% von ihnen unter Neurodermitis [1]. | Von Dominic Kram

Neurodermitis, ihre Ursachen und das primäres Ziel der Therapie

Die Ursachen für den Ausbruch dieser Dermatitis sind bis dato noch nicht eindeutig geklärt. Bekannt ist, dass genetische, immunologische, aber auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Allergien sind bekannte Triggerfaktoren und sollten in die Diagnostik mit einbezogen werden. Während in den ersten beiden Lebensjahren Nahrungsmittelallergien dominieren (Allergene wie Milch, Ei, Weizen und Soja), spielen mit zunehmendem Alter inhalative Allergene eine Rolle (wie Kot der Hausstaubmilbe, Pollen, Tierhaare). Aufschluss liefern der Pricktest und der Nachweis spezifischer IgE-Antikörper [2]. Das zentrale Problem ist die gestörte Hautbarriere mit allen assoziierten Begleiterscheinungen wie Hauttrockenheit, ihre Entzündung, quälender Juckreiz und Brennen bis hin zu Sekundärinfektionen durch Bakterien, Pilze und Viren. Das primäre Ziel ist es folglich, die Barrierefunktion der Haut weitgehend wiederherzustellen und damit das Intervall zwischen Neurodermitisschüben möglichst groß zu halten. Für das Gelingen sind eine topische, phasengerechte Ekzembehandlung sowie eine geeignete konsequente Basispflege entscheidend. Dermatikarezepturen erfüllen beides. Durch das individuelle Abstimmen von Wirkstoff und Grundlage auf den Hautzustand ist eine besonders zielgerichtete Behandlung möglich. Sie beinhaltet auch den Verzicht auf relevante Kontaktallergene (z. B. Duftstoffe, Konservierungsmittel, Wollwachs, Erdnussöl).

Wirkstoffgruppen in der Therapie

Je nach Phase und Schweregrad der Erkrankung werden verschiedene Wirkstoffgruppen eingesetzt. Aufgrund der gestörten Hautbarriere und des damit mangelnden Eigenschutzes kommt es häufig zu Infektionen durch Bakterien, Pilze und Viren. Dies macht gegebenenfalls eine Therapie mit Antibiotika, Antimykotika, Virostatika oder auch Antiseptika notwendig. Parallel dazu erfolgt eine antiinflammatorische und juckreizstillende Behandlung. Wird der Juckreiz nicht effektiv gelindert, verhindern Kratzattacken nicht nur das Abheilen, sondern verschlechtern das Hautbild zusätzlich. Für eine schnelle Remission sind zudem regenerierende und pflegende Wirkstoffe weitere wesentliche Bestandteile von Externa-Rezepturen.

Wahl der Grundlage in Abhängigkeit von der Akuität

Ebenso wichtig wie der Wirkstoff ist die Wahl des Vehikels, das heißt eine phasengerechte Galenik. Zur Entscheidungsfindung gibt es verschiedene Schemata, nach denen die Grundlage in Abhängigkeit vom Hauttyp sowie der Akuität der Dermatitis gewählt werden kann (Abb. 1 [3] und Abb. 2 [4]). Hieraus resultiert als vereinfachte Faustregel „feucht auf feucht“ und „fett auf trocken“. In akuten Erkrankungsstadien werden Formulierungen mit hohem Wasseranteil verwendet. Sie besitzen kühlende, trocknende, antiexudativ und entzündungswidrige Eigenschaften. In subchronischen und chronischen Stadien kommen Grundlagen mit höherem Fettgehalt zum Einsatz. Sie zeichnen sich durch ihre mazerierenden, quellenden, wärmestauenden Eigenschaften aus und besitzen besondere Tiefenwirkung [5].

Abb. 1: Art der Grundlage in Abhängigkeit vom Hauttyp.

Abb. 2: Dermatikagrundlagen und ihre Anwendung und Wirkung bei Neurodermitis [nach Niedner et al.]

