Recht

Arbeitszeit: Anspruch auf Reduzierung ja, aber ...

Teilzeitarbeit statt Fulltimejob kann eingeklagt werden – Betriebliches Interesse kann Teilzeit wieder hinfällig machen

bü | Ob es aus reiner Lust auf mehr Freizeit geschehen soll oder ob familiäre oder andere Zwänge dazu raten: Arbeitnehmer können vom Arbeitgeber die Zustimmung dazu verlangen, künftig weniger als in der bisher vertraglich vereinbarten Arbeitszeit tätig zu sein. Das „Teilzeit- und Befristungsgesetz“ ist die Rechtsgrundlage dafür.

Doch für den Anspruch auf Verkürzung der Arbeitszeit gelten bestimmte Voraussetzungen:

  • Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen.
  • Im Betrieb sind – von Auszubildenden abgesehen – regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.
  • Der Arbeitnehmer hat die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend zu machen, damit der Arbeitgeber sich auf die neue Situation einstellen kann.
  • Mit dem Arbeitgeber ist dann „Einvernehmen über die festzulegende Verteilung der Arbeitszeit“ zu erzielen.
  • Der Arbeitgeber „hat“ der Verringerung der Arbeitszeitverkürzung zuzustimmen (er darf sie also nicht ablehnen) und die Verteilung entsprechend dem Arbeitnehmerwunsch festzulegen, „soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen“. Ein solcher betrieblicher Grund könnte sein, dass es ihm organisatorisch nicht möglich ist, auf die Arbeitskraft der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters teilweise verzichten zu müssen. Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn er für ein spezielles Aufgabengebiet nur einen Mitarbeiter beschäftigt und es kaum möglich erscheint, für die ausfallende Arbeitszeit (von zum Beispiel fünf oder zehn Stunden wöchentlich) eine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft einzustellen.
  • Es sind bestimmte Regularien einzuhalten. So hat der Arbeitgeber seine Entscheidung dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Termin schriftlich mitzuteilen. Geschieht das nicht, so kann der Mitarbeiter auf die Umsetzung seiner Forderung bestehen. Andererseits kann der Arbeitgeber die neue Arbeitszeit wieder ändern, „wenn das betriebliche Interesse daran das des Arbeitnehmers an der Beibehaltung überwiegt“.
  • Schließlich der umgekehrte Fall: Hat ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer den Wunsch geäußert, (wieder) länger arbeiten zu wollen, so hat der Arbeitgeber ihn „bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen“ – von Ausnahmen abgesehen.

Gerichtsentscheidungen

Das Bundesarbeitsgericht hat mehrere Streitfälle aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu lösen gehabt. Einige Beispiele:

Eine Betriebsvereinbarung darf das Gesetz nicht aushebeln. Der gesetzliche Anspruch auf eine Verringerung der Arbeitszeit darf nicht per Betriebsvereinbarung zeitlich begrenzt werden. Ein Pilot der Deutschen Lufthansa setzte sich erfolgreich gegen eine Betriebsvereinbarung der Fluggesellschaft durch, die eine von Mitarbeitern verlangte kürzere Arbeitszeit auf ein Jahr befristete. Der Pilot beabsichtigte, seine Arbeitszeit um 30 (Kalender-)Tage zu reduzieren und eine Blockfreizeit durchzusetzen. Mit Erfolg. Der Arbeitgeber kann dies nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe dagegensprechen würden. Mit einer Betriebsvereinbarung, die die Zahl und Dauer der verfügbaren Teilzeit-Arbeitsplätze begrenzt, könnten diese Rechte nicht ausgehebelt werden. (Az.: 9 AZR 313/07)

Anspruch ja – aber nicht nur befristet – Will ein Arbeitnehmer nur noch eingeschränkt arbeiten, so muss der Arbeitgeber dem nur dann zustimmen (organisatorische Möglichkeiten dafür unterstellt), wenn das unbefristet geschehen soll. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz bietet keinen Rechtsanspruch für eine nur befristete Reduzierung der Arbeitszeit. (Hier wollte ein Bankmitarbeiter „zunächst“ nur für 3 ½ Jahre seine Arbeitszeit um 33 Prozent auf 26 Wochenstunden mindern. Der Arbeitgeber lehnte ab – und dann auch das Bundesarbeitsgericht.) (Az.: 9 AZR 686/05)

Weniger arbeiten, um „gezielt“ Urlaub zu haben, geht nicht – Will ein Arbeitnehmer weniger arbeiten, so hat er grundsätzlich Anspruch darauf, seine Arbeitszeit zu verkürzen, wenn aus Arbeitgebersicht keine dringenden betrieblichen Gründe dagegensprechen. Nicht erlaubt ist es jedoch, dass ein Arbeitnehmer (hier ein Flugzeugkapitän) seine Arbeitszeit nur um etwa drei Prozent reduzieren möchte, um als Gegenleistung zwischen Weihnachten und Neujahr jeweils Urlaub nehmen zu können. Das Bundesarbeitsgericht sah diesen Wunsch – wie zuvor der Arbeitgeber – als rechtsmissbräuchlich an (im Juristendeutsch: unzulässige Rechtsausübung). Einzelne Arbeitnehmer hätten nicht das Recht, sich bei der betrieblichen Urlaubsplanung Vorteile zu verschaffen. (BAG, 9 AZR 786/11)

Und auch Landesarbeitsgerichte hatten sich mit dem Gesetz mehrfach zu beschäftigen. Auch hierzu eine Auswahl:

Neuer Schichtplan durch Teilzeiter ist zumutbar – Ein Maschinenführer, der nach knapp zwei Jahren Elternzeit in den Betrieb zurückkehrte, wollte nur noch in Teilzeit von montags bis freitags zwischen 9.00 Uhr und 14.00 Uhr arbeiten. Der Arbeitgeber lehnte das jedoch ab, da sonst speziell für den Teilzeiter zusätzliche Schichtübergaben eingeführt werden müssten, was zu Produktionsverzögerungen und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen führen würde. Das Landesarbeitsgericht Köln verlangte hingegen vom Arbeitgeber die Neuorganisation des Schichtbetriebes, da die vorgetragenen Ablehnungsgründe nicht gewichtig genug seien. Organisatorische Anstrengungen seien grundsätzlich bei jeder Einrichtung von Teilzeit erforderlich und im Gesetz enthalten. Eine unzumutbare Belastung der anderen Arbeitnehmer beziehungsweise des Arbeitgebers konnten die Richter nicht feststellen. (LAG Köln, 7 Sa 766/12)

Weniger als 15 Stunden sollen es nicht werden – Junge Mütter oder Väter haben zwar auch während der Elternzeit das Recht, in Teilzeit weiterzuarbeiten, können dies aber gegen den Arbeitgeber nicht durchsetzen, wenn sie weniger als 15 Wochenstunden tätig sein wollen. Hier wollte ein frischgebackener Vater im ersten Jahr nach der Geburt seines Kindes nur 6,6 Stunden arbeiten. Der Arbeitgeber lehnte dies ab: Zwar könne auch eine solch kurze Arbeitszeit vereinbart werden – aber nur im beiderseitigen Einvernehmen. (LAG Schleswig-Holstein, 6 Sa 43/08) 

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