Prisma

Ein Prozent „Kuckuckskinder“

„Ganz der Vater“ stimmt öfter als vermutet

cae | Die Häufigkeit von „Kuckuckskindern“, die einen anderen leib­lichen Vater haben als den, der sich dafür hält, wurde früher auf etwa zehn Prozent geschätzt. Aktuelle Untersuchungen rechnen nur noch mit etwa ein Prozent.
Foto: picture alliance/blickwinkel/R. Lammers

Kuckuck im Nest mit „Wirt“ (Teichrohrsänger). Anders als bei menschlichen Kuckuckskindern ist beim Vorbild in der Natur nicht nur der Vater, sondern auch die Mutter betrogen.

Einige Tierarten, darunter überpro­portional viele Vögel, leben monogam. Dies ist die Voraussetzung für das Phänomen Seitensprung, das es in einer Population mit promisker Lebensweise nicht gibt. Die Evolutionstheorie erklärt den „Sinn“ des Seitensprungs ­damit, dass sowohl das Weibchen als auch das Männchen durch Kopulationen mit fremden Partnern („shopping around for good genes“) die Chance für gesunden Nachwuchs erhöhen, ohne die Vorteile der Monogamie aufzugeben. So beträgt der Anteil „außerehelich“ gezeugter Nachkommen bei vielen monogamen Tieren rund zehn Prozent. Dieser Prozentsatz wurde nicht einfach auf menschliche Gesellschaften mit Monogamie übertragen, sondern man hielt die bekannt gewordenen Fälle von Ehebruch und Kuckuckskindern für die Spitze eines Eisbergs und nahm entsprechend hohe Dunkelziffern an.

Die Daten von Knochenmarkspenderregistern eignen sich wegen der dort erfassten Angaben zum HLA-System sehr gut zur Abstammungsforschung. Die HLA-Gene sind außerordentlich polymorph, und wenn sich die HLA-Gene eines Vaters und seines Kindes unterscheiden, ist dies ein relativ ­sicherer Hinweis auf eine Nichtvaterschaft im biologischen Sinne. Schon 1994 ergab eine Auswertung der Daten von Knochenmarkspendern in der Schweiz einen Anteil von 0,64 Prozent Kuckuckskindern. Eine Düsseldorfer Dissertation von 2011 wertete die Daten von 971 Personen sowie deren Eltern aus und kam auf eine Nichtvaterschaftsrate von 0,94 bis 1,03 Prozent [1]. Nun haben Wissenschaftler der Katholischen Universität Löwen (Belgien) eine Übersichtsarbeit zu dem Thema publiziert [2]; darin sind auch historische Untersuchungen vertreten, die die Vaterschaft anhand des Y-Chromosoms nachweisen. Demnach betrug die durchschnittliche Nichtvaterschafts­rate in Flandern während 500 Jahren 0,9 Prozent pro Generation; bei einer norditalienischen Bevölkerungsgruppe lag sie bei 1,2 Prozent pro Generation im Verlauf von 400 Jahren. |

Quellen

[1] Wolf M. Untreue in Partnerschaften: Zur Prävalenz von Nichtvaterschaft und zur Messung von Eifersucht. Diss phil Düsseldorf 2011

[2] Larmuseau MHD, et al. Cuckolded Fathers Rare in Human Populations. Trends Ecol Evol; Epub 5.4.2016

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