Die Gruppe der Pasten ist zu heterogen, um sich stimmig in die Übersichtsgrafik (Abb. 2) der Dermatikagrundlagen einzufügen. Generell ist zwischen harten Pasten mit einem Pulveranteil von ca. 50% und den weichen Pasten mit 15 bis 30% zu differenzieren. Entsprechend ihren unterschiedlichen Eigenschaften besitzen sie verschiedene Einsatzgebiete. Der prominenteste Vertreter der weichen Pasten ist die Pasta Zinci mollis DAB mit 30% Zinkoxid. Obwohl sie kein Wasser enthält, findet sie vor allem in der subakuten Phase der Neurodermitis Anwendung. Ihrem Zink-Anteil ist eine entzündungswidrige und zudem leicht antibakterielle, antimykotische und antivirale Wirkung geschuldet. Beim allergischen Kontaktekzem, Exanthem sowie seborrhoischen Ekzem wird sie als mildes Adstringens verwendet [6], aber auch von trockener Haut wird sie wegen ihres hohen Fettanteils toleriert [7]. Im Kontrast dazu ist die Pasta Zinci DAB wegen ihres hohen Pulveranteils von 50% (Zinkoxid 25% und Weizenstärke 25%) austrocknend, sekretbindend, wundheilungsfördernd sowie kühlend und findet, wenn überhaupt, bei akuten, stark nässenden Schüben als Verbandpaste kurzfristig Einsatz. Die bessere Wahl in diesem Stadium ist aber bestimmt eine stärker kühlende und wieder leichter zu entfernende Schüttelmixtur wie z. B. die Zinkoxid-Schüttelmixtur DAC.

Anspruch an die Grundlage

Viele klassische Dermatikagrundlagen, wie die anionische hydrophile Creme DAB, Wollwachsalkoholcreme DAB, Basiscreme DAC, um nur einige prominente Vertreter zu nennen, sind bewährt und zu Recht fester Bestandteil der offizinellen Arzneimittelherstellung. Zur Behandlung Barriere-gestörter Haut scheinen die meisten aber in vielerlei Hinsicht antiquiert. Sie besitzen selbst keinen nachhaltigen positiven Effekt auf die Haut [8]. Dies liegt an ihren vorwiegend mineralischen Fettkomponenten sowie dem Fehlen eines regenerierenden Therapiekonzepts. Mineralische Fette können zwar auch durch Ausbilden eines Schutzfilms auf der Haut den transepidermalen Wasserverlust senken, aber anders als hochwertige pflanzliche Fette können sie sich nicht in die hauteigene Struktur integrieren und besitzen per se keine unterstützenden Fettbegleitstoffe. Entscheidend für eine schnelle Remission sind zudem gezielt ausgewählte Vitamine, Mineralien, Aminosäuren, ungesättigte Fettsäuren und Moisturizer. Sie sollten nicht erst oder ausschließlich in Pflegeprodukten zum Einsatz kommen – sie gehören bereits zur Therapie.

