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Gesundheitspolitik
Die FDP, der Stelleninhaber
Die FDP vor und nach der Wahl 2009 und vor der Wahl 2013 sind zwei unterschiedliche Parteien, nicht, was die Inhalte anbetrifft, aber hinsichtlich des öffentlichen Auftritts. Waren die Liberalen im Jahr 2009 noch in der Opposition und konnten im Wahlkampf dementsprechend laut trommeln, sind sie vier Jahre später deutlich dezenter. Das mag auch daran liegen, dass der Absturz ins nahezu Bodenlose in den letzten Jahren unvergleichbar ist. Aber Totgesagte leben länger und so konnte in den letzten 18 Monaten einiges an Boden aufgeholt werden, was zuvor verloren wurde. Für Apotheken und andere freie Berufe war die FDP von jeher eine interessante Alternative. Freie Berufe – wie der Name schon sagt – stehen den Liberalen per se nahe, von daher durfte und darf man hier etliches erwarten.
Das Wahlprogramm 2013 der FDP umfasst knapp 100 Seiten, darunter dreieinhalb Seiten Gesundheitspolitik. Betitelt ist der Bereich Gesundheit im Programm mit: "Chancen nutzen – gemeinsam gesund leben." Zuvorderst verkündet die FDP, was in der letzten Legislaturperiode alles im Bereich der Gesundheitspolitik erreicht werden konnte. Daneben stellen sie ihre Leitplanken der Gesundheitspolitik vor:
"Wir stehen für ein freiheitliches Gesundheitssystem, das Solidarität und Eigenverantwortung verbindet. Wir sind gegen eine zentralistisch gelenkte Staatsmedizin, die nur zu Bevormundung, Mangelverwaltung und Wartelisten führt und den Patienten zum Bittsteller macht. Vielmehr muss das Wohl der Patienten im Mittelpunkt der medizinischen Versorgung stehen. Wahlfreiheit für Bürger bleibt die Maxime liberaler Gesundheitspolitik."
Mit diesem klaren Bekenntnis zu mehr Markt steht die FDP zwar nicht gänzlich alleine dar, aber in dieser Form ist die Marktorientierung sicherlich am stärksten zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus sieht die FDP eine moderne Gesundheitsversorgung nicht als Aneinanderreihung von Einzelkämpfern, sondern als eine Zusammenarbeit in Form von Kooperation und Aufgabenverteilung zwischen den Leistungserbringern. Ihr schwebt auch die Attraktivierung von ärztlichen und nicht-ärztlichen Berufen vor. Deshalb sagt die FDP klar: "Wir werden an der Freiberuflichkeit der Heilberufe festhalten."
Bemerkenswerterweise erwähnt auch die FDP die Apotheker: "Wir wollen den Erhalt eines wohnortnahen Apothekennetzes sichern. Für eine qualifizierte Arzneimittelberatung brauchen die Apotheken weiterhin eine leistungsgerechte Vergütung, attraktive Arbeitsbedingungen und einen weiteren Abbau bürokratischer Regulierungen."
Dies ist ein klares Statement pro Apotheke, aber Stopp! Zunächst liest sich dies gut, aber eine weiterhin leistungsgerechte Vergütung impliziert, dass dies gegenwärtig gegeben ist, worüber man sich trefflich streiten kann, der weitere Abbau von bürokratischen Regulierungen signalisiert, dass die FDP annimmt, es wurde bereits entbürokratisiert, was man auch anders sehen kann und die attraktiven Arbeitsbedingungen hängen eng mit der Motivation im Beruf ab, die in den letzten vier Jahren nicht zuletzt durch die Politik oder durch die von der Politik eingesetzten Krankenkassen an der einen oder anderen Stelle empfindlich gelitten hatte.
Trotzdem: die FDP geriert sich als Freund der Apotheken, was man ihr bis zu einem gewissen Grad auch abnehmen darf, aber eben nur bis zu einem gewissen Grad. Denn vor der Wahl 2009 und nach der Wahl 2009 waren zwei Paar Stiefel. Natürlich kann man auf den Unterschied zwischen Wahlprogramm und Koalitionsvertrag verweisen, aber mit Verlaub, unter Wahlprogramm-Gesichtspunkten wurde 2009 die apothekerliche Wunschkoalition gewählt, was danach kam, war nicht nur Freude. Jetzt mag man anmerken, es hätte schlimmer kommen können, aber schlimmer geht immer. Zwei liberale Gesundheitsminister waren uns beschert, erst kurz Philipp Rösler, danach Daniel Bahr. Sollte die FDP in die Regierung kommen, dann wohl nur in einer schwarz-gelben Koalition. Dort werden die Liberalen auf jeden Fall weniger Ministerien erhalten wie noch 2009, ein ähnlicher Stimmengewinn wie 2009 wäre eine Sensation. Ob dann das Ressort Gesundheit ein FDP-Ressort bleibt, ist eher fraglich, andere Fortsetzungen drängen sich stärker auf. Andererseits spricht vieles für den jungen Minister Bahr, der sich in einem nicht einfachen, wenig glamourösen Ressort wacker geschlagen hatte. Die FDP im Boot der Regierung wäre aber nach wie vor eher gut denn schlecht, insbesondere, wenn man liest, was die anderen so schreiben.
Andreas Kaapke
Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de
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