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Blick zurück und nach vorn
In seinem berufspolitischen Bericht rief Peterseim das Jahr 1983 in Erinnerung: Damals startete die Krankenhausversorgung durch Apotheken in einer neuen Form. Zuvor gab es neben Krankenhausapotheken lediglich sogenannte "Versandapotheken", deren Aufgabe sich darauf beschränkte, verschlossene Kisten der Pharmaindustrie an Kliniken zu verschicken – ohne Vermittlung von pharmazeutischem Know how. Dieser Unterschied sollte ein Ende haben: Apotheken, die Kliniken von außen versorgten, mussten fortan einen Vertrag haben. Der BVKA machte es sich zur Aufgabe, für Weiterbildung zu sorgen, um ein hohes pharmazeutisches Niveau in die Krankenhäuser zu bringen. Auch mit Unterstützung der Krankenhausapotheker wurden Leitlinien entwickelt, man zeigte Präsenz in den Kliniken. Die Akzeptanz des Verbandes wuchs, der BVKA wurde in Arbeitsgruppen der offiziellen Standesorganisationen aufgenommen. Rund 20 Jahre leistete der BVKA unter seinem Vorsitzenden Walter Schneider vor allem Facharbeit. Und die zeigt Früchte: "Teilweise haben wir heute einen besseren Standard als Krankenhausapotheken", so Peterseim. Auch wenn die Beziehung zum Verband der Krankenhausapotheker (ADKA) schwierig ist – Peterseim wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit. Schließlich habe man die gleiche Aufgabenstellung.
Kampf gegen die Fernversorgung
In den vergangenen zehn Jahren galt es dann vor allem, politische Herausforderungen zu meistern. Das Regionalprinzip der krankenhausversorgenden Apotheken stand auf der Kippe. Die EU-Kommission führte ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik, da sie einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit witterte. Doch der Europäische Gerichtshof bestätigte 2008, dass die deutschen Vorschriften EU-konform sind. Dennoch war die Fernversorgung über mehrere Hundert Kilometer noch immer ein Thema, das Gerichte – und den BVKA – beschäftigte. Im August 2012 kam das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Genehmigung eines Versorgungsvertrages nach § 14 Abs. 3 Apothekengesetz (ApoG) eine "angemessene Nähe" zwischen Apotheke und Krankenhaus voraussetzt. Innerhalb einer Stunde müsse die Versorgung sichergestellt werden. "Dafür haben wir zehn Jahre gekämpft", sagte Peterseim, "ich bin glücklich, dass wir dies erreicht haben."
Aktiv war der BVKA auch während der Entstehung der Novelle der Apothekenbetriebsordnung. So habe man verhindern können, dass die Anforderungen an die industrielle Herstellung auf den Apothekenbetrieb unkritisch übertragen wurden. Allerdings sei es nicht zu akzeptieren, wenn dies nun die Landesbehörden durch ihre gemeinsame Auslegung der Apothekenbetriebsordnung wieder ins Gegenteil verkehrten – etwa durch überzogene Forderungen zur Parenteralia-Herstellung. Peterseim sähe es lieber, wenn sich die Überwachungsbehörden auf anderes konzentrierten, zum Beispiel darauf, dass das Verbot der Trennung von Versorgung und Logistik nicht durch die Hintertür wieder beseitigt wird. Er verwies auf das zweifelhafte Vorgehen einer Hamburger Apotheke, die eigenen Angaben zufolge mehr als 100 Kliniken im norddeutschen Raum versorgt.
VorstandswahlBei der BVKA-Vorstandswahl wurde Klaus Peterseim als Vorsitzender bestätigt. Ebenso wurden die stellvertretenden Vorsitzenden Karl-Heinrich Reimert und Detlef Steinweg, Schatzmeister Michael Marxen und Schriftführer Christian Suter in ihren Vorstandsämtern einstimmig wiedergewählt. |
Heimversorgung – ein wachsender Markt
An Bedeutung zunehmen wird aus Sicht des BVKA künftig insbesondere die Versorgung von Heimen und ambulanten Pflegediensten. Die neue Apothekenbetriebsordnung habe mit der ausdrücklichen Aufnahme des Medikationsmanagements einen Aufgabenbereich in den Fokus gerückt, der in der Heimversorgung schon lange eine große Rolle spiele. Die Versorgung multimorbider Patienten sei tägliche Aufgabe der heimversorgenden Apotheken. Auf Wunsch übernehmen sie auch das patientenindividuelle Verblistern der Medikation – und hier sieht der BVKA eine besonders wichtige Aufgabe vor sich: die Honorierung des Medikationsmanagements und der Verblisterung. Politik und ABDA geben sich in dieser Frage extrem zurückhaltend. Und so überlegt der BVKA derzeit, selbst in Vertragsverhandlungen einzusteigen. Noch befinde man sich im Ideenstadium – aber Peterseim könnte sich durchaus vorstellen, etwa mit ambulanten Pflegediensten zu verhandeln. Dies sei ein überschaubarer Bereich, in dem auch Geld vorhanden sei. Der Pflegedienst bekomme schließlich – anders als die Apotheke – Geld für das Stellen der Arzneimittel. Diese Tätigkeit könne er an einen Dienstleister auslagern. Solche vertraglichen Vereinbarungen, so Peterseim, sollen sich jedoch nicht gegen den DAV richten, sondern dessen Vertragspolitik ergänzen.
