Politik

Notfallparagraf

Kommentar von Benjamin Wessinger

Ob nun die Abgabe eines Notfallkontrazeptivums immer eine „besondere Notfallsituation“ ist, wie das der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Mag. Max Wellan, findet (s. Seite 2) – das sei einmal dahingestellt. Viel interessanter ist sowieso der Hintergrund dieser Aussage. In Österreich nämlich haben die Apotheker schon vor der Entlassung der „Pille danach“ aus der Rezeptpflicht in vielen Fällen Notfallkontrazeptiva ohne Rezept abgegeben. Möglich macht dies der „Notfallparagraf“ § 4 Absatz 6 des Rezeptpflichtgesetzes: „Der Apotheker ist berechtigt, in besonderen Notfällen Arzneimittel auch ohne Vorliegen eines Rezeptes abzugeben; jedoch nur in der kleinsten im Handel erhältlichen Packung.“ Was ein solcher „besonderer Notfall ist“, das entscheidet der Apotheker.

Eine solche Regelung könnte auch in Deutschland in vielen Fällen eine schnellere und bessere Versorgung ermöglichen, ohne dass dabei die grundsätzliche Arbeitsteilung zwischen Arzt und Apotheker infrage gestellt würde. Jede Apothekerin, jeder Apotheker dürfte genügend Beispiele kennen, wo Arzt und Apotheker, vor allem aber der Patient von einer solchen unkomplizierten Regelung ­profitiert hätten.

Besonders bemerkenswert für einen Deutschen ist an diesem Paragrafen, dass er keine Definition des „besonderen Notfalls“ enthält und schon gar ­keine detaillierte Auflistung. Die Beurteilung, was ein Notfall ist, obliegt allein dem Apotheker. Und zwar, so Wellan, „weil er Apotheker ist.“

Eine solche Regelung sollten auch die deutschen Apotheker immer wieder fordern. Weil sie die Versorgung verbessert. Weil sie die Kompetenzen der Apotheker ernst nimmt. Und weil sie die Verantwortung als Heilberuf stärkt.

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