Darmkrebsmonat

Effektive Darmreinigung und Medikamenten-Check sind unabdingbar

Von Beate Fessler | Die Vorsorgekoloskopie ist die beste Strategie, um Darmkrebs und seine Vorstufen so früh wie möglich zu erkennen und adäquat zu behandeln. Voraussetzung ist, dass der Endoskopiker im Darm freie Sicht hat und pathologische Schleimhautveränderungen gut erkennen kann. Dies erfordert eine effektive Darmreinigung. Ebenfalls wichtig vor dem Eingriff: ein Medikamenten-Check. Denn manche Arzneimittel müssen im Vorfeld abgesetzt werden, andere verlieren an Wirksamkeit.

Darmkrebsmonat März

Risikofaktor Übergewicht


Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 26.000 Menschen an Tumoren des Dickdarms. Darmkrebs belegt damit den zweiten Platz der tödlichen Krebsarten. Dabei gilt die Krankheit in vielen Fällen als vermeidbar: Durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen ließe sich der Krebs häufig im Frühstadium erkennen und behandeln. Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS) weist anlässlich des Darmkrebsmonats März darauf hin, dass Übergewicht als ein wichtiger vermeidbarer Risikofaktor gilt. Wie eine aktuelle Metaanalyse zeigt, erhöht starkes Übergewicht das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken etwa um ein Drittel. Wissenschaftler aus Shanghai werteten aus 54 Studien mit rund neun Millionen Teilnehmern den Einfluss des Körpergewichts auf das Darmkrebsrisiko aus. Danach haben Übergewichtige im Vergleich zu Personen mit Normalgewicht ein um rund ein Drittel erhöhtes Darmkrebsrisiko. Auf welchen Stoffwechselwegen Übergewicht und Darmkrebs miteinander in Verbindung stehen, ist bislang noch nicht geklärt. Vermutlich spielen dabei Störungen des Insulin-Haushalts eine Rolle. Auch Sexual-, Fettgewebshormone und Entzündungsvorgänge stehen im Verdacht. Übergewicht ist ein wichtiger Ansatzpunkt bei der Vorbeugung von Darmkrebs, denn es zählt – im Gegensatz zu einer familiären Veranlagung – zu den beeinflussbaren Risikofaktoren!

[Quelle: Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V.]


Ein sauber gespülter Darm ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Darmspiegelung.
Foto: Felix Burda Stiftung

Die effektive Darmreinigung gilt als "conditio sine qua non" für eine aussagefähige Koloskopie. Denn die kolorektale endoskopische Diagnostik kann immer nur so gut sein wie die vorausgegangene Darmspülung. Die Detektionsrate von Adenomen und Kolonkarzinomen hängt ganz entscheidend von der Qualität der Darmvorbereitung ab. Ziel ist wenig Restflüssigkeit und keine Reststuhlmengen. Wer hier schlampt, geht das Risiko ein, dass die Untersuchung länger dauert oder gar abgebrochen und zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden muss. Zudem steigt die Gefahr von Fehldiagnosen. Um mit den zur Verfügung stehenden Methoden einen sauberen Darm zu erreichen, ist die Compliance des Patienten unabdingbar. Er kann damit entscheidend zur Aussagefähigkeit der Koloskopie beitragen.

Keine Kost mit Körnern

Nahrungskarenz ist als Vorbereitung für eine Koloskopie keinesfalls ausreichend. Empfohlen wird allerdings eine drei- bis viertägige körnerfreie Ernährung vor dem Eingriff. Denn Körner, Kerne und Schalen können an der Darmwand haften und das Endoskop verstopfen. Konkret bedeutet das einen vorübergehenden Verzicht beispielsweise auf Vollkornbrot, Müsli, Trauben, Nüsse oder Kiwi. Um einen möglichst sauberen Darm zu erreichen, in dem der Blick auf pathologische Veränderungen nicht verstellt ist, stehen verschiedene Lavage-Lösungen zur Verfügung. In den letzten Jahren wurden entscheidende Fortschritte erzielt, die dem Patienten die Behandlung erleichtern. Der Geschmack der Lösungen konnte deutlich verbessert und die notwendige Trinkmenge insgesamt reduziert werden.


