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Arzneimittel und Therapie
Apotheker verbessern Compliance
Größere Therapietreue bei kardiovaskulärer Medikation reduziert Mortalität
Zur Bezeichnung der Therapietreue werden meist die Begriffe „Compliance“ (Einwilligung oder Zustimmung) und „Adhärenz“ (engl. adherence) verwendet. Die Compliance beschreibt das Ausmaß, in welchem ein Patient medizinische Instruktionen befolgt. Die Adhärenz steht für die Einhaltung der gemeinsam von Patient und Behandler gesetzten Therapieziele im Rahmen des Behandlungsprozesses.
Mitverantwortung des Apothekers
Die Gründe für eine Non-Compliance oder Therapieuntreue sind vielfältig. Seitens des Patienten können Faktoren, wie z.B. die finanzielle Situation, das Arzt-Patienten-Verhältnis, die Komplexität des Therapieregimes, Angst vor Nebenwirkungen sowie schlicht das Vergessen der Einnahme ursächlich sein. Durch Interventionen wie eine ausführliche Beratung und Schulung zur Therapie, die Erinnerung an die Arzneimitteleinnahme, eine Vereinfachung des Therapieregimes und letztlich die kontinuierliche Überwachung kann der Apotheker die Therapietreue fördern und Mitverantwortung für den Patienten übernehmen. In einer Übersichtsarbeit untersuchten britische Forscher nun die Auswirkungen einer pharmazeutischen Intervention auf die Adhärenz als primären oder sekundären Endpunkt bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes, Dyslipidämie, Herzinsuffizienz oder entsprechenden Risikofaktoren. Ebenso wurde der Einfluss auf klinische Endpunkte wie eine Verbesserung von Blutdruck, Blutglucosespiegel (Blutzucker nüchtern und HbA1c-Wert), Lipidprofil und kardiovaskulären Risikofaktoren sowie auch ein möglicher Effekt auf die Mortalität ausgewertet. Ziel des Reviews war es zudem, geeignete Arten von Maßnahmen bzw. Interventionstypen zu identifizieren und darzustellen.
In die Auswertung flossen insgesamt 42 internationale, randomisierte, kontrollierte Studien im Zeitraum von 1990 bis 2013 ein, die hauptsächlich im Krankenhaus oder in der öffentlichen Apotheke durchgeführt und in englischer Sprache publiziert wurden.
Die insgesamt sehr vielfältigen und unterschiedlichen pharmazeutischen Interventionen sowie auch die Instrumente bzw. Methoden zur Messung der Therapietreue teilten die Autoren zwecks einer besseren Vergleichbarkeit in Kategorien ein (siehe Kasten).
Pharmazeutische Interventionen
- Patientenschulung bzw. -aufklärung (persönliches Gespräch, Telefongespräch, Hausbesuch)
- Motivationsgespräch durch geschulte klinische Pharmazeuten
- Zusammenarbeit von Pharmazeuten, Ärzten und Krankenschwestern
- Zusammenarbeit von Apothekern im klinischen und öffentlichen Bereich
- Verwendung von elektronischen Geräten (z.B. Blutdruckmessgeräte)
- zusätzliche Komponenten (schriftliches Informationsmaterial, Tagebücher, Medikamentendispenser, Videos, Gruppenaktivitäten)
- kombinierte Interventionen
Indirekte Methoden zur Compliance-Messung
- Medikationsprofil („refill data“)
- Tablettenzählen („pill counting“)
- Selbstauskunft, Patientenfragebogen, Patiententagebuch
- elektronische Beobachtungssysteme: Aufzeichnung der Öffnung eines Medikationsbehältnisses z.B. durch MEMS® (Medication Event Monitoring System)
- kombinierte Methoden
Nutzenbewertung
Insgesamt zeigte sich in 26 der 42 eingeschlossenen Studien eine statistisch signifikante Verbesserung der Adhärenz von bis zu 35%, in den übrigen Untersuchungen war keine signifikante Veränderung zu verzeichnen. 39 Studien evaluierten den Einfluss auf klinische Endpunkte, in 27 Studien zeigte sich ein signifikanter positiver Einfluss.
Im Rahmen der primären Prävention ließen 16 von 17 Studien eine Reduktion von kardiovaskulären Risikofaktoren bei Hypertonikern erkennen. Bei Diabetikern zeigten sechs von zehn Studien eine verbesserte glykämische Kontrolle, sowie bei Patienten mit einer Dyslipidämie zeigte sich in vier von sechs Studien ein verbessertes Lipidprofil. Im Hinblick auf die sekundäre Prävention konnten bei Patienten mit Herzinsuffizienz in vier von sieben Studien eine reduzierte Mortalität, Rehospitalisierungsrate und verbesserte Lebensqualität identifiziert werden. Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass von den genannten Maßnahmen die persönliche (face to face) Patientenschulung sowie die Verwendung von elektronischen Geräten (Blutdruckmessgerät oder elektronische „Reminder“) einen signifikanten Effekt auf die Adhärenz haben könnten. Dies wurde auch bereits in anderen Untersuchungen gezeigt.
Allerdings sind die Studien hinsichtlich ihres methodischen Ansatzes, der Verfahrensweise zur Compliance-Messung und der Dauer der Nachbeobachtung sehr unterschiedlich. Auch die Definition der Adhärenz variiert, was unter anderem in dem weit gefassten Studienzeitraum (1990 bis 2013) begründet ist. Die pharmazeutischen Interventionen beinhalteten verschiedene Komponenten und waren aufgrund des häufigen und intensiven Patientenkontaktes zudem sehr zeitaufwändig. Je nach Studiendesign erfolgte die pharmazeutische Beratung in wöchentlichen oder monatlichen Intervallen, bei jeder Rezeptbelieferung, während des Arztbesuches oder entsprechend dem Bedürfnis des Patienten, was die Vergleichbarkeit wiederholt erschwert. Die Auswertung der Ergebnisse gestaltete sich aufgrund der Heterogenität und Komplexizität der Maßnahmen als schwierig. Gleiches gilt für die Übertragbarkeit der Ergebnisse, welche insbesondere durch die Intensität des Patientenkontaktes erschwert wird.
Es erscheint sinnvoll, in weiteren Studien eindeutig definierte und in der Praxis umsetzbare Maßnahmen zu untersuchen, um die Evidenz hinsichtlich der pharmazeutischen Intervention und somit die Rolle des Apothekers zu stärken.
Quelle
Jalal ZS, Smith F, Taylor D et al. Pharmacy care and adherence to primary and secondary prevention cardiovascular medication: a systematic review of studies. Eur J Hosp Pharm 2014;21:4 238–244
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