Fotos: Cottage-Apotheke

Ein Lacher gratis

Warum die Cottage-Apotheke in Wien eine Lach-Apotheke ist

Von Peter Ditzel | Gute Arzneimittel, gute Beratung – das darf man in guten Apotheken erwarten. Und Freundlichkeit. In der Wiener Cottage-Apotheke allerdings gibt’s mehr als das, mehr als ein Lächeln: einen Lacher, mindestens! Auf die Quittung. Als Lach-Stempel, aber auch live und in Farbe von der Apothekerin und ihren Mitarbeiterinnen: Apothekerin Magister Nina Fuchs ist überzeugt, dass sich Lachen positiv auf die Gesundheit auswirkt. Daher schenken sie und ihr Team den Kunden ein Lachen – ein echter Mehrwert. Die Kunden danken’s und kommen gerne wieder – nicht nur zum Lachen.

Ich gestehe: Dem freundlichen Lachen der Wiener Apothekerin Nina Fuchs kann man sich nicht entziehen. Und man merkt es sofort: Lachen schafft eine freundliche, vertrauliche Atmosphäre, Lachen öffnet eine neue Art von Gesprächsebene, auch wenn es um ernste Dinge wie Arzneimittelberatung geht. Lachen strahlt auf die Kundenbeziehung aus, Lachen schafft ein herzlich offenes Betriebsklima, das so manche schwierige Alltagssituation, den Stress, die Bürokratie (die es auch in Österreichs Apotheken gibt) erträglicher macht.

Zertifizierte Lach-Apotheke

Die Cottage Apotheke ist die erste Lach-Apotheke nach ISO 9001:2008 zertifiziert: Im Audit/Begutachtungsbericht der Quality Austria wurde im Oktober 2014 von einem unabhängigen Prüfer erstmals bestätigt, dass die meisten Kunden die Apotheke tatsächlich mit einem Lächeln verlassen. hihihaha

Der Junkie zwischen Bodyguards

Doch von vorne: Wie kam sie dazu, sich als Lach-Apotheke zu positionieren? Ihre Geschichte dazu: „Eines Tages gab es eine groteske Situation bei uns in der Apotheke“, berichtet sie und muss schon lachen. „Ich stecke mitten in einem anstrengenden Beratungsgespräch mit einer gestressten Kundin. In diesem Moment kommt ein Substitutionspatient herein, sichtbar tätowiert, mit einem sabbernden Hund. Der Patient muss auf mich warten und stellt sich in eine Ecke der Apotheke. Kurz darauf kommt ein Botschafter mit seinen zwei Bodyguards in die Apotheke. Da unsere Apotheke im Botschaftsviertel liegt, ist das bei uns nichts Ungewöhnliches. Die beiden Bodyguards, wie man sie so von Filmen her kennt, mit Headset im Ohr, stellen sich ebenfalls in die Ecke, zufällig rechts und links vom Substitutionspatienten hin – ein bizarres Bild. Ebenfalls zufällig schaut sich die gestresste Kundin dieses Grüppchen an und fängt zu lachen an, ich schaue im gleichen Moment diese Dreier-Gruppe an und muss ebenfalls lachen – und der Stress unseres Beratungsgesprächs löst sich sofort in Lachen auf und war wie weggeblasen. Wir konnten unser Gespräch nett und locker fortsetzen. Die Kundin ist sogar lachend aus der Apotheke hinausgegangen. Das brachte mich auf die Idee: Eigentlich müsste man öfters solche kuriosen Situationen aufbauen, die die Kunden unwillkürlich zum Lachen bringen.“

Natürlich ist der Pharmazeutin bewusst, dass man solche Momente nicht künstlich erzeugen kann, außerdem: „Ich bin ja keine Komikerin, sondern Apothekerin“, lacht sie, „und es ist ja auch eine Gratwanderung“, fügt sie nachdenklich hinzu: „Wie weit können wir gehen, um noch ernst genommen zu werden?“

Aufladestation für gute Laune

Diese Herausforderung, hier einen Mittelweg zu finden, nimmt sie gerne an und überlegt, wie sie ihren Kunden signalisieren kann, dass man auch in einer Apotheke ruhig mal lachen darf: Lachen als Medizin, Lachen zum Wohlfühlen. „Apotheke wird von Haus aus mit Krankheit in Verbindung gebracht, mit ernsten und seriösen Fragestellungen“, überlegt sie, „aber werde ich von meinen Kunden noch ernst genommen, wenn ich lache, wenn ich ihnen einen Smiley schenke?“ Ihre Sorge ist unbegründet, wie sich bald zeigt. „Die Kunden lechzen heute nach dem Lachen“, strahlt sie, „sie kommen zu uns in die Apotheke wie zu einer Aufladestation für gute Laune.“

Lachen hilft – auch im stressigen Alltagsbetrieb der Apotheke. Apothekerin Nina Fuchs (2.v.l.) konnte ihr Team vom Wert des Lachens überzeugen.