In den letzten zehn Jahren ist der Markt an gut verträglichen Rohstoffen deutlich gewachsen. So gibt es z. B. eine große Auswahl hautverträglicherer nicht-ionischer, Polyethylenglykol-freier (PEG führt zu verstärkten Auswascheffekten) Emulgatoren auf Glucose-Basis oder auf Basis hydrierter Pflanzenöle. Der Auswascheffekt tritt ein, wenn Emulgatoren unverändert in der Hornschicht der Haut verbleiben und dann bei Kontakt mit Wasser die Hautfette emulgieren und so ein Auswaschen ermöglichen. Andere innovative Systeme bestehen aus lamellaren Strukturen, die den Hautlipiden ähneln und deshalb auch als Derma-Membran-Strukturen bezeichnet werden. Ceramide und Phosphatidylcholin sind ihr Bindeglied zwischen Wasser und Fettkomponente – ein Emulgator wird nicht benötigt. Die in der Rezeptur immer noch verwendeten Parabene sind ebenfalls längst überholt. Eine mikrobiologische Stabilität von ca. einem halbem Jahr (für Rezepturen vollkommen ausreichend) kann ohne Probleme z. B. durch eine Mischung der besser verträglichen und zudem feuchtigkeitsbindenden Alkohole Phenethylalkohol, Caprylylglycol, Pentylenglycol oder Ethylhexylglycerin erreicht werden. Warum also nicht Neuerungen, die sich auf Kosmetikebene bewährt haben, auch in der Therapie nutzen? Bis dato sind sie kaum in der Apothekenrezeptur angekommen, wenn überhaupt dann in der Verwendung von Kosmetika als Grundlage für pharmazeutische Wirkstoffe. Dies ist wiederum nur eingeschränkt möglich, weil längst nicht alle geeigneten Kosmetika mit einem validen Prüfzertifikat erhältlich sind. Auch mangelt es mitunter an validen Identitätsprüfungen für die Ausgangsstoffprüfung. Dabei sind viele Möglichkeiten in der Apotheke gegeben. Ein einfaches Beispiel ist die Kühlcreme DAB. Sie ist zugegeben alles andere als neu, aber sie kommt ohne Emulgator aus, verzichtet auf mineralische Fette und kann eine hervorragende Cremegrundlage für die Behandlung der subchronischen und chronischen Neurodermitis sein. Für Nussallergiker ist der Austausch des Erdnussöls gegen Alternativen wie Neutralöl oder Olivenöl möglich, und mit etwas Fingerspitzengefühl können neben antientzündlichen Wirkstoffen die Therapie unterstützende Wirkstoffe wie Harnstoff, Glycerin, Milchsäure, Dexpanthenol, Vitamin E und Allantoin eingearbeitet werden [9]. Wem dies zu aufwendig ist, dem bleibt zumindest die Option, den fertigen Grundlagen gezielt entsprechende Wirkstoffe und pflanzlich wertvolle Fettkomponenten zu ergänzen, um so die Basis den Ansprüchen Barriere-gestörter Haut anzupassen.

Geeignete pflanzliche Fettkomponenten

Nicht nur das Wasser-Fett-Verhältnis kann auf die Akuität der Dermatitis abgestimmt werden, sondern auch die Wahl der Fettkomponenten. Dazu zählen Kriterien wie ein ausgewogenes Fettsäurespektrum und eine angepasste Spreitbarkeit. Leicht spreitende Öle werden in der akuten Phase angenehmer empfunden und verhindern einen Wärmestau. Schlecht spreitende Fette bieten einen längeren Schutz vor transepidermalem Wasserverlust, sind stärker rückfettend und prädestiniert für die Behandlung im subchronischen und chronischen Zustand. Sinnvoll ist ihre Kombination. So wird ein möglichst breites Spektrum an Fettsäuren und wirksamen Begleitstoffen abgedeckt.

Generell sind pflanzliche Fettkomponenten Vielstoffgemische, die vor allem anhand ihrer spezifischen Fettsäurezusammensetzung und ihrer Fettbegleitstoffe charakterisiert werden. Besonders aussagekräftig sind ihre Iodzahlen. Sie können meist dem Analysenzertifikat entnommen werden und sind ein Maß für den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Konkret beschreiben sie, wieviel Gramm Iod von den in 100 g Öl oder Fett enthaltenen freien Doppelbindungen gebunden werden kann [10]. Mittels Iodzahl sind Rückschlüsse auf die oxidative Stabilität und damit auf den Trocknungsprozess möglich. Als Trocknungsprozess von Ölen bezeichnet man das Vermögen, unter Einfluss von Luftsauerstoff zu trocknen. Dabei nehmen ungesättigte Fettsäuren Sauerstoff auf und bilden eine zähe Masse. Dieser kann durch kühle, dicht verschlossene Lagerung und durch Verarbeitung zusammen mit lipophilen Radikalfängern (z. B. Tocopherol 0,2%) wirksam hinausgezögert bzw. unterbunden werden. Nicht trocknende Öle haben eine Jodzahl unter 95, halbtrocknende Öle zwischen 95 und 120 und trocknende Öle oberhalb von 120 [10] (siehe Abb. 3). An den „Steckbriefen“ zu Neutralöl, Sheabutter, Olivenöl, Jojobawachs und Nachtkerzenöl werden die unterschiedlichen Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten besser greifbar.