Ein Koloskop ist nicht größer als ein Cent-Stück und hat eine Länge von etwa anderthalb Metern.
Foto: Hannes Magerstaedt/Felix Burda Stiftung

PEG- oder Natriumphosphat-basierte Lösungen

Bei den Lavagepräparationen werden im Wesentlichen zwei Hauptgruppen unterschieden: PEG-basierte und Natrium-Phosphat-basierte Lösungen. Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Einzelsubstanzen und Kombinationsregimes. Entscheidender Unterschied zwischen PEG-basierten und Natrium-Phosphat-basierten Lösungen ist die Trinkmenge. Die notwendige Trinkmenge der Standard-PEG-Lösung liegt bei vier Litern. Schon drei Liter PEG-Lösung sind signifikant weniger wirksam. Für den Patienten deutlich verbessern ließ sich das Regime durch die Kombination der PEG-basierten Lösung mit Vitamin C, für das ein abführender Effekt berichtet wurde. Studien zeigen, dass die Darmreinigung mit zwei Litern PEG plus Vitamin C ebenso gut ist wie die Darmreinigung der Standardvorbereitung mit vier Litern PEG-Lösung. Die Menge von zwei Litern muss der Patient zudem nicht auf einmal bewältigen. Möglich ist ein Splitting der Dosis: Der Patient trinkt die erste Hälfte der Lösung am Abend vor dem Eingriff, die zweite Hälfte am nächsten Morgen.

Deutlich geringer ist die Standardmenge für die hyperosmolare Natriumphosphatlösung mit zweimal 45 ml im Abstand von zwölf Stunden, und zwar am Morgen und am Abend des Vortags. Damit es durch den Flüssigkeitsverlust nicht zu einer Dehydratation kommt, muss zusätzlich reichlich getrunken werden. Möglich sind beispielsweise Wasser, klare Säfte oder Brühe.

Heterogene Studienlage

Unter kritischer Betrachtung der sehr heterogenen Studienlage kann laut Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) auch unter Berücksichtigung des Nebenwirkungsspektrums generell die Vorbereitung mit PEG-basierten-Lösungen empfohlen werden, entweder als 4-Liter-Standardlösung oder als 2-Liter-PEG-Lösung in Kombination mit Vitamin C. Mit der 2-Liter-PEG-Lösung in Kombination mit Vitamin C wurde in Studien eine ähnlich gute Compliance erreicht wie mit Natrium-Phosphat-Lösungen. Die Akzeptanz der 4-Liter-PEG-Lösung ist dagegen deutlich schlechter. PEG-Lösungen gibt es inzwischen in verschiedenen Geschmacksrichtungen, die den etwas seifigen Geschmack überspielen und die Einnahme erleichtern. Ebenfalls zur Verfügung steht ein Kombinationspräparat mit Natriumpicosulfat und Magnesiumcitrat, von dem zwei Mal 150 ml getrunken werden müssen, ergänzt durch reichliche zusätzliche Flüssigkeitszufuhr. Welche Lösung letztlich eingesetzt wird, muss der Arzt im Vorgespräch mit dem Patienten klären.

Bei Risikopatienten individuell vorgehen

Insbesondere bei Risikopatienten, wie älteren, multimorbiden Menschen, Schwangeren, Kindern oder Patienten mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung ist ein individuelles Vorgehen notwendig, möglicherweise auch eine stationäre Vorbereitung. Gerade bei diesen Risikogruppen sind PEG-basierte Lösungen nach Einschätzung der DGVS Natriumphosphat-Lösungen vorzuziehen. Insbesondere bei älteren Patienten, multimorbiden Patienten, Patienten mit Niereninsuffizienz und Schwangeren wird von einer Vorbereitung mit Natriumphosphatlösung aufgrund des Nebenwirkungsspektrums abgeraten.