Weiterer Handlungsbedarf
Die Honorierung des blistergestützten Medikationsmanagements sieht auch Prof. Dr. Hilko Meyer, juristischer Berater des BVKA, als zentrales Thema für die Zukunft. Auch jetzt noch, da das Stellen und Verblistern in der Apothekenbetriebsordnung ausdrücklich als apothekerliche Tätigkeit anerkannt ist, herrsche hier eine Blockade. Zwar hätten Kassen und DAV im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung eine Ermächtigungsgrundlage, sich auf Blisterpreise zu einigen – sie nutzten diese jedoch nicht. Schon in der Vergangenheit hatte der BVKA Vorschläge von Meyer erarbeiten lassen, wie diese Leistung in der Arzneimittelpreisverordnung verankert werden könnte. Grundsätzlich sollten Kassen (-verbände), Sozialleistungsträger und die Apothekerverbände auf Bundes- und Landesebene Vereinbarung treffen – für den Fall, dass diese nicht existieren, müsste die Arzneimittelpreisverordnung als Auffangregelung gelten. Den Einstieg des BVKA in eine eigene Vertragspolitik sieht Meyer als weitere Option. Überdies macht der Jurist weiteren politischen Handlungsbedarf aus: bei der gesetzlichen Regelung zur Zytostatikaversorgung von Krankenhäusern und bei der Entlassmedikation. Zudem sei es längst überfällig, ambulante Pflegedienste in den die Heimversorgung regelnden § 12a ApoG einzubeziehen. Obwohl hier eine vergleichbare Situation wie im Heim bestehe, finde die Versorgung zurzeit außerhalb des Arzneimittel- und Apothekenrechts statt.
Die Sicht der Krankenhaus- und Heimträger
Prof. Dr. Johannes Güsgen, Geschäftsführer der Dernbacher Gruppe Katharina Kaspar Maria-Hilf NRW gGmbH, schilderte die Erwartungen an klinik- und heimversorgende Apotheken aus Sicht der Träger. Sein Credo: Nur ein enges und partnerschaftliches Zusammenwirken aller Beteiligten dient dem Patienten. Die Apotheken müssten sich mit dem Krankenhaus identifizieren, "seine Patienten sind auch ihre", so Güsgen. Krankenhäuser, ihre Ärzte und Pflegekräfte erwarteten in erster Linie schnelle Hilfe und persönliche Beratung. Die Apotheke solle alle erforderlichen Informationen rund um das Arzneimittel zur Verfügung stellen, die Medikation beobachten und wo nötig anpassen. Güsgen verwies darauf, dass viele Patienten in der Klinik mit Arzneimittelkomplikationen zu kämpfen haben. Hier gelte es Fehler zu vermeiden, etwa mit einer guten IT-Lösung. Er betonte aber auch, dass 50 Prozent aller Krankenhäuser 2012 rote Zahlen schrieben – sie seien darauf angewiesen, Wirtschaftlichkeitspotenziale zu heben. Und die gebe es auch in der Arzneimittelversorgung. Nicht zuletzt machte Güsgen auch deutlich, dass eine tägliche Präsenz von Apothekern im Krankenhaus, etwa bei der Visite, nicht notwendig sei – dies ginge schon finanziell nicht. Was den Heimbereich betrifft, so betonte Güsgen, dass sich hier die Versorgung durch die Apotheken infolge der seit einigen Jahren bestehenden Verträge erheblich verbessert habe. Früher seien Apotheken eher "Kaufläden" für Heime gewesen – besondere Leistungen gab es nicht. Heute erkannten immer mehr Heime, dass Apotheker teilweise besser erreichbar sind als gehetzte Ärzte. Die von heimversorgenden Apotheken angebotene Verblisterung hält Güsgen hingegen nicht für wesentlich. Es sprächen Gründe dafür und dagegen. Viel wesentlicher als die Frage, ob das Pflegepersonal die Medikamente stelle oder die Apotheke, sei die Interaktion zwischen Arzt, Apotheke und Heim.
EntschließungsantragDer BVKA hat auf seiner Jahresversammlung folgenden Entschließungsantrag gefasst: "Heimversorgende Apotheken werden immer häufiger von Heimträgern aufgefordert, das Stellen/Verblistern für die Pflege zu übernehmen. Vielfach wird diese Aufforderung mit der klaren Erwartungshaltung verknüpft, dass diese Dienstleistung kostenlos erbracht werden soll. Die versorgende Apotheke steht damit vor der Entscheidung, die Heimversorgung komplett zu verlieren oder aber unrecht zu handeln und ihre Erträge deutlichst zu reduzieren. Die Mitglieder des BVKA fordern daher den Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden auf, dafür zu sorgen, dass ein kostenloses Verblistern nicht stattfinden kann. Versorgungsverträge, die die Aufgabe des Stellens/Verblisterns enthalten, dürfen nur genehmigt werden, wenn auch ein Honorar für diese Dienstleistung vereinbart ist und auch tatsächlich Zahlungen stattfinden. Des Weiteren hat der Gesetzgeber für klare Regelungen der Honorierung für das blistergestützte Medikationsmanagement in der Arzneimittelpreisverordnung zu sorgen." |
Ganz einfach dürfte der Weg des BVKA zu einer Honorierung der Verblisterung auch künftig nicht sein. Und dem Vorstand ist klar: Um für die selbst gestellten Aufgaben gerüstet zu sein, bedarf es einer starken Basis. Der BVKA will nun noch stärker als bisher in die Öffentlichkeit gehen und neue Mitglieder gewinnen. Peterseim erwartet, dass anders als bisher künftig die heimversorgenden Apotheker im Verband die Überzahl haben werden.
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