Abb. 3: Iodzahlen als ein Maß für den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren.

Neutralöl besteht aus einer Mischung mittelkettiger Triglyzeride natürlichen Ursprungs und zeichnet sich durch seine hohe oxidative Stabilität (Iodzahl 1), sehr gute Verträglichkeit und schnelle Spreitbarkeit aus. In Rezepturen kann es als Basisöl eingesetzt werden, um eine leichtere Haptik zu erzielen. Der guten Verträglichkeit ist allerdings auch das Fehlen wirksamer Fettbegleitstoffe wie z. B. Phytosterine, Phospholipide und Tocopherole geschuldet. Dies sollte durch weitere Rezepturbestandteile kompensiert werden [11].

Sheabutter ist nicht nur ein natürlicher Konsistenzgeber und leichter Koemulgator, sondern eine Fettkomponente, die sich häufig in Fertigprodukten zur Behandlung von Neurodermitis findet. Neben Tocopherolen, Wachsestern, Vitamin A und Catechinen ist ihr Gehalt an Phytosterinen hervorzuheben. Diese pflanzlichen Sterine sind dem Cholesterin, das in der Haut als wichtiger Barrierestoff fungiert, sehr ähnlich und kann selbiges bei gestörter Hautbarriere ersetzen [12]. Mit einer mittleren Iodzahl von 63 ist Sheabutter oxidativ stabil. Wegen seines vergleichsweise schlechten Spreitverhaltens empfiehlt sich die Kombination mit hochspreitenden Basisölen wie Neutralöl.

Olivenöl ist ein nicht trocknendes, mittelspreitendes Basisöl (mittlere Iodzahl von 83). Vor allem sein hoher Gehalt an Öl- und Palmitinsäure ist für die restrukturierende Wirkung verantwortlich. Weil es nur sukzessiv einzieht, wirkt es mazerierend und ist besonders für schuppige und raue Haut­zustände geeignet [13].

Jojobawachs ist ein mittelspreitendes, flüssiges Wachs von nicht fettiger Haptik. Es besteht zu über 97% aus flüssigen, langkettigen Wachsestern, die denen des menschlichen Talgs sehr ähnlich sind und sich deshalb sehr gut in diesen integrieren. Seine Jodzahl, die dem des Olivenöls sehr nahekommt, bestätigt seine hohe oxidative Stabilität. Hauteigene Lipasen bauen es nur sehr langsam ab, wodurch es die Hornschicht langanhaltend vor Wasserverlust schützt. Hervorzuheben ist, dass Mikroorganismen wie Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa oder Candida albicans Jojobawachs nicht verstoffwechseln können und ihnen so ihre Lebensgrundlage entzogen wird [13].

Nachtkerzenöl ist ein mittelspreitendes, trocknendes Wirkstofföl (mittlere Jodzahl 154). Charakteristisch ist sein hoher Gehalt an Linolsäure und α-Linolensäuren. Insbesondere diese Komponenten können sich in die Lipidstruktur der Haut integrieren und so die Barriereeigenschaften regenerieren. Da es ein oxidativ sehr empfindliches Öl ist, wird es sinnvollerweise mit oxidativ stabilen Ölen und Tocopherol kombiniert.