Zu Hause bleiben

Häufig erhalten die Patienten vom Gastroenterologen einen genauen Plan für die Darmvorbereitung, der auch vom Zeitpunkt der Koloskopie abhängt. In der Regel kann der Patient am Vortag noch ein normales Frühstück zu sich nehmen. Zu Mittag wird häufig klare Brühe empfohlen. Spätestens mit dem ersten Schluck der Spüllösung darf der Patient keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen. Getränke sind dagegen erlaubt, abgesehen von Milch und naturtrüben Säften sowie alkoholischen Getränken. Aufgrund der abführenden Wirkung ist es zudem empfehlenswert, nach der Einnahme der Abführlösung zu Hause zu bleiben und keine wichtigen Termine zu vereinbaren.

Medikamenten-Check nicht vergessen!

Durch die Vorbereitung auf die Darmspiegelung kann die Resorption von Medikamenten deutlich verändert sein. Kritisch ist dies beispielsweise bei Antiepileptika oder auch oralen Antidiabetika. Bei Diabetikern, auch wenn sie Insulin spritzen, kommt hinzu, dass die fehlende Nahrungsaufnahme den Stoffwechsel völlig durcheinanderbringt. Frauen, die mit einem oralen Kontrazeptivum verhüten, müssen wissen, dass dessen Wirkung eingeschränkt ist und sollten bis zum Ende des Zyklus zusätzliche Verhütungsmethoden, etwa Kondome, verwenden. Die Evidenz für einen Zusammenhang von Bakteriämien infolge von Eingriffen am Gastrointestinaltrakt und dem Auftreten infektiöser Endokarditiden beruht lediglich auf einzelnen Fallberichten. Aus diesem Grund wird eine generelle Endokarditisprophylaxe im Rahmen von Eingriffen am Gastrointestinaltrakt nicht mehr empfohlen.

Koloskopie unter Sedierung

Propofol oder Midazolam?


Eine Koloskopie erfordert keine Sedierung. Der Patient kann über einen Monitor die Untersuchung mit verfolgen und einen genauen Blick in seinen Darm werfen. Manche mögen das spannend finden. Andere wollen den Eingriff am liebsten verschlafen. Für sie besteht die Möglichkeit der Sedierung. Dafür stehen bevorzugt zwei Medikamente zur Verfügung: Propofol und das Benzodiazepin Midazolam:

  • Propofol ist ein kurz und rasch wirksames Injektionsnarkotikum. Bereits 10 bis 20 Sekunden nach der Injektion tritt die Wirkung ein und dauert bei einmaliger Applikation lediglich acht bis neun Minuten an. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt zwischen einer und drei Stunden. Der Patient wacht schon kurz nach der Untersuchung wieder auf. Im Fall unerwarteter Nebenwirkungen steht kein Gegenmittel zur Verfügung.

  • Midazolam wirkt angstmindernd und entkrampfend. Der Patient kann sich nach der Untersuchung nicht mehr an den Eingriff erinnern. Flumazenil kann als Gegenmittel eingesetzt werden. Im Gegensatz zu Propofol ist nach dem Eingriff eine längere Überwachungsphase notwendig. Midazolam wird gegenüber Diazepam bevorzugt, da seine Wirkung schneller nachlässt.


Sehr selten: allergische Reaktionen auf Propofol

Mögliche Nebenwirkungen sind Entzündungen an der Injektionsstelle. Sehr selten treten unter Propofol allergische Reaktionen auf, etwa auf die enthaltenen Sojaöl- bzw. Eiweißbestandteile. Der Patient sollte deshalb über bestehende Allergien informieren, idealerweise anhand seinen Allergiepasses. Bei maximal jedem zehntausendsten Patienten kann es durch die Sedierung zur Beeinträchtigung lebenserhaltender Reflexe kommen und es können entsprechende Gegenmaßnahmen, etwa eine assistierte Beatmung, notwendig sein. Nach Bewertung der DGVS sollte mit Blick auf das Wirkprofil und die Untersucherzufriedenheit Propofol der Vorzug gegeben werden.


