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Arzneimittel und Therapie
Checkpoint-Blockade mit Nivolumab
Immunologischer Therapieansatz mit vielversprechenden Ergebnissen bei malignem Melanom
Nivolumab (Opdivo®; Bristol-Myers Squibb) ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der den transmembranösen Rezeptor PD-1 (Programmed cell death protein) blockiert. Dieser wird vorwiegend auf der Oberfläche aktivierter T-Zellen exprimiert und von den spezifischen Liganden PD-L1 und PD-L2 besetzt, die unter anderem auf der Oberfläche von Tumorzellen zu finden sind. Besetzen Liganden die PD-1-Rezeptoren aktivierter T-Zellen, so führt dies zu einer Hemmung der T-Zell-Proliferation und zu einer Beeinträchtigung des T-Zell-Überlebens – die immunologische Aktivität wird also gemindert. Die Expression von PD-L1 durch die Tumorzelle und die nachfolgende Bindung an den Rezeptor PD-1 auf der T-Zelle führt zu einer Abtötung der aktivierten Immunzelle. Durch diesen Mechanismus können sich die Tumorzellen quasi selbst vor dem Angriff der Immunzellen schützen. Nivolumab blockiert nun die extrazelluläre Bindungsstelle der PD-1-Rezeptoren und steigert so die T-Zell-Aktivität (s. Abb.). Über die Stimulation von T-Zellen fördert Nivolumab die Immunantwort und die körpereigene Krebsabwehr.
Zulassung zur Melanombehandlung
Nivolumab (Opdivo®) ist zur Monotherapie bei Erwachsenen für die Behandlung des fortgeschrittenen (nicht resezierbaren oder metastasierten) Melanoms indiziert. Die Genehmigung der Europäischen Kommission basiert auf Daten aus zwei Phase-3-Studien. In der CheckMate-Studie 066 mit 418 Patienten, die an einem fortgeschrittenen Melanom erkrankt waren, wurde Nivolumab mit dem Zytostatikum Dacarbazin verglichen.
Ein Jahr nach der Diagnosestellung waren in der Chemotherapiegruppe noch zwei Fünftel der Patienten am Leben, in der Nivolumab-Gruppe waren es nahezu drei Viertel. Auch der Zeitraum, in dem die Krankheit nicht weiter voranschritt, war unter Nivolumab länger. Der beobachtete Gesamtüberlebensvorteil sowie der Vorteil beim progressionsfreien Überleben wurden durchgehend in verschiedenen Patienten-Untergruppen nachgewiesen.
In einer weiteren randomisierten, offenen Phase-III-Studie (CheckMate 037) wurde Nivolumab wiederum mit einer klassischen Chemotherapie (entweder Dacarbazin oder Paclitaxel plus Carboplatin) verglichen. In die Studie wurden 405 erwachsene Patienten eingeschlossen, bei denen es unter oder nach Ipilimumab und, bei positiver BRAF-V600-Mutation, auch unter oder nach einer Behandlung mit einem BRAF-Kinase-Inhibitor zu einer Progression gekommen war. Unter Nivolumab zeigten sich höhere Ansprechraten als unter der Chemotherapie, die mediane Dauer des Ansprechens wurde noch nicht erreicht.
In der CheckMate 067-Studie mit 945 nicht vorbehandelten Patienten wird derzeit eine Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab untersucht, die ersten Ergebnisse wurden auf dem diesjährigen amerikanischen Krebskongress ASCO vorgestellt. Diesen zufolge ist eine Erstlinientherapie mit Nivolumab in Monotherapie oder in Kombination mit Ipilimumab bei Patienten mit metastasiertem Melanom signifikant wirksamer als eine Monotherapie mit Ipilimumab. Das progressionsfreie Überleben nahm von 2,9 Monaten unter Ipilimumab auf 6,9 Monate unter Nivolumab und auf 11,5 Monate unter Nivolumab plus Ipilimumab zu; Daten zum Gesamtüberleben liegen noch nicht vor. Derzeit liegt der EMA ein Antrag auf eine Zulassungserweiterung für eine Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab zur Therapie des fortgeschrittenen Melanoms vor.
In Studien bei weiteren Tumorentitäten
In den USA ist Nivolumab bereits zur Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms zugelassen. Auf dem diesjährigen ASCO wurde unter anderem eine Studie vorgestellt, die in der Zweitlinientherapie einen Vorteil für Nivolumab gegenüber Docetaxel gezeigt hat. In der CheckMate 017-Studie mit 272 vorbehandelten Patienten konnte eine Verlängerung der medianen Überlebenszeit unter einer Therapie mit Nivolumab im Vergleich mit Docetaxel von 6 auf 9,2 Monate nachgewiesen werden. Ein Antrag zur Zulassungserweiterung für die Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms liegt derzeit bei der EMA vor.