Pflanzliche Extrakte in der Therapie

In der klassischen topischen Stufentherapie der Neurodermitis werden nach wie vor primär Glucocorticoide verwendet und dies, obwohl es häufig an Akzeptanz und damit auch an notwendiger Adhärenz mangelt. Dieser Umstand ist eng mit den unerwünschten Wirkungen (Hautatrophie, Striae, Teleangiektasie oder Hypertrichose) verknüpft, die bei falscher oder zu langer Anwendung auftreten. Neuere Wirkstoffe aus der Gruppe der Calcineurin-Inhibitoren sind zwar bezüglich des Nebenwirkungsprofils weniger problematisch, verursachen aber oft ein Brennen, was ihre Anwendung bei der vermehrt betroffenen Gruppe der Kleinkinder stark einschränkt. Aus diesem Grund sind pflanzliche Extrakte und Wirkstoffe, insbesondere bei schwächeren Verlaufsformen oder während der subakuten Phase eine echte Behandlungsalternative. Für den Einsatz in Rezeptur und Defektur gibt es eine Vielzahl standardisierter Extrakte in pharmazeutischer Qualität. Bewährt hat sich der Einsatz von Tinkturen der Ballonrebe (Cardiospermum halicacabum), der Zaubernuss (Hamamelis virginana) oder des Bittersüßstängels (Solanum dulcamara). Sie besitzen antiinflammatorische und juckreizlindernde Wirkung. Erfreulich ist, dass die Wirkung vieler pflanzlicher Extrakte nicht nur auf traditionellem Wissen basiert, sondern kontinuierlich durch Forschungsarbeiten untermauert wird [14, 15, 16]. So sind mittlerweile auch die Wirkmechanismen Hyperforin-haltiger Dermatika gut erforscht und mit Studien belegt. Das Hyperforin aus dem Johanniskraut erhöht bei Anwendung die intrazelluläre Calcium-Konzentration in der unteren Epidermis und stimuliert so die Proliferation der Keratinozyten. Neben diesem regenerierenden Effekt hat Hyperforin antibakterielle und durch Hemmung der Lipoxygenase und Cyclooxygen­ase entzündungshemmende Wirkung [17]. Ebenso alt wie auch facettenreich ist der Einsatz von Weihrauch, der mittlerweile als Monografie in das Europäische Arzneibuch aufgenommen wurde. Da trotz zahlreicher erfolgreicher Studien in der EU noch keine zugelassenen Fertigarzneimittel auf dem Markt sind, schließt die Apotheken-Rezeptur und -Defektur diese Lücke. Boswelliaharz-Extrakte dienen der Behandlung von zahlreichen Hautstörungen. Neben atopischer Haut mit Barrierestörungen werden sie auch bei Sonnenerythem, Akne, Rosacea, perioraler Dermatitis, aktinischer Keratose und Psoriasis eingesetzt [18]. Für die Herstellung von Rezepturen zur dermatischen Anwendung sind standardisierte, feinst gepulverte Trockenextrakte mit belegtem Gehalt an β-Boswelliasäuren (z. B. 3-O-Acetyl-11-keto-ß-boswellic acid nicht unter 10%) geeignet (siehe Tabelle 1). Ihre antiinflammatorische Wirkung wird auf verschiedene Mechanismen zurückgeführt: Die Hemmung der 5-Lipoxygenase und damit der Leukotrien-Produktion sowie die Beeinflussung der Prostaglandine und Proteasen, wodurch insbesondere bei Neurodermitis das strukturbindende Filaggrin am Abbau gehindert wird. Je nach Einsatzgebiet und Wirkstoffgehalt haben sich Konzentrationen von 2 bis 10% bewährt.

Dass dem Pflanzenreich immer wieder neue potente Wirkstoffe entspringen, belegt das jüngste Beispiel Cannabidiol. Es ist das am häufigsten vorkommende Cannabinoid im Faserhanf, ist nicht psychoaktiv und unter anderem in der Lage, das Endocannabinoid-System in positiver Weise zu modulieren. Daraus ergeben sich auch für die Dermatologie breite Einsatzmöglichkeiten [19]. Wir können gespannt sein, welche Neuerung die Zukunft bringt.

Tab. 1: Standardisierte Pflanzenextrakte und ihre Inhaltsstoffe
Extrakt
bedeutende Inhaltsstoffe
gängige Einsatzkonzentration
Ballonrebenextrakt
Saponine, Tannine, Flavonoide
5 bis 10%
Bittersüßstängelextrakt
alpha- und beta-Solamarin, Steroidsaponine, Gerbstoffe
5 bis 10%
Zaubernussextrakt
Hamamelitannin, Ellagtannin
3 bis 10%
Johanniskrautauszüge
Hyperforin
5 bis 100% (als Rotöl)
Weihrauchtrockenextrakt
Boswelliasäuren
2 bis 10%