Abholen lassen

Nach dem Eingriff wird der Patient in einem separaten Aufwachbereich zunächst weiter überwacht. Da er nach der Sedierung weder Auto noch Fahrrad fahren kann, sollte er von einer Begleitperson abgeholt werden. Üblicherweise erhält er eine Notfallnummer für den Fall, dass Komplikationen wie etwa Blutungen auftreten. Auch wenn alles unproblematisch läuft, sollte der Patient nach dem Eingriff für 24 Stunden nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, keine schweren Maschinen bedienen und keinen Alkohol trinken.


[Quelle: Sektion Endoskopie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)]
Darmspiegelung Das Koloskop besteht aus einem optischen System mit einer Lichtquelle, welches über ein Glasfaserbündel Licht von außen ins Darminnere leitet. Eine spezielle Minikamera an der Spitze filmt die Darmschleimhaut im Inneren des Darms. Die Bilder werden nach außen geleitet und können vom Arzt auf einem Farbmonitor betrachtet werden. Durch spezielle Arbeitskanäle im Endoskop können kleine Instrumente in den Darm vorgeschoben werden, mit denen Gewebeproben entnommen oder Darmpolypen entfernt werden können.
Foto: Hannes Magerstaedt/Felix Burda Stiftung

Gefahr Gerinnungshemmer

Gefährlich kann die Einnahme von Gerinnungshemmern werden, da sie bei der Koloskopie das Risiko von Blutungen erhöhen. Vor allem, wenn Polypen entfernt werden müssen, bereiten orale Antikoagulanzien Probleme. Ist eine Polypektomie geplant, muss in der Regel mit dem Gerinnungshemmer pausiert werden, empfiehlt Prof. Dr. Wolfgang Fischbach, Aschaffenburg. Bei hohem Thromboserisiko kann Heparin die Phenprocoumon-Pause überbrücken, da sich dessen gerinnungshemmende Wirkung leichter steuern lässt. Bei einer akuten Magen-Darm-Blutung muss auch Heparin sofort abgesetzt werden. Als "vermutlich sicherer" gelten die neu eingeführten Gerinnungshemmer Apixaban, Dabigatran und Rivaroxaban. Die Erfahrungen sind allerdings noch gering, sodass auch diese Mittel bei einem erhöhten Blutungsrisiko während der Endoskopie abgesetzt werden sollten. Anders wird das Risiko unter einem Thrombozytenaggregationshemmer eingestuft. So ist bei einer Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel eine Koloskopie auch mit Biopsie oder Polypektomie erlaubt, wenn keine Gerinnungsstörung vorliegt. Wenn möglich sollte das Medikament jedoch sieben Tage vor dem Eingriff abgesetzt werden. Das gilt vor allem bei riskanten Eingriffen, etwa wenn große Polypen abgetragen werden sollen. Generell gilt: Patienten, die regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten deshalb rechtzeitig vor der Vorsorgekoloskopie auf ihren behandelnden Haus- oder Facharzt zugehen und mit ihm die Strategie der Medikamenteneinnahme während dieser Phase besprechen. Keinesfalls darf der Patient eigenständig Medikamente weglassen. Eigenmächtiges Handeln kann tödliche Folgen haben.


Quelle

Positionspapier der Sektion Endoskopie der DGVS zur Darmreinigung vor Koloskopie. Z Gastroenterol 2007; 45: 1191 – 1198

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V., www.dgvs.de

www.dgvs.de/media/1.3.Blutungsrisiko.pdf

Ärztezeitung 19.3.2010

W. Fischbach; Gastroenterologie. up2date 2012; 08(04): 313 – 332


Apothekerin Dr. Beate Fessler



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DAZ 2013, Nr. 12, S. 82

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