Gesundheitspolitik

Kassen wollen an die Rx-Boni

Aber wie kommen sie an die Rabatte der ausländischen Versandapotheken?

BERLIN (bro/az) | Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verfolgt offiziell weiterhin das Ziel, den Rx-Versandhandel zu verbieten. Und die SPD will nach wie vor nicht mitmachen. Doch ­solange nichts passiert, fließen die Boni auf Rezept mit dem Segen des Europäischen Gerichtshofs an die Versicherten. Aber ist es richtig, dass der Patient sie einstreicht? Oder gehören sie nicht eigentlich der Versichertengemeinschaft? Dem Vernehmen nach ist man auch darüber in der Großen Koalition uneins. Die Krankenkassen sind hingegen klar letzterer Auffassung – manche artikulieren das schon jetzt deutlich, andere geben sich zurückhaltender, einige schweigen lieber ganz. Denn was sagt der Versicherte, wenn die Kasse die ihm gerade erst erlaubten Boni selbst beansprucht? Offen ist allerdings, was geschehen muss, damit die Kassen tatsächlich an die Rabatte der Versender aus dem Ausland herankommen. Beim AOK-Bundesverband liebäugelt man mit der Idee von Höchstpreisen.

Der GKV-Spitzenverband will sich zu dem Thema, wem die Boni gehören, nicht äußern. Ein Sprecher der Barmer GEK erklärte jedoch: „Preisnachlässe durch Rx-Boni stehen aus unserer Sicht der Ver­sichertengemeinschaft zu.“ Auch sein Kollege beim AOK-Bundesverband sieht es ebenso: „Arzneimittel sind grundsätzlich kein Konsumgut. Fehlanreize durch Mehrabsatz und Verbrauch sollten in einem Sachleistungssystem, das auf Solidarität aufbaut, vermieden werden. Boni und Rabatte sollten daher gemäß dem solidarischen Sachleistungsprinzip nicht an Einzelne gegeben werden.“

© Kai Felmy

Während die AOK gar keinen Grund sieht, die Versicherten an den Boni zu beteiligen, erklärt die Barmer: „Wenn die Versandapotheken Rx-Boni gewähren, werden die Patientinnen und Patienten an den reduzierten Arzneimittelab­gabepreisen durchaus beteiligt. Sie profitieren dann durch eine ­geringere Zuzahlung bei den entsprechenden Präparaten.“

Unklar ist, wie die Weiterleitung der Boni an die Kassen technisch geschehen soll. Die AOK hat aber schon einen ziemlich genauen Plan: „Die Kassen könnten Verträge mit den Versandapotheken machen, ähnlich wie das mit den Krankenhausapotheken heute schon möglich ist. Hierzu könnte man die Arzneimittelpreisverordnung für die Versandapotheken (wie von deren Bundesverband selbst vorgeschlagen) auf einen Höchstpreis umstellen. Dann fließen ausgehandelte Rabatte direkt von der Versandapotheke zu den Kassen“, so der AOK-Sprecher.

Die Barmer gibt sich weitaus zurückhaltender. Es sei noch offen, wie die Boni zu den Kassen kommen könnten. In jedem Fall bevorzugt die Barmer GEK „ein einfaches und unbürokratisches Verfahren“. Und weiter: „Denkbar wäre zum Beispiel, dass die Krankenkassen den Apotheken den ­Abrechnungspreis abzüglich des Rx-Bonus erstatten.“ Der Sprecher erklärte aber auch: „Ob die Kassen einen rechtlichen Anspruch auf die Boni haben, muss noch abschließend juristisch beurteilt werden.“

Der AOK-Bundesverband gesteht ebenfalls ein, dass der Gesetzgeber aktiv werden muss, wenn die Kassen an die Rabatte kommen sollen: „Krankenkassen haben bisher weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Grundlage, den Anspruch auf Boni geltend zu machen (und damit auch klageweise durchzusetzen). Es müssten also die Rechtsnormen (AMPreisV, SGB V) geändert werden, um den Kassen einen Anspruch auf Boni zu gewähren.“ |


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