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Wirtschaft
Ein Herz für die Industrie
Berliner Runde des BAH: Quo vadis Pharmastandort Deutschland?
Kristina Schröder hat ihre Leidenschaft für die Pharmabranche entdeckt. Seit sie im Wirtschaftsausschuss des Bundestages sitze, habe sie gelernt, dass Pharma in vielerlei Hinsicht anders sei als andere Wirtschaftszweige, erklärte sie letzte Woche Dienstag in einem Impulsreferat beim BAH. Während die Politik den meisten Branchen Gutes tue, wenn sie nicht aktiv wird, sei die Pharmaindustrie so „verrechtet“, dass das politische Regime sehr wichtig sei.
Es sei eine Leitbranche, „die es verdient, mit einer wirtschaftspolitischen Brille betrachtet zu werden“. Das heißt unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten – und „mit etwas mehr Liebe“, sagte Schröder. Das wünscht sie sich nicht zuletzt für den derzeit geführten Pharmadialog. Hier sähe sie gerne, wenn sich das Bundeswirtschaftsministerium zumindest auf Staatssekretärsebene beteiligen würde.
Und Schröder hat auch schon Vorstellungen, wo der Pharmadialog hinführen könnte. Nämlich im Wesentlichen zurück auf die Spuren der gesetzgeberischen Absichten bei der Entstehung des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG). Das Gesetz findet die CDU-Politikerin grundsätzlich gut. Aber es sei ein lernendes System und an einigen Stellen hält Schröder es für sinnvoll, den ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nochmals „festzuzurren“.
Kritik am „generischen Preisanker“
So habe der Gesetzgeber etwa nicht gewollt, dass bei den Preisverhandlungen nach der frühen Nutzenbewertung eines neuen Arzneimittels auch der Preis dieses Generikums als „Anker“ verstanden werde. Es sei nichts dagegen einzuwenden, Generika als Nutzenreferenz heranzuziehen, oft gebe es gar keinen anderen Vergleich. Die anschließende Preisverhandlung zwischen Hersteller und GKV-Spitzenverband müsse hiervon aber losgelöst sein. Hier müssten auch andere Kriterien eine Rolle spielen.
Es sei ebenfalls nicht beabsichtigt gewesen, dass es neue Arzneimittel nach dem AMNOG-Verfahren schwer haben, sich in der Versorgungspraxis durchzusetzen. Man wollte eine Angebotsorientierung, neue Arzneimittel sollten unter Beweis stellen, dass sie einen Zusatznutzen haben. Haben sie diesen, sollte aber auch klar sein, dass ihre Verordnung wirtschaftlich ist. „Ich bekomme immer wieder Beispiele gezeigt, wie die Kassen, Ärzte Incentives geben, damit sie AMNOG-Präparate nicht verordnen“, erklärte Schröder – etwa mit spezieller Software. Erst recht wollten die Kassen nicht, dass diese Präparate in Subgruppen zum Einsatz kommen, für die der Zusatznutzen nicht nachgewiesen ist. Dabei handele es sich beim Erstattungsbetrag doch um einen Mischpreis für alle Subgruppen zusammen, so die CDU-Politikerin. Hier könnte es vielleicht helfen, per definitionem festzulegen, dass der Mischpreis wirtschaftlich ist.
Ein weiterer kritischer Punkt des AMNOG ist für Schröder der Umgang mit Schrittinnovationen – insbesondere bei der Darreichung. Natürlich sei es für die Lebensqualität von Patienten von Bedeutung, ob sie einen Wirkstoff spritzen müssen oder inhalieren können, eine Tablette fünf oder nur einmal täglich nehmen oder als Diabetiker ein Präparat nicht auf die Minute genau einnehmen müssen. Auch solche Innovationen müssten künftig besser berücksichtigt werden.
SPD: Deutschland ist ein guter Standort
Das alles hört man in der Pharmabranche gerne. Marco Annas, Leiter Health Policy beim BAH-Mitgliedsunternehmen Bayer, betonte, dass es vor allem die Kombination der vielen verschiedenen Instrumente im Pharmabereich seien, die die Unternehmen drückten – neben dem AMNOG etwa auch die Rabattverträge und Festbeträge. Auch unter SPD-Wirtschaftspolitikerinnen gibt es Verständnis. So betonte Gabriele Katzmarek, einst aktive Gewerkschafterin bei der IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE), in der BAH-Runde, dass Arzneimittel zwar vor allem individuellen Nutzen für die Patienten hätten. Aber sie hätten auch Zusatznutzen für die Gesellschaft: Die pharmazeutische Industrie biete Arbeitsplätze, sei ein Innovationsmotor und treibe den Export an. Sich jetzt an ganz konkreten Forderungen festzubeißen, lehnt Katzmarek allerdings ab. Sie setzt auf langfristige Überlegungen, welche Rahmenbedingungen die richtigen sind. Und sie ist überzeugt: Deutschland sei noch immer ein guter Standort für die Branche. |
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