Management

So funktioniert Führung

Der Apothekenleiter hat wie jeder Chef zwei unterschiedliche Aufgaben zu meistern: er muss die wirtschaftlichen Interessen seines Betriebes vertreten, hat aber auch Personalverantwortung, muss also seine Mannschaft führen und dabei individuelle Eigenarten seiner Mitarbeiter berücksichtigen.

Apotheker wenden häufig ein, Führung lohne sich nicht bei dem kleinen Personalstand und bisher hätten die Mitarbeiter Führung auch weder vermisst noch gefordert. Doch wer sich mit dem Thema Führung befasst hat, wird nachdenklich. Vom Personal hängt viel ab, hier sollte man nichts dem Zufall überlassen.

Das Wir-Gefühl

Wer Menschlichkeit spürt, fühlt sich anerkannt und gibt zurück, was man ihm entgegenbringt. Vertrauen und Wertschätzung sind besonders wichtig. Besondere Leistung verdient Anerkennung. Über lobende Worte freut sich jeder, auch wenn man es dem Betreffenden nicht ansieht. Obwohl die meisten arbeiten, weil sie Geld verdienen müssen, kann Lob motivieren, mehr zu tun als „Dienst nach Vorschrift“. Wer Anerkennung erfährt, ist eher bereit auch Kritik zu ertragen, wenn es mal zu Fehlern kommt.

Sehr wichtig ist auch die Gleichbehandlung. Dabei sollte auch auf die Teilzeitkräfte geachtet werden. Wer länger in der Apotheke ist, erwartet oft eine Sonderstellung, die von neuen Kolleginnen als Bevorzugung gesehen wird. Das wird dann als Verstoß gegen die Gleichbehandlung bezeichnet, auch wenn es nicht so beabsichtigt ist. Besonders bei der Personalbeurteilung darf es bei gleichem Tatbestand keine unterschiedliche Bewertung zwischen dem einen und dem anderen Mitarbeiter geben.

Wer auf Teamgeist Wert legt, fördert den Zusammenhalt und damit erreicht man das „Wir-Gefühl“. Wenn eine Mitarbeiterin von ihren Kolleginnen isoliert wird, besteht Handlungsbedarf. Wegsehen gilt nicht, als Führungskraft sollte der Apotheker seine Wahrnehmung wertfrei äußern und über das Wir-Gefühl sprechen. Auch was hinter den Kulissen geschieht, muss einen Chef interessieren. Missstimmung entsteht oft durch eigentlich unbedeutende Meinungsdifferenzen zwischen Mitarbeitern.

Ein Chef kann seine Mannschaft ruhig mal zum Essen einladen. Das zeigt Wertschätzung und stärkt die Identifikation mit dem Betrieb. Dadurch entsteht die Bereitschaft, private Interessen in Stoßzeiten auch mal zurückzustellen und Mehrarbeit ohne Frust zu leisten. Vergessen Sie niemals den Geburtstag Ihrer Mitarbeiter – oft sind gerade die kleinen Dinge wichtig für die Motivation des Einzelnen.

Zur Führung der Apotheke gehört es einerseits auf harmonisches Miteinander zu achten, andererseits aber kein Kuschel-Management zu betreiben. Die Apotheke ist kein Streichelzoo, sie hat in erster Linie betriebswirtschaftliche Ziele zu erfüllen. Das wissen alle und sie wollen das Gefühl haben, dass sie einen für den Betriebserfolg notwendigen Beitrag erbringen. Der kooperative Führungsstil bietet die besten Voraussetzungen dafür.

Die Kennzeichen des kooperativen Führungsstils sind:

  • Sie informieren Ihr Team rechtzeitig und vollständig.
  • Sie geben qualifizierten Mitarbeitern freien Entscheidungsspielraum.
  • Sie prüfen und würdigen die Vorschläge der Mitarbeiter.
  • Sie sind ein Meister der Delegation und beschränken sich auf die Kontrolle.
  • Sie loben besondere Leistungen der Mitarbeiter.

Idealerweise wird Fachkompetenz und Persönlichkeit des Einzelnen bei der Führung berücksichtigt. Es ist wie beim Mannschaftssport, wo der Trainer auf jeden einzelnen Sportler individuell eingeht, um bei ihm Leistungsreserven zu wecken, die zum Sieg nötig sind. Schon bei der Arbeitseinteilung zeigt es sich, ob der Vorgesetzte auf individuelle Wünsche eingeht. Andererseits kann dies zu endlosen Diskussionen führen, bei denen das Team die Führungsfähigkeit vermisst. Deshalb kann der „kooperative Führungsstil“ oft nicht in Reinform angewendet werden.

Weitere Führungsstile tragen folgende Kennzeichen:

1. autoritär: Der Vorgesetzte entscheidet, ordnet an, setzt notfalls Zwangsmittel ein.