Dennoch bleibt die Frage: Wie geht sie mit der Situation um, wenn Patienten in ihre Apotheke kommen, die eine ernste ­Diagnose von ihrem Arzt bekommen haben? „Wir machen das jetzt rund anderthalb Jahre. Im Lauf dieser Zeit haben wir ­eine gewisse Kompetenz und Erfahrung auf diesem Gebiet bekommen“, so Apothekerin Fuchs, „wir haben ein Fingerspitzengefühl entwickelt, wie weit wir gehen können, ohne dass unsere Kunden das Lachen falsch auffassen könnten.“ Und sie fügt hinzu: „Es gibt in der Tat Untersuchungen, die zeigen konnten, dass durch die Ausschüttung von Endorphinen ­Lachen dazu beitragen kann, Schmerzen zu lindern. Gerade diesen Patienten können wir helfen, mit einem kleinen ­Lachen ihr Schicksal erträglicher zu machen“, weiß sie aus Erfahrung und aus dem, was ihre Patienten ihr spiegeln. „Wir sind da auf jeden Fall vorsichtig, aber wir geben trotzdem ein Lachen mit. Wir sind keine Komiker, die eine Show abziehen, sondern wir gehen da ganz behutsam vor.“

Ein lachendes Herz erhalten die Kunden als Stempel auf die Rechnungen.

„Lachen unterstützt“

Es wirkt in der Tat nicht aufgesetzt und äußerst sympathisch, wie die Cottage-Apotheke ihren Kunden vermittelt, dass Lachen gesund ist und positive Wirkungen hat. Ein Beispiel: Auf den Dosierungsetiketten, die auf die Packungen geklebt werden, steht nicht nur die Dosierung, sondern auch der Satz „Lachen unterstützt“. „Es sind die kleinen Hinweise, die wir vermitteln wollen: Auch wenn es dir schlecht geht, versuch zu lachen – es hebt deine Stimmung“, lächelt die Apothekerin.

Mittlerweile erwarten ihre Kunden schon, dass sie angelacht werden, dass sie mindestens ein Lächeln bekommen: „Es kommen schon Kunden rein und fordern: Krieg ich einen ­Lacher von Ihnen?“ berichtet Apothekerin Fuchs und muss selbst lachen.

Lachyoga – „was hat die Chefin geraucht?“

Einfach nur lachen, ist ihr jedoch zu wenig. Sie interessiert sich schon bald fürs Lachen als Medizin. Ihre Recherchen führten sie 2013 zum Lachyoga. So fährt sie kurzerhand nach Indien und macht eine Ausbildung zur Lachyoga-Trainerin: „Bei dieser Ausbildung bekommt man noch einen besonderen Lachenergie-Schub.“ Als sie nach dem zehntägigen Kurs in Indien wieder nach Wien in die Apotheke kommt, stellt sie sich vor ihre Angestellten und sagt: „So, wir machen jetzt eine Lach-Apotheke“. „Sie können sich vorstellen, wie die Reaktion meiner Mitarbeiterinnen war: Oh, was hat unsere Chefin in Indien gemacht? Was hat sie dort geraucht, was hat sie genommen?“, muss sich die Apothekerin vor Lachen ausschütten, als sie an diese Situation denkt. Doch sie konnte ihre Mitarbeiterinnen überzeugen. „Als ich anfing, Lachyoga mit meinem Team zu praktizieren, war das natürlich eine Herausforderung: Man begibt sich auf eine andere Ebene, man lässt im übertragenen Sinn die Hüllen fallen, man kommt sich anfangs in gewisser Weise lächerlich vor, aber schon nach kurzer Zeit ist es einem egal. Letzten Endes haben sich fast alle meine Mitarbeiterinnen darauf eingelassen, wer es nicht wollte, ist gegangen.“

