Arzneimittel und Therapie

Einmalgabe ist nicht immer besser

Review untersucht Adhärenz bei den neuen oralen Antikoagulanzien

Die neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) Dabigatran, Rivaroxaban und Apixaban werden mittlerweile auch im ambulanten Bereich häufig anstelle von Phenprocoumon eingesetzt. Obwohl die Halbwertszeiten der NOAKs untereinander ähnlich sind, sind die Dosierungsschemata mit einer ein- bzw. zweimal täglichen Einnahme unterschiedlich. Der Einfluss der verschiedenen Einnahmeintervalle auf die Adhärenz, die bei diesen Arzneistoffen besonders wichtig ist, wurde nun in einem Review aus Belgien diskutiert.

In Deutschland sind mit Dabigatran (Pradaxa®), Apixaban (Eliquis®) und Rivaroxaban (Xarelto®) zurzeit drei NOAKs auf dem Markt. Edoxaban ist seit Längerem in Japan erhältlich und hat die FDA-Zulassung im Januar dieses Jahres erhalten. Auch der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hat die Zulassung für Edoxaban kürzlich empfohlen, so dass dieser Wirkstoff möglicherweise bald in Deutschland zur Verfügung steht. Der Wirkmechanismus von Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban ist die Hemmung von Faktor-Xa in der Blutgerinnungskaskade, Dabigatran ist ein direkter Thrombin-Inhi­bitor.

Die NOAKs werden hauptsächlich zur Prävention von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern eingesetzt. Dabigatran und Apixaban müssen dabei zweimal täglich eingenommen werden, Rivaroxaban und Edoxaban nur einmal am Tag. Das bedeutet aber nicht, dass die Wirkstoffe mit einmal täglicher Gabe bei allen Patienten die bessere Option im Hinblick auf die Adhärenz sind, so die Autoren. Es ist bekannt und leicht nachzuvollziehen, dass von Patienten eine einmal tägliche Einnahme bevorzugt wird. Die Adhärenz bei der Einmalgabe ist grundsätzlich höher, die Wahrscheinlichkeit, dass eine Dosis ausgelassen wird, beim zweimal täglichen Einnahmeschema größer. Allerdings führt das Weglassen einer Tablette bei einem einmal täglichen Einnahmeschema zu größeren Schwankungen des Wirkspiegels als bei einem zweimal täglichen, wenn die Halbwertszeiten ähnlich sind.

Abweichende Wirkspiegel sind bei den oralen Antikoagulanzien besonders kritisch zu sehen, bei den NOAKs genauso wie bei den Vitamin-K-Antagonisten Warfarin und Phenprocoumon. Eine Überdosierung birgt die Gefahr schwerer Blutungen, eine Unterdosierung führt zu erhöhtem Thrombose- und Schlaganfallrisiko. Beides kann lebensbedrohlich sein.

Unterschiede verwundern

Generell verwundert es, warum bei den NOAKs überhaupt unterschiedliche Einnahmeintervalle zu finden sind. Die Halbwertszeit ist bei Apixaban ca. 12 Stunden, bei Dabigatran ca. 13 Stunden, bei Rivaroxaban ca. 9 Stunden und bei Edoxaban ca. 10 Stunden. Allerdings sind die Halbwertszeiten abhängig von Alter und Nierenfunktion und können auch länger sein: 9 bis 17 Stunden bei den Faktor-Xa-Inhibitoren und sogar bis zu 28 Stunden bei Dabigatran bei Patienten mit moderater bis schwerer Nierenfunktionsstörung. In der Regel sind die Halbwertszeiten aber deutlich unter 24 Stunden. Trotzdem unterscheiden sich die Vorgaben zur Einnahmehäufigkeit wie oben erwähnt. Head-to-head-Studien wurden nur im Vergleich zu Warfarin, dem außerhalb Deutschlands gebräuchlicheren Pendant zu Phenprocoumon, durchgeführt. Da Vergleichsstudien der NOAKs untereinander Mangelware sind, ist es nicht einfach, den Einfluss der unterschiedlichen Schemata auf die Schlaganfall- und Thromboseprophylaxe abzuschätzen. Da sie erst seit einigen Jahren zur Verfügung stehen, fehlen außerdem noch Langzeitdaten zur Wirkung und Sicherheit bei den NOAKs.

Es kommt also nicht nur auf die absolute Adhärenz an, sondern auf den Einfluss der Adhärenz bzw. der Non-Adhärenz auf den pharmakologischen und klinischen Effekt der Substanzen. Deshalb kann es durchaus vorteilhaft sein, ein Präparat mit zweimal täglichem Dosierungsschema zu wählen, da dann das Auslassen einer Dosis bezogen auf den Wirkspiegel eher toleriert werden kann. Hier sind neben diesen theoretischen Überlegungen und den Erkenntnissen von anderen Wirkstoffen Studien nötig, die den Einfluss der Adhärenz auf den klinischen Effekt bei den einzelnen NOAKs, aber auch zwischen den NOAKs untereinander genauer untersuchen. Vor- und Nachteile sollten bei Patienten, bei denen eine hohe Non-Adhärenz bekannt ist, bei einer Umstellung von Phenprocoumon auf ein NOAK besonders gut durchdacht werden, da der Substanzwechsel an sich die Adhärenz möglicherweise noch weiter reduziert. In der Offizin kann ein entscheidender Beitrag dazu geleistet werden, dass die Adhärenz bei Patienten mit oralen Antikoagulanzien steigt, indem im Beratungsgespräch oder in der Medikationsanalyse explizit darauf hingewiesen wird, dass es bei diesen Arzneimitteln besonders wichtig ist, keine Dosis auszulassen. |

Quellen:

Vrijens B, Heidbuchel H. Non-vitamin K antagonist oral anticoagulants: considerations on once- vs. twice-daily regimens and their potential impact on medication adherence. 2015 Apr;17(4):514-23

www.fachinfo.de: Fachinformationen zu Eliquis®, Pradaxa®, Xarelto®

FDA approval Edoxaban: http://www.fda.gov/NewsEvents/Newsroom/PressAnnouncements/ucm429523.htm

Elisabeth Pfister, Apothekerin Dipl.-Pharm.

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