2. teamorientiert: Der Vorgesetzte sorgt für ein funktionierendes Team.

3. motivierend: Motivation und Ziele stehen im Mittelpunkt.

4. delegierend: Grundsatz ist die Delegation von Aufgaben und Verantwortung.

5. kooperativ: Arbeitsgruppen arbeiten autonom, der Apotheker koordiniert.

Emotionales Führen

Erfolgreiches Führungsverhalten heißt, sich unter veränderten Bedingungen situations- und personengerecht zu verhalten. Der Führungsstil der Zukunft könnte „Emotionales Führen“ heißen. Der Chef versteht sich eher als „Beziehungsmanager“ und legt neben der zielorientierten Führung verstärkt Wert auf emotionale Kompetenz. Führung wird optimiert durch Gewinnung von Sympathien und Vertrauen. Auch ein Apotheker darf mal einen (kleinen) Fehler machen, denn man mag Menschen, die eigene Fehler zugeben können und dazu stehen.

Ein Führungsstil, der in einer Situation erfolgreich ist, wird unter anderen Bedingungen nicht automatisch zum Erfolg führen. Der Chef muss flexibel reagieren, je nach Situation sich anders verhalten und dabei glaubwürdig bleiben. Mitarbeiter akzeptieren auch einen wechselnden Führungsstil – Hauptsache, sie können sich orientieren.

Führung aus Sicht der Mitarbeiter

Jeder möchte rechtzeitig und umfassend informiert werden, vor allem, wenn es direkt um seine eigene Tätigkeit geht. Deshalb müssen neue Aufgaben und Änderungen in der Organisation rechtzeitig bekannt gegeben werden, einschließlich der Hintergrundinformationen. Informationsdefizite werden immer wieder beklagt, seltener ein Overkill an Informationen.

Wer seine Mitarbeiter respektiert und wertschätzt, entspricht ihren Erwartungen. Dafür gibt es immer Anlässe, zum Beispiel Lob bei besonderem Arbeitseinsatz, Lob für die Erledigung besonders schwieriger Aufgaben. Wer in solchen Fällen keine Anerkennung erfährt, beginnt sich zu fragen, ob sich ein besonderer Einsatz lohnt. Nur wenige werden durch Anerkennung arrogant, vielmehr warten die meisten darauf – und sind frustriert, wenn das fällige Lob ausbleibt.

Bei der Delegation von Aufgaben erwarten Mitarbeiter eine umfassende Einweisung in die Aufgabe und die Einteilung entsprechend ihrer Qualifikation, damit es nicht zur Über- oder Unterforderung kommt. Mitarbeiter verlangen vom Vorgesetzten keine professionelle Führungskultur, kein Delegationsmanagement, aber Rücksichtnahme bei der Einteilung der Arbeiten.

Wer aktiv führt, muss genügend Zeit für sein Team haben und darf nicht ausschließlich im Tagesgeschäft stecken. Denn wer mit Tagesarbeiten voll ausgelastet ist, hat wenig Zeit und überlässt alles seinen Leuten, statt sich als Teamleiter zu betätigen. Mitarbeiterinnen sind immer so gut, wie sie geführt werden. Dabei muss Führung nicht spürbar sein – eine Injektion ist auch am besten, wenn der Patient sie gar nicht spürt.

Leistungen beurteilen

Ihre Mitarbeiter haben Anspruch auf sachgerechte Beurteilung. Sie sollen jedoch auch den Mut haben, Ihre Kritik offen zu sagen. Zur Beurteilung sollen regelmäßig Gespräche stattfinden, die den Mitarbeitern Klarheit darüber verschaffen, wie sie und ihre Leistungen eingeschätzt werden. Das lässt Misstrauen gar nicht erst aufkommen. Die Ergebnisse der Beurteilung sind Gespräche der Anerkennung und Kritik. Kritik soll besonders die Stärken hervorheben und Hinweise geben, wie mögliche Schwächen abgebaut werden können. Wenn Kritik angebracht ist, soll sie sachlich begründet sein und nicht entmutigen: Beurteilen heißt nicht verurteilen. Kritik ist nichts Schlechtes, wenn die Spielregeln beachtet werden.

Ziele gemeinsam festlegen

Engagierte Mitarbeiter wollen an der Gestaltung der Ziele des Unternehmens, also der Apotheke, mitwirken und dafür ihre Kenntnisse und Erfahrungen einbringen. Je mehr der Mitarbeiter die Möglichkeit hat, an der Vorbereitung und Festlegung der Ziele mitzuwirken, umso mehr wird er die Ziele akzeptieren und sich dafür einsetzen, dass sie erreicht werden. 

Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg, Rolf.Leicher@t-online.de

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