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INTERPHARM 2015 – Wirtschafts-Interpharm
Gehalt als „Hygienefaktor“
Arbeitsplatz Apotheke – Mehr schlecht als recht?
Was die junge Generation Y umtreibt, wie sie tickt, damit befasste sich Diplom-Psychologin Isabelle Pfister in ihrem Vortrag. In wenigen Jahren werden 75 Prozent aller Arbeitnehmer dieser Generation Y angehören. Dann sind die Babyboomer der 60er-Jahre längst in Rente und die Generation X der 70er-Jahre bereits auf dem Weg dorthin. Die Ansprüche und Wünsche der Generation Y werden dann das Arbeitsleben prägen, in der Apotheke und überall sonst. Laut Pfister „verschwimmt“ für die jetzt 30-Jährigen die Grenze zwischen Arbeitswelt und Privatleben immer mehr. In beiden Welten wollen sie sich wohlfühlen, sich mit den dortigen Umständen identifizieren können. Alle eint der Wunsch, „das Beste aus dem Leben zu machen“, so Pfister.
Daher dürfe die Arbeitswelt den anderen Interessen der Generation Y nicht im Wege stehen. Beruf- und Privatinteressen müssten sich miteinander verbinden lassen. Das gelte insbesondere für die erfolgreiche Kombination von Apotheke und Familienleben für die überwiegend weibliche Arbeitnehmerschaft. Das habe Konsequenzen für möglichst flexible Arbeitszeitmodelle und Rücksichtnahmen.
Außerdem möchte die Generation Y am Arbeitsplatz selbstverantwortlich handeln, eine sinnvolle Tätigkeit ausüben, „die motiviert, die Spaß bereitet“. Teamwork habe eine ebenso große Bedeutung für die 30-Jährigen, so Pfister. Nicht an erster Stelle stehe für viele die Bezahlung, aber diese müsse passen: „Die Bezahlung muss als gerecht empfunden werden. Das ist ein Hygienefaktor“, so Pfister.
„PTA ist Aushängeschild“
Das Thema Bezahlung spielte auch in der Diskussion „PTA und PKA: neue Aufgaben, neue Qualifikation?“ eine Rolle: „Das PTA-Gehalt ist deutlich zu niedrig“, sagte Magdalene Linz, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen. Eine angemessene Bezahlung sei notwendig, um sowohl den PTA- wie den PKA-Beruf in der Apotheke wieder attraktiver zu machen. Denn laut Sabine Pfeiffer, Bundesvorsitzende des BVpta, gibt es „fantastische Möglichkeiten auch neben der Apotheke“ – in der Industrie und im Krankenhaus.
Für die Vorsitzende der Apothekengewerkschaft Adexa, Barbara Neusetzer, sind die Assistenz-Berufe nicht nur wegen der Bezahlung „nicht automatisch“ attraktiv. Die Attraktivität hänge schon ab von der PTA-Schule, von der konkreten Apotheke und von den Möglichkeiten zur Fortbildung. Einig waren sich die drei Diskutantinnen, dass beide Berufe angesichts der geringer werdenden Schülerzahlen bekannter gemacht werden müsse. Da seien die ABDA und die 17 Apothekerkammern gefordert, so Linz: „Wir müssen unbedingt etwas tun. Wir müssen wieder in die Köpfe der jungen Leute bekommen, dass sie in die Apotheke geben.“ Der Berufsstand müsse auf Ausbildung- und Berufsmessen gehen, sich in den Schulen blicken lassen, persönliche Kontakte herstellen, Praktika anbieten. „Ein paar Flyer reichen da nicht“, so Linz.
Ausführlich diskutiert wurde über die PTA-Ausbildung. „Die Anforderungen in der Apotheke haben sich geändert“, so die Kammerpräsidentin. Es gebe heute weniger Technik, weniger Rezeptur, dafür sei der Beratungsbedarf gestiegen. Linz: „Die PTA muss heute mehr über Anatomie, über Physiologie wissen. Die PTA ist das Aushängeschild der Apotheke“.
Viele Apothekeninhaber versuchten aber immer noch „die Mädchen klein und dumm“ zu halten, so Pfeiffer. Die Apotheker müssten ihnen mehr Kompetenzen zutrauen, beispielsweise in der Hilfsmittel- und OTC-Beratung. Pfeiffer: „Aber Personalführung haben die Apothekeninhaber in ihrer Ausbildung ja nie gelernt.“ PTA sei ein „eigenständiger Beruf“, so Adexa-Chefin Neusetzer, „und nicht nur ein Hilfsberuf für den Apotheker. Die PTA ist kein Kommissionierautomat.“
Einig waren sich die drei Teilnehmerinnen der Podiumsdiskussion, dass die PTA-Ausbildung modernisiert werden müsse. Neusetzer: „Die Ausbildung passt nicht mehr zum Apothekenalltag.“ Die Ausbildungsordnung stamme aus dem Jahr 1968, so BVpta-Chefin Pfeiffer. „Wir müssen ganz von vorne anfangen und das Berufsgesetz ändern. Da muss etwas geschehen, sonst kann die Apotheke nicht bestehen.“ Pfeiffer rief die ABDA auf, sich an einen Runden Tisch zu setzen.
