Gesundheitspolitik

Unsichtbare Gräben

Eine leichte Geburt ist es nicht, das ABDA-KBV-Modell, auf dem derzeit alle Hoffnungen der ABDA für ein zukünftiges Betätigungsfeld der Apotheker liegen: die patientenorientierte Versorgung der Patienten, ein Medikationsmanagement für chronisch Kranke mit Polymedikation. Zwar konnte die Politik davon überzeugt werden, dass das eine feine Sache werden könnte: Die Möglichkeit, ein Modellvorhaben durchzuführen, fand Eingang ins Versorgungsstrukturgesetz. Aber nun klemmt es bei der Suche nach den Partnern, insbesondere bei den Ärzten, die das Modell mit den Apothekern erproben wollen. Westfalen-Lippe war ausgeguckt, aber hier sind die Ärzte abgesprungen. Sie wollen stattdessen im Alleingang eine eigene Art von Medikationsmanagement probieren. Der Arzt soll dabei im Mittelpunkt stehen und zentrale Figur der Pharmakotherapie sein.

Dann war Schleswig-Holstein kurze Zeit im Rennen. Doch auch hier kniffen die Ärzte. Ein Stimmungsbild unter den Medizinern, sich an einem Pilotprojekt mit den Apothekern zu beteiligen, zeigte eine eher ablehnende Haltung. Die Wirkstoffverordnung und damit verbundene Haftungsfragen sollen dabei eine Rolle gespielt haben.

Jetzt bleiben nur noch die Bundesländer Thüringen und Sachsen, in denen es so eine Art positive Grundhaltung der Ärzte zum Modellversuch zu geben scheint.

Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, Krankenkassen des jeweiligen Bundeslandes mit ins Boot zu holen. Hier soll es allerdings weniger Probleme geben.

Warum knirscht es da zwischen Ärzten und Apothekern? Warum gibt es so viele Vorbehalte, an einem Modellversuch mitzuarbeiten? Auf einen einfachen Nenner gebracht sind es wohl Kompetenz- und Honorargerangel. Ärzte wollen die Wirkstoffauswahl nicht in Apothekers Hände geben. Und überhaupt die Honorarfrage: Wie werden mögliche Einsparungen, die das Modell erwirtschaften soll, zwischen Krankenkasse, Arzt und Apotheker aufgeteilt? Das Konzept steht und fällt mit einer fairen Vergütung – davon sind auch die Politiker überzeugt. Doch das wird nicht einfach sein, bei Geld hört die Freundschaft auf.

Abgesehen davon erinnern die Vorbehalte der Ärzteseite gegen eine Zusammenarbeit mit Apothekern an alte Grabenkämpfe zwischen beiden Berufsgruppen, die nicht mehr zeitgemäß sind. Warum können die beiden nicht miteinander? Vielleicht könnten in Zukunft einige gemeinsame Semester im Studium Annäherung bringen.


Peter Ditzel



AZ 2012, Nr. 8, S. 1

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