Einer weiteren aktuellen Studie zufolge zeigt Nivolumab bei Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom ein gutes Ansprechen mit einem Überleben von rund zwei Jahren bei vorbehandelten und bei unbehandelten Patienten von sogar fast drei Jahren.
Im Blickpunkt: immunologische Nebenwirkungen
Bei der Behandlung mit Nivolumab treten am häufigsten immunvermittelte Nebenwirkungen an gesunden Organen (z. B. Lunge, Darm, Leber, Nieren und hormonproduzierenden Drüsen) auf. Die meisten davon, einschließlich schwerwiegende Nebenwirkungen, bilden sich nach Corticoid-Gabe oder nach Absetzen von Nivolumab zurück. Weitere, sehr häufig oder häufig auftretende Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Hautausschlag, Pruritus, Diarrhö, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Infektionen der oberen Atemwege, Störungen der Schilddrüsenfunktion, Hypertonie, Hyperglykämie, Husten, muskuloskelettale Schmerzen, Ödeme, Inappetenz sowie ein Anstieg diverser Laborparameter. Die Mehrheit der Nebenwirkungen war in den Studien leicht bis mäßig ausgeprägt (Grad 1 oder 2). Aufgrund der immunvermittelten Nebenwirkungen sollten die Patienten engmaschig überwacht werden (mindestens bis zu fünf Monate nach der letzten Dosis), da Nebenwirkungen unter Nivolumab jederzeit während oder nach der Behandlung mit Nivolumab auftreten können.
Wechselwirkungen und Art der Anwendung
Da monoklonale Antikörper nicht von Cytochrom-P450-Enzymen oder anderen Enzymen des Arzneimittelmetabolismus abgebaut werden, sind keine Wechselwirkungen zu erwarten. Die empfohlene Dosis von Nivolumab beträgt 3 mg/kg Körpergewicht, die alle zwei Wochen intravenös über einen Zeitraum von 60 Minuten verabreicht wird.
Hinweise für den Patienten
Da Nivolumab über immunologische Mechanismen wirkt – es wird das Immunsystem, nicht der Tumor behandelt – treten teilweise auch andere Nebenwirkungen auf wie unter einer klassischen Chemotherapie. Dabei ist zu beachten, dass die Behandlung mit Nivolumab mit immunvermittelten Nebenwirkungen assoziiert ist, die auch verzögert auftreten können. Diese können sich etwa in Atembeschwerden, Durchfällen, Darmentzündungen, Leberentzündungen, Nierenproblemen, hormonellen Beschwerden oder Hautveränderungen äußern. Treten diese Beschwerden auf, muss unbedingt der Arzt konsultiert werden. In Abhängigkeit vom Schweregrad der Nebenwirkung wird die Behandlung mit Nivolumab ausgesetzt und der Patient mit Corticosteroiden behandelt. Ferner ist der Arzt vor Einleiten der Therapie darüber zu informieren, ob eine Autoimmunerkrankung vorliegt bzw. ob immunsuppressive Medikamente (auch Corticoide) eingenommen werden.
Dermatologische Begleiterscheinungen können auf ein gutes Therapieansprechen hinweisen. So konnte gezeigt werden, dass das Auftreten von Hautausschlägen und Vitiligo mit einem verbesserten krankheitsfreien Überleben, der Hautausschlag sogar mit einem signifikant besseren Gesamtüberleben einhergeht.
Ferner ist zu beachten, dass aufgrund des immunologischen Wirkprinzips der Therapieerfolg verzögert einsetzt. |
Literatur
[1] Choueiri TK et al. Immunomodulatory activity of nivolumab in metastatic renal cell carcinoma (mRCC): Association of biomarkers with clinical outcomes. ASCO 2015, Oral Abstract Session, Abstract 4500.
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[3] Fachinformation Opdivo® (Stand Juni 2015).
[4] Weber JS et al. Nivolumab versus chemotherapy in patients with advanced melanoma who progressed after anti-CTLA-4 treatment (CheckMate 037): a randomised, controlled, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2015; published online March 18. http://dx.doi.org/10.1016/S1470-2045(15)70076-8.
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[10] Pressemitteilung von Bristol-Myers Squibb vom 23.07.2015 http://news.bms.com/press-release/european-medicines-agency-validates-two-parallel-type-ii-variation-applications-extend
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