Gesundheitspolitik

Hohe Hürden für Pick-up-Stellen

Verwaltungsgericht untersagt Rezeptsammlung im Supermarkt durch Präsenzapotheke

BERLIN (ks) | Eine Apothekerin, die in einem Edeka-Markt eine Sammelbox für Rezepte aufgestellt hatte, hat vom Verwaltungsgericht keinen Segen für ihr besonderes Angebot erhalten. Die Richter meinen: Es handelt sich um eine unerlaubte Rezeptsammelstelle. (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. September 2016, Az.: 19 K 5025/15)

Eine Apothekerin hatte im Eingangsbereich eines Supermarkts einen auffälligen Aufsteller platziert. Darauf befand sich das Logo der Apotheke und die Aufschrift „Hier können Sie Ihre Rezepte einwerfen“. Der Aufsteller bot zudem eine Schreibmöglichkeit und in ­einem Regal gab es Bestellscheine zum Ausfüllen und Briefumschläge. Es wurde versprochen: „Bis 14:00 Uhr einwerfen und noch am selben Abend nach Hause geliefert bekommen!“ Der Briefkasten stand ebenfalls bereit. Dieser wurde einmal am Tag von der Apotheke geleert, ausgeliefert wurden die Arzneimittel über den Botendienst. Auf Wunsch konnten die Kunden die Medikamente aber auch in der Apotheke abholen.

Daran störte sich zunächst eine Mitbewerberin. Nach erfolgloser Abmahnung leitete sie ein Eilverfahren ein, mit dem sie letztlich vor dem OLG Hamm Erfolg hatte. Dieses entschied, dass es sich um eine nicht genehmigte Rezeptsammelstelle handele. Daran ändere auch das Vorliegen einer Versandhandelserlaubnis nichts. Denn die Arzneimittelabgabe erfolge eben nicht im Versand, sondern per ­Boten oder in der Apotheke.

Vertriebskonzept umgestellt

Von einer unzulässig betriebenen Rezeptsammelstelle ging auch die Aufsichtsbehörde aus, die die Herner Apothekerin im Februar 2015 erstmals mit dieser Auffassung konfrontierte. Doch die Pharmazeutin ließ sich nicht so schnell kleinkriegen und stellte ihr Konzept nach dem Urteil des OLG um. Ab Juni 2015 konnten die Kunden zwischen Lieferung der bestellten Medikamente durch den Botendienst der Klägerin oder Versand durch einen externen Dienstleister wählen. Den (kostenfreien) Botendienst offerierte sie nur innerhalb von Herne und nur montags bis freitags. Das Versandangebot über einen Dienstleister galt für Bestellungen über die Stadtgrenze hinaus.

Doch auch diese Umstellung ­überzeugte die Aufsicht nicht. Sie erließ im Oktober 2015 eine Ordnungsverfügung, mit der sie der Apothekerin untersagte, ihre Einrichtung ohne Erlaubnis weiter zu unterhalten. Zudem sei sie unverzüglich abzubauen.

Ende September 2016 kam es nun zu einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Gelsenkirchen. Denn gegen die Aufsichtsbehörde und deren Ordnungsverfügung ging die Apothekerin selbst juristisch vor. Zumindest in erster Instanz blieb ihr der Erfolg jedoch verwehrt. Das VG bestätigte die Verfügung. Die klagende Apothekerin sei nicht in ihren Rechten verletzt, weil die Aufsichtsbehörde ihre Rezeptsammlung untersagt und den Abbau der Vorrichtung angeordnet habe. Die Verwaltungsrichter sind wie ihre Kollegen von den Zivil­gerichten der Auffassung, es liege ein Verstoß gegen § 24 ApBetrO vor. Weder habe sie die Erlaubnis, eine Rezeptsammelstelle zu betreiben, noch hätte sie Anspruch eine solche erteilt zu bekommen (kein abgelegener Ort, zudem Sammlung in einem Gewerbebetrieb). Schon äußerlich sei die Einrichtung auf die Rezeptsammlung ausgerichtet. Die Apothekerin könne sich nicht darauf berufen, dass ihr das Sammeln der Rezepte erlaubt sei, weil sie eine Versandhandelserlaubnis besitze.

Zwar sei nach dem Bundesverwaltungsgericht § 24 ApBetrO dann nicht einschlägig, wenn es um die Entgegennahme von Arzneimittelbestellungen im Versandhandel gehe. Die hier strittige Rezeptsammelstelle werde aber gerade nicht im Versandhandel betrieben. Anders als für die Kollegen in Hamm kann es für die Gelsenkirchener Richter auch dahinstehen, ob die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem dm-Pick-up-Urteil aus dem Jahr 2008 nach der Änderung der Apothekenbetriebsordnung noch gelten. Wollte man eine Ausnahme von § 24 ApBetrO für Rezeptsammelstellen im Versandhandel annehmen, so setze dies jedenfalls voraus, dass die fragliche Sammelstelle einem tatsächlich praktizierten Vertriebsweg des Versandhandels ­zuzuordnen ist, das von dem Versorgungssystem der Präsenzapotheke abzugrenzen ist. Allein, dass eine Versandhandelserlaubnis vorliegt, sei dabei nicht maßgeblich.

Im vorliegenden Fall haben die Richter keine Zweifel: Was die Herner Apothekerin macht, ist ihrer Präsenzapotheke zuzuordnen. Sie zählen auf, was für eine Versandapotheke typisch wäre, etwa, dass sich Kunde und Apotheker nicht persönlich begegnen und der Kundenkreis nicht eingeschränkt ist, insbesondere nicht örtlich. Der klagenden Apothekerin gehe es jedoch in erster Linie darum, sich in einem örtlich eingegrenzten Bereich zu erweitern. Untypisch für den Versand sei zudem das persönliche Einsammeln der Rezepte durch die Apotheke. Die später angebotene Versand­option macht auf die Richter den Eindruck, dass diese nur geschaffen wurde, um den Eindruck eines Versandhandels zu erwecken. So wie sie ausgestaltet ist, sei sie keine wirkliche Alternative für die Kunden. Zum Beispiel seien die Versandkosten für Pakete über einem Kilo mit 20 Euro derart hoch, dass eine Inanspruchnahme fernliegend sei. Auch dass die Bestellung von OTC-Produkten sehr kompliziert sei und nicht beworben werden, spreche gegen die Annahme eines Versandhandels. |

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