Fazit

Die Wiederherstellung der physiologischen Barrierefunk­tion der Haut ist das wichtigste therapeutische Ziel bei der Behandlung des atopischen Ekzems. Die Substitution des reduzierten Lipidgehalts und endogener wasserbindender Substanzen ist neben der antiinfektiösen und antientzündlichen Behandlung von immenser Bedeutung. Der Einbezug neuer Kenntnisse aus der Kosmetik und pflanzlicher Extrakte und Wirkstoffe ermöglicht die Entwicklung wirk­samer Externa-Rezepturen und -Defekturen. Diese rück­fettenden und rehydrierenden Lokaltherapeutika, bei denen gezielt Triggerfaktoren gemieden werden (Emulgatoren mit Auswascheffekt, reizende Konservierungsmittel, Duftstoffe ...), sind ein wirksamer Beitrag, um Neurodermitikern den Leidensdruck zu verringern und symptomfreie Phasen zu verlängern. Die Apotheke vor Ort leistet hier einen großen Beitrag und kann so ihre pharmazeutische Kompetenz unter Beweis stellen. |

Literatur

 [1] Werfel T et al. The diagnosis and gradet treatment of atopic dermatitis. Dtsch Ärzteblatt Int 2014;111:509-520

 [2] Heratizadeh A. Leitlinie Neurodermitis (atopisches Ekzem; atopische Dermatitis), AWMF-Registernummer 013-027, Stand 31. März 2015

 [3] Gloor M et al. Dermatologische Externatherapie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York;2000;27

 [4] Niedner R, Ziegenmeyer J. Dermatika, Therapeutischer Einsatz, Pharmakologie und Pharmazie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart;1992 (Abb. 2)

 [5] Gloor M et al. Dermatologische Externatherapie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2000:29

 [6] Ammon HPT, Schubert-Zsilavecz M. Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch 11. Auflage, Walter de Gruyter Berlin New York 2014

 [7] Gloor M et al. Dermatologische Externatherapie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2000:41

 [8] Lautenschläger H. Korneotherapie – Bindeglied zwischen Dermatologie und Kosmetik, KOKO Kosmetikvertrieb GmbH & Co. KG 2011:146

 [9] Kram D. Unguentum leniens. DAZ 2016;6:56-59

[10] Ammon HTP, Schubert-Zsilavecz M. Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch 11. Auflage, Walter de Gruyter Berlin New York 2014

[11] Käser H. Naturkosmetische Rohstoffe, Wirkung, Verarbeitung, kosmetischer Einsatz. Freya Verlag, Linz 2010

[12] Lautenschläger H. Korneotherapie – Bindeglied zwischen Dermatologie und Kosmetik, KOKO Kosmetikvertrieb GmbH & Co. KG 2011:121

[13] Käser H. Naturkosmetische Rohstoffe, Wirkung, Verarbeitung, kosmetischer Einsatz. Freya Verlag, Linz 2010

[14] Schulz V, Hänsel R. Rationale Phytotherapie, Ratgeber für die Praxis 3. Auflage Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996

[15] Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin. www.enzyklopaedie-dermatologie.de/artikel?id=16233

[16] Korting HC. Dermatotherapie Ein Leitfaden Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1995

[17] Leuner K, Kraus M, Boehnke WH, Schempp CH, Müller WE. Hyperforin-haltige Dermatika bei Neurodermitis – Neue Erkenntnisse zum Wirkmechanismus. DAZ 2010;19:45-49

[18] Lautenschläger H. Weihrauch – Harz mit Heilkraft. medical Beauty Forum 2015;4:12-16

[19] Cannabidiol CBD Eigenschaften – Perspektiven, Informationsbroschüre der Trigal Pharma GmbH, Felix Mottl Straße 32, A-1190 Wien

Autor

Dr. rer. nat. Dominic ­Andreas Kram

Pharmaziestudium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (1999 – 2003), Dissertation im Fach pharmazeutische Biologie an der FU Berlin in Kooperation mit der Immunologie des Robert Koch-Instituts Berlin (2004 bis 2008). Seit 2009 Apothekenleitung der Marien-Apotheke GbR in Neukirchen b. Hl. Blut, mit Hautklinikversorgung. Mitglied in der Gesellschaft für Dermopharmazie.

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