Linz bedauerte, dass es in der ABDA – wie von den Kammern Niedersachsen und Thüringens vorgeschlagen – keine Mehrheit für eine Verlängerung der Ausbildung auf drei Jahre gebe. Die Ablehnung sei wohl einerseits mit den damit einhergehenden höheren Ausbildungskosten begründet. Andererseits sorgten sich Apotheker um ihre dominante Position innerhalb der Apotheke, falls aus einer qualitativ höherwertigen PTA-Ausbildung eines Tages der Anspruch auf Vertretung erwachse.
Schlechte Arbeitgeber?
Ist die Apotheke ein „schlechter Arbeitgeber?“ – dieser Frage gingen in der abschließenden Themenrunde Betina Schwarz vom BVpta und Apotheker Pierre Theuerkauf nach. „Prinzipiell nein“, so Schwarz. Es gebe eine hohe Arbeitsplatzsicherheit und die Apotheke genieße ein „positives Ansehen“. Bei genauerem Hinsehen gebe es allerdings aus Arbeitnehmersicht durchaus „Spannungsfelder“: Wie stehe es im Vergleich mit anderen Berufen um Gehalt und Urlaub, wie um die Aufstiegschancen in der Apotheke? Das Betriebsklima sei ein wichtiger Faktor, die Teamstruktur ebenso. Und wie gehe der Apothekeninhaber mit Lob und Kritik um? In jüngster Zeit seien beim BVpta vermehr Anfragen wegen steigenden Leistungsdrucks angekommen, so Schwarz. Es sei wichtig, auf die Interessen der Mitarbeiter einzugehen.
Apothekern mit unzufriedenen Mitarbeitern riet Schwarz zu ausführlichen Mitarbeitergesprächen: „Kommunikation ist das A und O“. Jahresarbeitszeitkonten könnten beispielsweise Konflikte um Arbeitszeiten entschärfen. Schwarz wies zudem darauf hin, dass alle Arbeitnehmer Anspruch auf Bildungsurlaub von sechs Tagen in zwei Jahren haben. Der Besuch von Fortbildungen könne vom Apothekeninhaber aber auch als Belohnung für die Mitarbeiter eingesetzt werden.
Aus der Praxis seiner Egelsbach-Apotheke in Hessen berichtetet zum Abschluss Apotheker Pierre Theuerkauf. Nach eigenen Angaben führt der Apotheker eine „größere Landapotheke“ mit zehn Mitarbeiterinnen. „Nein, wir haben nicht immer Spaß in der Apotheke“, so Theuerkauf. Aber wichtig für sein engagiertes Team seien die emotionale Bindung an seine Apotheke. Das erreiche man mit „Führung auf Augenhöhe“, so Theuerkauf. Wichtig sei, die Wertschätzung für Mitarbeiter auszudrücken. Das könne der Geburtstagsgruß ebenso sein, wie das Wissen über die „Lieblingseissorte“. „Rituale der Wertschätzung“ könne sich jede Apotheke leisten. In seiner Apotheke erhalte beispielsweise jeder neue Mitarbeiter, auch jeder Praktikant, schon am ersten Arbeitstag Visitenkarten.
Wichtig sei eine klare Führungskultur, die auf gemeinsam vereinbarten Werten, Regeln und Zielen fuße. An der Erarbeitung solle man die Mitarbeiter beteiligen. Druck von den Mitarbeitern könne man zudem durch eine Kultur der „Fehlerfreundlichkeit“ nehmen.
Ganz wichtig für Mitarbeiter sei Feedback: „Sie wollen wissen, wo Sie stehen. Ich führe jährliche Mitarbeitergespräche.“ Die Eigeninitiative der Mitarbeiter sei einer seiner Erfolgsfaktoren. Die könne man fördern durch klare Delegation von Aufgaben, durch Vertrauen in die Kompetenz und Leistung der Mitarbeiter. Und „natürlich muss man Erfolge auch gemeinsam feiern“, so Theuerkauf. Der Apotheker lud alle Mitarbeiter einschließlich Boten, und Reinigungskraft zum Wochenendtrip nach Venedig ein. Als letztes hatte Theuerkauf noch einen Rat parat: „Egal was sie machen, agieren Sie immer mit Leidenschaft.“ |
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