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Nur keine Schnellschüsse
Revision des Medizinprodukterechts
Im Rahmen der Überarbeitung sollen neue Verordnungen die bisherigen Richtlinien zu Medizinprodukten ersetzen. Auslöser waren die schwerwiegenden Gesundheitsschäden durch mangelhafte Brustimplantate. Aber auch anderen Problemen mit implantierbaren Hochrisiko-Medizinprodukten, wie bestimmten Hüftendoprothesen und Hirn-Stent-Implantaten soll damit wirksam abgeholfen werden.
Die Verordnungs-Entwürfe waren Ende September 2012 vorgelegt worden. Dass es dadurch nicht einfacher wird, zeigt schon der Umfang der Dokumente: So könnte die Richtlinie über Medizinprodukte in der neuen Verordnung von 65 auf 189 Seiten anwachsen, aus 23 Artikeln werden 97 und aus 12 Anhängen 16. Zudem enthält der Entwurf Ermächtigungen für rund 60 delegierte Rechtsakte und Durchführungsakte.
Für bestimmte Hochrisiko-Produkte soll ein neues Konformitätsbewertungsverfahren „in bestimmten Fällen“ (Scrutiny-Verfahren) eingeführt werden, bei dem nur von der Europäischen Arzneimittelagentur benannte Stellen mit einer speziellen Expertise für diese Produkte über die Anbringung des CE-Kennzeichens befinden sollen. Schon im Europäischen Parlament gab es hierzu einen erheblichen Diskussionsbedarf. Im Oktober 2013 wurden zum Verordnungsentwurf zu Medizinprodukten 260 Änderungsanträge eingebracht, weitere 342 zum Entwurf über In vitro-Diagnostika. Die erste Lesung im Europäischen Parlament konnte formell noch nicht abgeschlossen werden, berichtete Reischl. Auch im Europäischen Ministerrat herrscht Uneinigkeit. Während einige Mitgliedsstaaten aus dem „Scrutiny-Verfahren“ eine parallele europäische Marktzulassung machen wollen, lehnen andere, darunter auch Deutschland, es als ineffizient und zu kostenintensiv ab.
Deutschland, der laut Reischl mit Abstand größte Medizinprodukte-Hersteller in Europa, hat seine Auffassungen zur Revision in einem Positionspapier des BMG von März 2013 zusammengefasst* und steht bis dato zu dessen Inhalten. Die Schwerpunkte für die Zukunft sollten hiernach auf einer wohlüberlegten Analyse der Situation und einer EU-weiten Intensivierung der Überwachung von Hochrisiko-Medizinprodukten sowie besseren Produktanforderungen und qualifizierteren benannten Stellen liegen. Niemand habe bisher dargelegt, welche Verbesserungen sich für die Patienten tatsächlich aus einem solch gravierenden Systemwechsel ergeben, meinte Reischl. Deutschland habe daher vor gesetzgeberischen Schnellschüssen gewarnt und werde nun in Brüssel als „Bremser“ wahrgenommen. Aus seiner Sicht ist derzeit völlig unklar, wie das Verfahren „seriös“ zu Ende gebracht werden soll. Für Reischl geht es um die Glaubwürdigkeit der CE-Kennzeichnung überhaut, deswegen muss für ihn auf jeden Fall Sorgfalt vor Schnelligkeit gehen.
* www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/M/Medizinprodukte/2013_03-28_Positionspapier2_end.pdf
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