Die Seite 3

Große Verantwortung

Foto: DAZ/Kahrmann

Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

Die Apotheken in Deutschland sind – aus gutem Grund! – kleinteilig organisiert. Große Apothekenketten mit finanzstarken und entsprechend durchsetzungsfähigen Kapitalgesellschaften im Hintergrund gibt es bei uns nicht. Für die Apotheker hat dies aber einen Nachteil: Sie stehen praktisch immer größeren, wirtschaftlich stärkeren Geschäfts- oder Verhandlungs­partnern gegenüber – Arzneimittelherstellern, Großhändlern und Krankenkassen.

Damit die Apotheken in dieser Situation bestehen können, ist der Arzneimittel- bzw. Apothekenmarkt gesetzlich reguliert. Außerdem haben sich die Apotheker eine Standesvertretung geschaffen, die ihre Interessen gebündelt v. a. gegenüber der Politik vertritt. Wie der als „Apotheken-Ökonom“ bekannte Wirtschaftsprofessor Andreas Kaapke in seiner Analyse „Quo vadis, Standesvertretung?“ auf S. 24 dieser DAZ darlegt, ist eine starke Interessenvertretung in einer solchen Konstellation – viele kleine Mitglieder in einem stark von gesetzlichen Regelungen abhängigen Markt – besonders wichtig.

Aus dieser für ihre Mitglieder potenziell existenziellen Bedeutung der Vertretung resultiert natürlich eine ebensolche Verantwortung. Wenn die Standesvertreter die heutige Struktur der Apotheke verteidigen, dann ergibt sich daraus eben auch die Verpflichtung, die Interessen ihrer Mitglieder bestmöglich wahrzunehmen.

Wie es dabei um die Standesvertretung der Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland steht, mag jeder für sich beurteilen. Bahnbrechende Erfolge waren in letzter Zeit jedenfalls eher spärlich gesät; und die Beurteilung mancher Ergebnisse differiert zwischen Basis und Funktionären doch erheblich.

Beim Dauerthema Vergütung beispielsweise gibt es seit Jahren keinen Durchbruch. Ein Gesetzesvorhaben nach dem anderen wird umgesetzt, ohne dass sich darin die immer wieder versprochenen Anpassungen im Rezeptur- und BtM-Bereich wiederfinden, von der Anhebung des Fixhonorars ganz zu schweigen. Die vom Nacht- und Notdienstfonds (NNF) ausgeschütteten Summen liegen bisher durchwegs unter den ursprünglich versprochenen 120 Millionen Euro im Jahr.

Auch bei wichtigen Zukunftsthemen kommen die Apotheker nicht richtig voran: Der Medikationsplan kommt zwar im Herbst, aber vorerst ohne die pharmazeutische Kompetenz von Anfang an zu nutzen. Das mühsam erkämpfte ABDA-KBV-Modell kommt im Gewande von ARMIN nur als regionales Modellprojekt – und seit Jahren nicht so richtig in die Gänge. Das neue Leitbild ist, zum „Perspektivpapier“ abgeschwächt, auf gutem Weg, in der Versenkung zu verschwinden. Wichtige „Handlungsfelder“ wie die Reformierung des Pharmaziestudiums scheinen bereits beerdigt, zumindest ist von der einstigen Forderung, die Approbationsordnung zu ändern, heute nichts mehr zu hören.

Übrigens: Die Gesellschaft (in Form der gewählten Volksvertreter) hat sich in letzter Zeit immer wieder zur Struktur der Apotheken in Deutschland bekannt. Dieses Bekenntnis gilt aber nicht für die Standesorganisationen. Wenn es der Erhalt der Apothekenstruktur erfordert, muss sich die der Standesvertretung ändern – auch radikal, falls das nötig sein sollte!


Dr. Benjamin Wessinger

1 Kommentar

Von mir dafür...

von Bernd Jas am 26.05.2016 um 18:06 Uhr

ein radikales LIKE, falls das möglich sein sollte!

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