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Arzneimittel und Therapie
Alle Kinder gegen Influenza impfen?!
Erkrankungsfälle senken – Herdenimmunität stärken
„Die Influenza ist die letzte große klassische Seuche“, so Prof. Dr. Peter Wutzler, Institut für Virologie und antivirale Therapie am Universitätsklinikum Jena, auf einer von der AstraZeneca GmbH unterstützen Podiumsdiskussion. Und sie werde noch lange bleiben, unter anderem wegen des sich ständig ändernden Erregers. Die Krankheitslast durch Infuenza-Infektionen ist erheblich. Nach Hochrechnungen für Deutschland erkranken jährlich hierzulande eine bis fünf Millionen Menschen, 5000 bis 20.000 müssen hospitalisiert werden, die Zahl der Todesfälle liegt bei bis zu 14.000. Besonders groß ist das Risiko für Influenza-bedingte Komplikationen bei Kindern vor dem zweiten Lebensjahr sowie bei Erwachsenen jenseits des 65. Lebensjahrs und Menschen mit chronischen Erkrankungen. Immerhin erkrankt ein Viertel aller Kinder Jahr für Jahr an einer Influenza. 14% von ihnen entwickeln eine Lungenentzündung, 40% eine Mittelohrentzündung – vor allem, wenn sie vor dem dritten Lebensjahr erkranken. Das Risiko für Asthma-Exazerbationen und Sinusitiden ist erhöht. Lungenentzündung und Asthmaanfälle machen nicht selten einen Klinikaufenthalt notwendig. Solch schwere Verläufe mit Hospitalisierung treten nicht nur bei Kindern mit Grunderkrankungen auf, sondern auch bei Kindern ohne bekannte Vorerkrankungen, so Dr. Franziska Schaaff, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin.
„Feuer der Influenza“ löschen
Werden Kinder gegen Influenza geimpft, profitieren nicht nur sie selbst, sondern auch die Erwachsenen. Denn Kinder sind das „Feuer der Influenza“. Sie zeigen ein unhygienisches Verhalten, das mit einer extrem hohen Infektionsrate einhergeht, zumal viele Kinder Gemeinschaftseinrichtungen besuchen. Ob Influenza in einer Familie auftritt, hängt maßgeblich davon ab, ob ein Schulkind in der Familie lebt. Japanische Daten zeigen bereits den Nutzen einer generellen Influenza-Impfung von Kindern. Eine breite Impfung im Schulkindalter reduzierte die Häufigkeit der Influenza in der Gesamtbevölkerung. Neben der Senkung der Morbidität älterer Familienmitglieder nannte Wutzler als wesentliche Gründe für die generelle Influenza-Impfung von Kindern die Senkung der Erkrankungszahlen, die Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes und der Krankenhausbehandlungen. Auch Fehltage in der Schule und im Beruf gehen zurück.
Indikations- oder Standardimpfung?
Effektivste Strategie gegen die Influenza ist die jährliche Grippeimpfung. Eine Expertengruppe für Impfstrategien bei der WHO hat inzwischen empfohlen, künftig auch gesunde Kinder im Alter von sechs bis 59 Monaten zu impfen. Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) dagegen empfiehlt derzeit die Influenza-Impfung als Standardimpfung nur bei Personen ab dem 60. Lebensjahr. Für Kinder wird die Impfung als Indikationsimpfung nahegelegt, wenn eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung infolge eines Grundleidens, wie Diabetes oder einer chronischen Herz- oder Lungenerkrankung vorliegt. Eine Vorreiterrolle nimmt einmal mehr die Sächsische Impfkommission ein, die schon seit 2010 die Influenza-Impfung für alle Kinder ab dem sechsten Lebensjahr empfiehlt. Großbritannien beschloss 2012 die Ausweitung der Impfempfehlung auf alle Kinder zwischen zwei und 17 Jahren.
Influenza-Impfspray mit B-Komplettschutz
Für die kommende Grippesaison 2014/2015 steht seit vergangenem Montag der nasal zu applizierende tetravalente Lebendimpfstoff FluenzTM Tetra zur Verfügung. Er löst den bisherigen Impfstoff FluenzTM ab und ist in Deutschland das erste und bisher einzige Influenza-Impfspray, das beide Influenza-B-Stämme, die Victoria- und die Yamagata-Linie, enthält. Trivalente Grippeimpfstoffe enthalten dagegen nur einen B-Stamm und bieten dadurch einen schlechteren Schutz. In den letzten zehn Jahren gab es weltweit in immerhin rund 50% der Fälle keine Übereinstimmung zwischen Impfstoff und B-Virus-Zirkulation. Der tetravalente Impfstoff schließt deshalb eine wichtige Lücke. Zugelassen ist das neue Impfspray zur Prophylaxe der Influenza bei Kindern ab 24 Monaten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Anders als FluenzTM ist FluenzTM Tetra nicht nur in einer 10er-Packung, sondern auch in einer 1er-Packung verfügbar.
Besonders einfach ist die Grippeimpfung für Kinder mit dem intranasalen Lebendimpfstoff (LAIV), der auch von der STIKO für Kinder zwischen zwei und fünf Jahren empfohlen wird. Nicht nur die Applikationsform ist vorteilhaft. Auch die Wirksamkeit ist bei Kindern besser im Vergleich zu konventionellen Impfstoffen, nämlich um 48%. „Er bietet einen deutlich besseren Schutz“, so die Einschätzung von Wutzler. Damit noch nicht gelöst ist das Problem der Impfmüdigkeit. Nicht nur mit Blick auf die Grippeimpfung, auch insgesamt ist die Impfbereitschaft in Deutschland rückläufig. Um dem entgegenzutreten, hilft nur eines: Information. Die Eltern sollten schon früh auf das Impfen angesprochen werden, möglichst schon in den ersten Lebenswochen des Säuglings. Das kostet Zeit, aber lohnt sich. „Damit kann man aus meiner Erfahrung sehr viel erreichen“, so Schaaff.
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