Arzneimittel und Therapie

Mancher Schein trügt stärker

Vergleich verschiedener Placebo-Anwendungen bei Migräne

Eine Meta-Analyse geht der Frage nach, ob bei der Migräneprophylaxe unterschiedliche Placebotherapien zu verschiedenen Behandlungserfolgen führen. Dem ist so. Die besten Ergebnisse werden mit vermeintlichen chirurgischen Eingriffen und der Scheinakupunktur erzielt, weniger gut wirksam ist die Einnahme von Placebotabletten.

Mithilfe einer Meta-Analyse untersuchte eine Arbeitsgruppe der Universität München, welche Placebotherapien am besten helfen, einer Migräne vorzubeugen. Insgesamt konnten 79 Studien mit über 9000 Patienten ausgewertet werden, in denen eine Verumtherapie mit einer Placebobehandlung verglichen wurde und in denen die Studienteilnehmer mindestens acht Wochen lang beobachtet wurden. In der Meta-Analyse wurden folgende Untersuchungen ausgewertet:

  • Oral einzunehmende pharmakologisch wirksame Medikamente (einschließlich einiger Studien mit Vitaminen, Homöopathika und pflanzlichen Arzneimitteln) versus oral einzunehmende Placebo
  • Akupunktur versus Scheinakupuntur (Nadeln werden nicht in die klassischen Akupunkturpunkte gestochen)
  • Vorgetäuschte chirurgische Eingriffe

Der primäre Studienendpunkt war der Anteil der Responder, definiert als der Anteil der Patienten, bei dem die Migräneattacken um mindestens 50 Prozent verringert wurden. Waren diese Daten nicht verfügbar, wurde ein Ansprechen der Therapie über eine 50 prozentige Abnahme der Tage mit Migräne oder über eine 50 prozentige Reduktion der Schmerzstärke (ermittelt über einen Score) definiert.

Die Auswertung kam zu folgenden Ergebnissen:

Die Einnahme eines Placebos führte bei 22 Prozent der Betroffenen zu einer Besserung, die Scheinakupunktur bei 38 Prozent und die vorgetäuschte Operation bei 58 Prozent. Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Vergleich einer medikamentösen Maßnahme versus Placebo: Unter der oralen Therapie eines pharmakologisch wirksamen Arzneimittels sprachen 41% der Probanden auf die Therapie an, in der Placebogruppe waren es 22% (n=26 Studien). Betrachtet man die Studien (n=8), in denen die Wirksamkeit von Vitaminen, Homöopathika und pflanzlichen Arzneimitteln bei oraler Anwendung untersucht wurde, so ergab sich für die Placebogruppe ein Ansprechen von 26% versus 33% unter Verum. Die Anwendung einer Injektion (n=6 Studien) führte bei 33% der Verumgruppe und bei 26% der Placebogruppe zu einem Ansprechen.
  • Vergleich von Akupunktur mit Scheinakupunktur (n=12 Studien): Die richtig gesetzten Nadeln führten bei 51% der so behandelten Patienten zu einem Therapieansprechen, bei falsch gesetzten Nadeln (Scheinakupunktur) sprachen 38% der Betroffenen an.
  • Die beste Wirksamkeit zeigte der vermeintliche chirurgische Eingriff, auf den 58% der Betroffenen ansprachen. Allerdings liegen zu dieser Therapieart nur wenige Daten vor, so dass das Ergebnis unter Vorbehalt gewertet werden muss.

Schlussfolgerung

Manuelle Placeboanwendungen wie die Scheinakupunktur (und möglicherweise ein vorgetäuschter chirurgischer Eingriff) führen zu höheren Ansprechraten als die medikamentöse Placebotherapie. Das heißt, nicht nur die Anwendung an sich, sondern auch die Art und Weise der Anwendung beeinflussen den Therapieerfolg. Umfeld und Rituale steuern das Ansprechen einer Behandlung. Je größer und beeindruckender der Aufwand, umso besser der Therapieerfolg. 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

Literatur

Meissner K et al. Differential effectiveness of placebo treatments. A systematic review of migraine prophylaxis. JAMA online vom 14. Oktober 2013. JAMA Intern Med. doi:10.1001/jamainternmed.2013.10391.

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