Heute ist ihr Team davon begeistert, Lachen, auch Lachyoga wird in der Apotheke gelebt, Lachen wird bewusst eingesetzt, um das Betriebsklima, das tägliche Miteinander im Betrieb zu verbessern. „Wir sind in der Apotheke vielen negativen Dingen ausgesetzt, Krankheit, Leid – mit Lachen kann man viel abfedern und auffangen“, weiß sie aus Erfahrung. „Wir machen täglich vor- und nachmittags ein paar Übungen, jeweils nur fünf Minuten. Aber du merkst sofort, es lockert die Stimmung auf, es entspannt. Wenn etwas nicht positiv läuft, wenn es stressige Kunden gibt, macht man eine kleine Lach-Übung und schon sieht man das Problem viel einfacher oder man wird gelöster“, berichtet sie aus Erfahrung. „Selbst wenn man nur wenig Zeit hat: Dafür nehmen sich alle Zeit und ­lachen“ schmunzelt sie, „es wirkt besser und effizienter als ein kleiner Espresso. Danach geht die Arbeit wieder schneller. Das Schöne dabei: Meine Autorität als Chefin leidet darunter in keiner Weise. Ich bin nicht der Apothekenclown.“

Lachyoga-Gruppe beim Lachfest der Cottage-Apotheke.

Von den positiven Wirkungen des Lachyoga ist sie so überzeugt, dass sie den Cottage-Lachtreff ins Leben gerufen hat, eine offene Gruppe von Lachbegeisterten, zu der jeder hinzustoßen kann. Durchschnittlich zehn Personen treffen sich in der Regel einmal in der Woche – und lachen. Daneben gibt es sogar eine zweite Gruppe von sieben Apothekenkunden, die sich jeweils donnerstags zum Kurs „Lach dich gesund“ treffen um die vollen positiven, körperlichen und psychischen Auswirkungen der regelmäßig angewandten Lachübungen zu spüren.

Lachen als Zugabe

Und wie merkt man als Kunde, dass die Cottage-Apotheke anders ist als andere? „Lachen Sie mich sofort an, wenn ich als neuer Kunde in Ihre Apotheke komme?“ möchte ich von Apothekerin Fuchs wissen. „Wir gehen gerne mit einem Lächeln auf unsere Kunden zu. Wir haben auch einige Kleinigkeiten in unserer Apotheke, die darauf hindeuten, dass wir gerne lachen, wir haben Lachsticker und Lachkarten, die ­jeder mitnehmen kann und Sie finden z. B. Smileys und Ähnliches in unserer Dekoration, aber das merken nicht alle.“ Was allerdings jedem auffallen dürfte: „Am Ende des Beratungs- und Verkaufsgesprächs stempeln wir unser Logo, ein lachendes Herz, auf die Rechnung. Und wir sagen dem Kunden: Ich gebe Ihnen noch einen Lacher mit für einen lachenden Tag, für ein lachendes Wochenende. Oder: Ich gebe Ihnen noch ein Lachen mit, damit das Schmerzmittel rasch wirkt.“

Ein Lachen als Zugabe für den Kunden – die meisten Kunden sind davon überrascht, halten kurz inne, lachen und bedanken sich für den Lacher. „Einige falten die Rechnung sogar so, dass sie den Smiley gleich sehen, wenn sie ihre Brief­tasche öffnen“, erinnert sich Apothekerin Fuchs. Manchmal entwickelt sich auch ein Gespräch übers Lachen und seine positiven Auswirkungen. „Selbst bei eiligen Kunden können wir damit einen Impuls setzen, an den sich der Kunde gerne erinnert und wieder kommt. Es ist ein positiver Impuls, der eine Überraschung ist und der die Alltagshektik unterbricht.“

Beim Auftragen lachen!

„Ob sie auch schon Lachpillen im Programm hat?“ möchte ich von ihr wissen – und damit hab’ ich sie zum Lachen gebracht. „Soweit geht’s noch nicht, allerdings stellen wir eine Lachcreme als Eigenmarke her.“ Abgefüllt wird eine einfache Salbengrundlage, die sie als Pflegecreme verkauft mit dem Hinweis auf dem Etikett: „mit Lachen auftragen, wirkt belebend!“ „Ein großer Erfolg“, berichtet sie, „kommt bei meinen Kunden gut an. Sie kaufen die Lachcreme zum Beispiel auch als Geschenk für eine Bekannte, von der sie meinen, die braucht das.“ Mittlerweile lässt sie auch ein Duschgel mit der Lachmarke anfertigen – „Ein Duschgel zum Lachen – da kann der Tag doch nur gut werden.“

„Haben Kunden schon danach gefragt, ob sie auch etwas gegen Lachfalten verkauft, gegen die Falten, wenn man zu viel lacht?“ – „Nein“, muss Apothekerin Fuchs laut lachen, auf diese Idee sind meine Kunden noch nicht gekommen. Das ist vielleicht die nächste Stufe. Aber auf einer Creme steht heute bereits: ‚Lachen ist das schönste Make-up‘.“ |

Autor

Peter Ditzel

ist Herausgeber der DAZ – Deutsche Apotheker Zeitung



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